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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 7
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Fechheimer, Hedwig: Eine ägyptische Königsbüste aus dem zweiten Jahrtausend
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0383

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iMENOI'HIS IV. MUSEUM IN KAIRO

revolution nach dem Tode Amenophis1 der Vernichtung
entgingen, bestätigen den umfassenden Einfluß des
Königs auf die geistige Haltung seiner Zeit: Die Re-
gierung Amenophis IV. ist zugleich eine besondere Stil-
epoche der ägyptischen Kunst, die weiter wirkte, nach-
dem der orthodoxe Klerus die neue Lehre längst aus-
gerottet, die Stadt des Sonnenkönigs zerstört und Amon
wiedereingesetzt hatte: „Weh dem, der dich antastet!
Deine Stadt besteht, aber der dich antastete, ist gefällt.
Pfui über den, der gegen dich frevelt in irgendeinem
Lande. Die Sonne dessen, der dich nicht kannte, ist
untergegangen, aber wer dich kennt, der leuchtet. Das
Heiligtum dessen, der dich antastete, liegt im Dunkel,
und die ganze Erde ist im Lichte".

Die Ruinen von Tell-Amarna, zumal die Gräber der
Fürsten und Würdenträger haben uns vortreffliche Bei-
spiele der Flächendarstellung aufbewahrt: Malereien,
Flachreliefs und die komplizierten versenkten Reliefs
(en creux), eine alte ägyptische Kunstübung, deren
stilistische Bedeutung erst damals begriffen wurde.
Rundskulpturen aus der Zeit sind selten. Der Berliner
Kopf— etwa u cm hoch und ein Bildhauermodell wie
die früher gefundene Büste im Louvre — ist eins der

besten erhaltenen Stücke. Er war wie die meisten
ägyptischen Skulpturen bemalt; auf den Lippen und
Brauen ist die Farbe erhalten, am Hals sind Farbspuren.
Der Kopf zeigt wohl noch die geschlossene Form und
einfache Aufteilung der älteren ägyptischen Plastiken,
doch unterscheidet ihn von diesen die der früheren
Rundskulptur fremde differenziertere Modellierung.
Die Brauen, Augenlider, Lippen sind flächig und kantig
gearbeitet wie im strengen ägyptischen Stil, Kinn und
Wangen dagegen immer wieder übergangen, dass die
Rundungen ineinander fliessen und die Schatten unbe-
stimmt werden. Die Haut erscheint in dem zerstreuten
Licht wie lebend, unter den Augen fast durchsichtig
zart, während auf Lidern und Lippen das Licht sich zu
breiten, von Schattenlinien unterstrichenen Bändern
sammelt. Die ausgleichendeModellierung in denHaupt-
formen, die den Reiz des Lichts auf der Haut wieder-
giebt, gehört zum Wesentlichen dieses Stils. Der ab-
gebildete Frauenakt, leider ein Torso, kann eine Vor-
stellung von der Behandlung des Nackten in diesem
Kunstkreis geben.

Der Meister, der so sensibel in der Auswahl seiner
plastischen Mittel war, als es galt, die künstlerische und
seelische Sensibilität der königlichen Person im Bild zu
erfassen, hat seine Vorläufer unter den ägyptischen
Reliefbildnern. Fr hat die Stilmomente des raffinier-
testen Flachreliefs aufgegriffen, das wir kennen. Der

'■'teKron

FRAUENAKT, STEIN
UNIVEKSITY COLLEGE, LONDON

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