abzusprechen. - Ich kenne
kaum ein anderes Re-
naissanceportät, das so sehr
der Vorstellung entspricht,
die wir uns von der Kunst
des venetianischen Meisters
machen, von dem nur so
wenig beglaubigte Werke
vorhanden sind.
Vasari erwähnt als be-
sonderes Merkmal des
Borgherini - Porträts die
„bella tinta di ombra". In
der Tat sind die Augen
und die linke Wange der
Hauptfigur in tiefe klare
Schatten getaucht, so wie
es selten auf den Bildern
der Zeit der Fall ist. Auf
den Bildnissen des Tizian
sind die Köpfe wohl stets
in gleichmäßig hellem Licht
modelliert.
Ich möchte noch hin-
weisen auf das für Gior-
gione besonders charakte-
ristische Motiv der Brüs-
tung, welche den Ober-
körper des Jünglings unten
abschneidet, die sich wohl
als Kompositionsrequisit er-
klärt, aber als Möbelstück
wenig verständlich ist. Eine
sonderbar abgetreppte Brüstung sehen wir ebenfalls
auf dem Bilde eines jungen Mannes im Kaiser-
Friedrich-Museum und auf einem Stich von Wenzel
Hollar nach einem Selbstbildnis des Giorgione.
Wenn es auch mißlich ist, lediglich nach einer
Reproduktion eine Hypothese aufzustellen, so
scheinen mir die Gründe, die ich vorbringe, ge-
wichtig genug zu sein, um sie der Öffentlichkeit
zugleich mit der Wiedergabe des schönen Bildes
zu unterbreiten. Es ließe sich nur einwenden,
daß das Original möglicherweise nicht die Qua-
litäten eines eigenhändigen Werkes des Giorgione
zeige.
GIORGIONE, BILDNIS DES GIOVANNI BORGHERINI. rom, palazzo corsini
Da aber Herr Ravaglia selbst die Ausführung
in Superlativen der Bewunderung preist und er-
klärt, daß die edle Schönheit des Bildes, seine
koloristische Kraft, die freie Pinselführung und
der sichere Farbenauftrag ebenso wie die Durch-
geistigung der Figuren auf der Höhe der besten
Werke des Giorgione ständen, so fällt auch dieses
Bedenken fort. Man muß der römischen Staats-
galerie Glück wünschen zur Erwerbung des köst-
lichen Bildes, das sie wohl ohne Scheu nicht dem
Schüler und Nachahmer, sondern dem Begründer
der venetianischen Malerei des Cinquecento über-
antworten darf.
L>4
kaum ein anderes Re-
naissanceportät, das so sehr
der Vorstellung entspricht,
die wir uns von der Kunst
des venetianischen Meisters
machen, von dem nur so
wenig beglaubigte Werke
vorhanden sind.
Vasari erwähnt als be-
sonderes Merkmal des
Borgherini - Porträts die
„bella tinta di ombra". In
der Tat sind die Augen
und die linke Wange der
Hauptfigur in tiefe klare
Schatten getaucht, so wie
es selten auf den Bildern
der Zeit der Fall ist. Auf
den Bildnissen des Tizian
sind die Köpfe wohl stets
in gleichmäßig hellem Licht
modelliert.
Ich möchte noch hin-
weisen auf das für Gior-
gione besonders charakte-
ristische Motiv der Brüs-
tung, welche den Ober-
körper des Jünglings unten
abschneidet, die sich wohl
als Kompositionsrequisit er-
klärt, aber als Möbelstück
wenig verständlich ist. Eine
sonderbar abgetreppte Brüstung sehen wir ebenfalls
auf dem Bilde eines jungen Mannes im Kaiser-
Friedrich-Museum und auf einem Stich von Wenzel
Hollar nach einem Selbstbildnis des Giorgione.
Wenn es auch mißlich ist, lediglich nach einer
Reproduktion eine Hypothese aufzustellen, so
scheinen mir die Gründe, die ich vorbringe, ge-
wichtig genug zu sein, um sie der Öffentlichkeit
zugleich mit der Wiedergabe des schönen Bildes
zu unterbreiten. Es ließe sich nur einwenden,
daß das Original möglicherweise nicht die Qua-
litäten eines eigenhändigen Werkes des Giorgione
zeige.
GIORGIONE, BILDNIS DES GIOVANNI BORGHERINI. rom, palazzo corsini
Da aber Herr Ravaglia selbst die Ausführung
in Superlativen der Bewunderung preist und er-
klärt, daß die edle Schönheit des Bildes, seine
koloristische Kraft, die freie Pinselführung und
der sichere Farbenauftrag ebenso wie die Durch-
geistigung der Figuren auf der Höhe der besten
Werke des Giorgione ständen, so fällt auch dieses
Bedenken fort. Man muß der römischen Staats-
galerie Glück wünschen zur Erwerbung des köst-
lichen Bildes, das sie wohl ohne Scheu nicht dem
Schüler und Nachahmer, sondern dem Begründer
der venetianischen Malerei des Cinquecento über-
antworten darf.
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