Materialentsprechend.
^Maieriakentsprechend."
|em kürzlich an dieser Stelle in seiner
falschen Anwendung gekennzeich-
neten „slächenhaft" ist in seiner
verderblichen Wirkung ebenbürtig
an die Seite zu stellen das „ma-
terialentsprechend".
Umkleiden z. B. aus Zinkblech gepreßte konsolen-
förmige Aasten vorragende eiserne Balkonträger, so
ist in diesem Falle das Zinkblech zweifellos nicht
seiner Natur entsprechend verwendet. Oder sind über
Meffnungen gespannte Eisenträger vorn nrit einer
wölbmäßigen Auaderverblendung aus Mörtel ver-
kleidet, so ist das wiederum eine nicht dem Material
entsprechende Vorspiegelung fal-
scher Thatsachen. Und fertigt
man schließlich einen Stuhl aus
Gips und streicht ihn an oder
vergoldet ihn, so daß er wirk-
lich für einen benutzbaren Stuhl
gelten könnte, dann ist der Gips
in einer seinem natürlichen Wesen
widersprechenden Weise ange-
wendet.
In allen Fällen bezieht
sich „materialentsprechend"
aus etwas ohne Weiteres
gar nicht Wahrnehmbares,
auf Eigenschaften von Dingen,
die erst durch Untersuchung fest-
gestellt werden müssen. Erstaun-
lich ist es nun, wie man sich feit
etlichen Jahrzehnten bemüht, die
einzig sinngemäße Bedeutung des
Begriffes zu entstellen.
Man ging wohl ursprüng-
lich aus von den Auswüchsen
der Maschinenkunst. Man er-
kannte die Abscheulichkeit z. B.
der in jeder Beziehung werth-
losen Bilderrahmen aus gepreßter
Pappe, der in Art von Leder-
schnittarbeit gestanzten papierenen
Buchdeckel mit den im selben
Material gepreßten „Eckbeschlä-
gen". Man fühlte die absolute
Aunstlosigkeit der in Zinkguß ge-
fertigten bronzirten Prunkkannen
und Leuchter. Mit Schaudern
sah man, wie von der ganzen
großen Menge die protzig ver-
silberten, zu lchmderttauscnden
gestanzten Alfenidewaaren und die maschinenmäßig
geformten, überladenen Majolikagegenstände und all'
der andere Bazartrödel wirklich als Aunst angesehen
wurden. Ulan erkannte das Uebel und wies darauf
hin, daß man an Stelle des falschen Prunkes doch
eine ehrliche künstlerische Einfachheit vorziehen solle,
man solle die verschiedenen Materialien so verwenden,
wie es ihrenr Wesen angemessen sei. Das war gut
und richtig.
Man ging aber weiter, zunächst wohl wieder in den:
Gedanken, deutlich sprechen zu müssen. Man verglich
schlechtes Neue und gutes Alte; anstatt nun aber das
Form-Schöne oder -Häßliche und das Wesens-Gute
oder -Schlechte unabhängig von einander begreiflich zu
machen, vermischte man beides. Man sagte, das
Brunnen, Modellskizze von Karl Satzinger, München.
Aunst und^Handwerk. 50. Iahrg. Heft 8.
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^Maieriakentsprechend."
|em kürzlich an dieser Stelle in seiner
falschen Anwendung gekennzeich-
neten „slächenhaft" ist in seiner
verderblichen Wirkung ebenbürtig
an die Seite zu stellen das „ma-
terialentsprechend".
Umkleiden z. B. aus Zinkblech gepreßte konsolen-
förmige Aasten vorragende eiserne Balkonträger, so
ist in diesem Falle das Zinkblech zweifellos nicht
seiner Natur entsprechend verwendet. Oder sind über
Meffnungen gespannte Eisenträger vorn nrit einer
wölbmäßigen Auaderverblendung aus Mörtel ver-
kleidet, so ist das wiederum eine nicht dem Material
entsprechende Vorspiegelung fal-
scher Thatsachen. Und fertigt
man schließlich einen Stuhl aus
Gips und streicht ihn an oder
vergoldet ihn, so daß er wirk-
lich für einen benutzbaren Stuhl
gelten könnte, dann ist der Gips
in einer seinem natürlichen Wesen
widersprechenden Weise ange-
wendet.
In allen Fällen bezieht
sich „materialentsprechend"
aus etwas ohne Weiteres
gar nicht Wahrnehmbares,
auf Eigenschaften von Dingen,
die erst durch Untersuchung fest-
gestellt werden müssen. Erstaun-
lich ist es nun, wie man sich feit
etlichen Jahrzehnten bemüht, die
einzig sinngemäße Bedeutung des
Begriffes zu entstellen.
Man ging wohl ursprüng-
lich aus von den Auswüchsen
der Maschinenkunst. Man er-
kannte die Abscheulichkeit z. B.
der in jeder Beziehung werth-
losen Bilderrahmen aus gepreßter
Pappe, der in Art von Leder-
schnittarbeit gestanzten papierenen
Buchdeckel mit den im selben
Material gepreßten „Eckbeschlä-
gen". Man fühlte die absolute
Aunstlosigkeit der in Zinkguß ge-
fertigten bronzirten Prunkkannen
und Leuchter. Mit Schaudern
sah man, wie von der ganzen
großen Menge die protzig ver-
silberten, zu lchmderttauscnden
gestanzten Alfenidewaaren und die maschinenmäßig
geformten, überladenen Majolikagegenstände und all'
der andere Bazartrödel wirklich als Aunst angesehen
wurden. Ulan erkannte das Uebel und wies darauf
hin, daß man an Stelle des falschen Prunkes doch
eine ehrliche künstlerische Einfachheit vorziehen solle,
man solle die verschiedenen Materialien so verwenden,
wie es ihrenr Wesen angemessen sei. Das war gut
und richtig.
Man ging aber weiter, zunächst wohl wieder in den:
Gedanken, deutlich sprechen zu müssen. Man verglich
schlechtes Neue und gutes Alte; anstatt nun aber das
Form-Schöne oder -Häßliche und das Wesens-Gute
oder -Schlechte unabhängig von einander begreiflich zu
machen, vermischte man beides. Man sagte, das
Brunnen, Modellskizze von Karl Satzinger, München.
Aunst und^Handwerk. 50. Iahrg. Heft 8.
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