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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0017

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17

Wettbewerbe — Denkmäler

lS

Lehrtätigkeit hat Julius Klinger in seinem Atelier bereits
ausgeübt. Es war ohne Zweifel ein glücklicher Oedanke
der Darmstädter, ihn zu wählen.

WETTBEWERBE

Zur Erweiterung des Rathauses in Essen a. d. Ruhr
erläßt die Gemeinde ein Preisausschreiben für deutsche
Architekten mit Frist bis zum I. Februar igu. Als Bau-
summe stehen 700000 Mark zur Verfügung, für Preise
6000, 3000 und 1000 Mark, ferner für weitere Ankäufe je
750 Mark. Unter den Preisrichtern sind Geh. Rat Licht
in Leipzig, Geh. Rat Frentzen in Aachen, Prof. Pützer in
Darmstadt.

Infolge des ergebnislos verlaufenen Wettbewerbes
um ein Denkmal für die Berner Telegraphenunion in
Bern hatte das Preisgericht einstimmig beschlossen, einen
neuen unbeschränkten Wettbewerb zu veranstalten. Die
neuen Entwürfe sollen bis zum 1. Juni igu eingereicht
werden.

DENKMÄLER

o Köln. Am 20. September ist die bisher im Volks-
munde Dombrücke genannte, von Schwechten architektonisch
ausgestaltete Straßenbrücke über den Rhein eingeweiht und
vom Eisenbahnminister auf den Namen »Hohenzollern-
brücke« getauft worden. Gleichzeitig wurde Tuaillons Reiter-
standbild Kaiser Wilhelms IL, von dem in der »Kunst-
chronik« schon vielfach die Rede war, enthüllt. Die »Köl-
nische Zeitung« betont, daß es sich hier gar nicht darum ge-
handelt habe, Kaiser Wilhelm II. schon bei Lebzeiten ein
Denkmal zu widmen, sondern daß Tuaillons Schöpfung sich
nur dem bildnerischen Schmucke der Brücke einfüge. Die
beiden älteren Figuren Friedrich Wilhelms IV. und Wil-
helms I. von Blaeser und Drake, die die alte Brücke schmück-
ten, sind jetzt auf dem Deutzer Ufer aufgestellt. Wie es heißt,
wird Tuaillon auch den Auftrag zu einem Reiterstandbild
Kaiser Friedrichs III. erhalten, das im nächsten Jahre beim
letzten Schlußakt der bis dahin in allen Teilen vollendeten
Brücke durch den Kaiser selbst enthüllt werden soll. Wenn
sich das bewahrheiten sollte, darf man gespannt sein, wie
der Bildhauer sich in die Aufgabe finden wird, diesen
Monarchen, den er für das prächtige Monument in Bremen
»antiker Form sich nähernd« gestaltet hat, in moderner
Soldatentracht darzustellen.

X In der Berliner Akademie waren kürzlich die
Konkurrenzentwürfe für das Goethedenkmal in Chicago
ausgestellt. Es handelte sich dabei um einen beschränkten
Wettbewerb, zu dem nur neun Künstler geladen waren,
und der besonders darum bemerkenswert war, weil er ein
Abweichen von der landläufigen Porträtstatue forderte.
Der Preis der Konkurrenz wurde Hermann Hahn in München
zuerkannt, der hier einen sehr kühnen Gedanken zur Aus-
führung gebracht hat. Hahn bringt die ideale Figur eines
schönen Jünglings in Vorschlag, der Goethes Züge (etwa
nach der Büste von Clauer) trägt. Die edle Gestalt, um
deren Schulter und Hüften sich ein loses Gewandstück
in griechischen Falten schlingt, hat den rechten Fuß auf
einen Felsstumpf gesetzt, auf dem erhobenen Knie ruht
ein Adler, den der Götterjüngling mit der rechten Hand
behutsam umfängt. »Er nahm an sich Adlersflügel«, so
lautet das Motto des Entwurfs, der in den scharfen Linien
seiner Umrisse, in der festen Architektur des Aufbaus und
in der Schönheit der Modellierung von großartiger Wirkung
ist. Besonders effektvoll ist der Kontrast zwischen der
zackigen Silhouette links (vom Beschauer), wo der Kontur
an Bein, Adler, Hand und Arm in scharfen Winkeln auf-

wärts steigt, und der harmonisch herabfließenden Be-
grenzungslinie zur Rechten, wo die gleitenden Falten des
Gewandes und des Standbeins den Abschluß bilden. Den
Eindruck des originellen Werkes, das sich auf breitem
gräzisierenden Postament erhebt und nur von zwei ein-
fachen Bankanlagen von je einem Viertelkreise nach hinten
zu von der Parkumgebung abgegrenzt wird, kann man
sich in der Ausführung außerordentlich stark denken.
Die anderen Künstler sind auf dem Wege, an Stelle des
abgegriffenen Standbildschemas ein monumentales oder
dekoratives Symbol zu setzen, lange nicht so weit ge-
kommen. Ein Entwurf mit dem Motto »Columbusland«
zeigte einen riesigen Steinblock, der nur auf der Stirnseite
den Namen Goethes trägt und auf seiner Spitze einen
geflügelten, heranschwebenden Genius, der in zwei ver-
schiedenen Fassungen als eine Art Luzifer und als eine
Art Erzengel erscheint. Eine gewisse Berührung mit Hahns
Projekt hatte der verfehlte Entwurf»Prometheus«, der Goethe
in den Helden seines eignen dramatischen Jugendgedichts
verwandelt und ihn als Halbgott zeigt, sitzend, wie er in
der Linken die kleinen Figuren seiner zum Leben er-
wachenden Geschöpfe, der Menschen, hält, denen er in
der hoch erhobenen Rechten eine Schale mit flammendem
Feuer darbringt. Die Idee ist gar zu literarisch und die
Modellierung (namentlich des erhobenen rechten Armes)
unzulänglich. »Wilhelm Meister« hieß ein vierter Entwurf,
der eine riesenhafte Bronzetafel zwischen die Bäume des
Parkes stellen will. Aus der Mitte der Tafel wächst wie eine
ungeheure Maske der Kopf des Dichters als Hochrelief aus
dem Bronzegrunde, während rechts und links zwei allzu
banale Frauengestalten als Freifiguren vor die Tafel gestellt
sind. Zwei Entwürfe griffen zum Auskunftsmittel der
Porträtherme, suchten aber den Hauptakzent auf die Um-
rahmung zu legen. Dereine hatte das langatmige Motto:
»Nur Stille ist in sich vollendet, wie es Goethe war« und
zieht um die auf hohem Sockel sich erhebende Büste eine
einfache, fast kreisförmige, hohe Mauer, die nur am schmalen
Eingang, ihrer einzigen Durchbrechung, zwei aus der
Mauerfläche herauswachende Sphinxe zeigt. Der Grund-
gedanke ist nicht so übel: man soll gleichsam in ein
offenes Heiligtum treten (an der Innenfläche der Mauer
sind leichte Reliefs angebracht), wo man, vom Lärm des
Tages nicht gestört, sich in den Anblick des Goetheantlitzes
versenken kann. Aber das ist doch mehr eine Denkmals-
anlage für den geschlossenen Park eines Kunstfreundes
als für die Öffentlichkeit einer Weltstadt. Der zweite Ent-
wurf, der mit einer Büste operiert — es ist eine ameri-
kanische Arbeit —, stellt sie vor eine unruhige, mit Reliefs
Goethescher Gestalten über und über bedeckte Wand.
Da tauchen sie allzu greifbar auf: Faust und Mephisto
und Gretchen, Orest und Iphigenie, Hermann und Doro-
thea usw., darunter auch, literarhistorisch sehr unkorrekt,
Werther Lotten in seine Arme schließend! Ein weiteres
Projekt, von Hubert Netzer, zeigte einen Statuenkranz der
neun Musen um einen runden Freundschaftstempel, in
dessen Mitte sich auf niederem Postament eine Opferschale
erhebt. Hugo Lederer aber baute einen mächtigen Goethe-
tempel auf, der wiederum den Kopf als Relief an der
Stirnseite trägt, im Innern einen Brunnen aufsprudeln läßt
und in den Ecken des Rundbaus vier sitzende weibliche
Bronzegestalten, Personifikationen des Dramas, der Philo-
sophie, der Wissenschaft und der Lyrik anbringt. Die
Architektur ist von imposanter Schönheit, nur zu grabmal-
artig und düster geraten, und der Goethekopf am Gebälk
wirkt zu sehr als nebensächliches Ornament. Schließlich
ward noch ein Entwurf eingereicht mit dem Motto: »Eine
seltene Blume«, das man auf das Modell selbst zurück-
beziehen könnte: ein Untersatz — mißverstandener Obrist;
 
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