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Vermischtes — Forschungen
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die ursprünglich aus der alten Düsseldorfer Kunstkammer
stammten, und Porträts einer Frau und eines Mannes zei-
gen. Es ist Dr. Buchheit gelungen, das weibliche Bildnis
mit einer Prinzessin Sibylle von Jülich-Cleve (1557—1628)
zu identifizieren und damit ist auch die Persönlichkeit fest-
gestellt, die das Porträt von Ant. Caron in der alten Pina-
kothek (Nr. 1316, früher dem AdriaenCrabeth zugeschrieben)
darstellt, da es sich in beiden Fällen um die gleiche Dame
handelt. Noch größeres Interesse verdiente die zweite Minia-
tur, das Rundbild eines jungen Mannes, das als Bildnis
Melanchthons in das Nationalmuseum gekommen und dort
auf Grund der Buchstaben H. M. für ein Selbstporträt Mü-
lichs ausgegeben worden war. Es hat aber weder mit Me-
lanchthon noch mit Mülich irgend einen Zusammenhang,
sondern ist vielmehr ein Original des größten deutschen
Porträtisten des 16. Jahrhunderts, des jüngeren Hans Hol-
bein, wie der Vortragende an Hand der Zeichnungen dieses
Meisters eingehend bewies.
Als zweiter Referent berichtete Dr. Graef über die
Restauration des Burgkmairschen Johannesaltars von 1518,
(alte Pinakothek Nr. 222), der schon unter Kurfürst Maxi-
milian I. in die Bayrische Kunstkammer gekommen und
hier zum Teil angestückt und übermalt worden war, und
dessen Flügel sich später in die Filialgalerien Schleißheim
und Burghausen verloren hatten. Erst Konservator Bever
und Dr. Braune halten die Zusammengehörigkeit der ein-
zelnen Teile festgestellt und so werden wir in Bälde Ge-
legenheit haben, die von ihren Anstückungen und Uber-
malungen befreiten Tafeln in der Pinakothek wieder zu
einem Ganzen vereinigt zu sehen.
Als letzter Redner des Abends sprach Dr. Sieveking
über einen mit der Sammlung Furtwängler nach Frankfurt
gekommenen Terrakottakopf, den Bode in seinem bekannten
Aufsatz über die Frankfurter Neuerwerbungen für eine Fäl-
schung erklärt hatte. Es ist indes sicher ein echtes Werk,
das aus jener klassizistischen Epoche der römischen Kunst
stammt, die im 1. Jahrhundert vor Christus mit Vorliebe
Arbeiten des 5. Jahrhunderts nachempfand und umstilisierte.
Als derselben Zeit angehörend, zeigte Dr. Sieveking einen
Terrakottafrauenkopf aus der Sammlung James Loeb in
München, ferner den prachtvollen Alexander aus der Samm-
lung Arndt in der Glyptothek und eine römische Porträt-
maske — wahrscheinlich Cicero darstellend —, die sich
ebenfalls in der Sammlung Loeb befindet.
VERMISCHTES
Zurzeit wird eine amtliche Publikation der Hand-
zeichnungen aus der Berliner Nationalgalerie vor-
bereitet. Die Zeichnungen, die zum größten Teil im dritten
Geschoß der Galerie in Schränken verwahrt werden und
zum kleineren Teil in einer Schausammlung vereinigt sind,
sollen nunmehr in einer Auswahl zur Vetölfentlichung ge-
langen. Diese wird die Wiedergabe der Blätter in Licht-
druck und einen beschreibenden Katalog enthalten. Bisher
war die Zeichnungssammlung nur in einem Kataloge be-
arbeitet worden, der den Zuwachs der letzten Jahre nicht
mehr einschloß. Die Veröffentlichung, die alle hervorragen-
den deutschen Künstler des ig. Jahrhunderts mit erlesenen
Proben ihrer Zeichenkunst vorführen wird, soll zunächst
in einer Serie erfolgen, der voraussichtlich sich noch weitere
anschließen werden. Sie wird in 10 Lieferungen 100 Tafeln
enthalten, für die ein Format von 46x33 cm vorgesehen
ist. Die Berliner Nationalgalerie schließt sich damit als
eine der ersten deutschen Sammlungen — die Dresdner
graphische Sammlung gab bereits ausgewählte Meisterzeich-
nungen des 19. Jahrhunderts heraus — dem Vorgehen
der Kupferstichkabinette an, die ihre Zeichnungen alter
Meister in mustergültigen Reproduktionen vervielfältigten.
Die Graphische Gesellschaft hat jetzt als 12. ihrer
Veröffentlichungen eine Ausgabe des Lübecker Toten-
tanzes von 1489 veröffentlicht, deren Herausgabe Direktor
Dr. M. J. Friedländer besorgt hat. Das hier im Lichtdruck
mit dem ganzen Text wiedergegebene Original ist nur in
einem einzigen Exemplar in der Bibliothek des Germani-
schen Museums in Nürnberg erhalten, es ist mit Holz-
schnitten von jenem Zeichner geschmückt worden, der
sieben Jahre später die berühmte Lübecker Bibel illustriert
hat. Als nächste Veröffentlichung sollen die Landschafts-
radierungen des Herkules Seghers herausgegeben werden,
Das Stadttheater in Heilbronn soll nach den Ent-
würfen von Professor Theodor Fischer in München, wie
die städtischen Körperschaften jetzt beschlossen haben,
mit einem Aufwand von 575000 M. errichtet werden.
Professor August Kraus, der zweite Vorsitzende der
Berliner Sezession, hat von der preußischen Regierung den
Auftrag erhalten, für das mittelalterliche Schloß von Alien-
stein in Ostpreußen, das als bischöfliche Burg noch aus
dem 14. Jahrhundert stammt und zur Wohnung des Re-
gierungspräsidenteneingerichtet wird, einen Wandbrunnen
zu schaffen. Das Werk geht jetzt seiner Vollendung ent-
entgegen. Der Reiz der mit allerlei Wassergetier geschmück-
ten Arbeit, die im Wintergarten des Schlosses Platz finden
soll, wird noch durch den Wechsel des Materials erhöht
werden: Giallo da Siena, ein Cipolino für die architekto-
nischen und dekorativen Teile, Bronze für die Gruppe
eines Ziegenböckleins, auf dem ein nackter Junge reitet.
Aus Fritz von Uhdes Nachlaß, der mit all seinem
reichen Besitz an Kunstwerken eigener und fremder Hand
jetzt aufgelöst wird, ist eines der bemerkenswertesten
Bilder nach Berlin gelangt. Ein Berliner Kunsthändler
erwarb das bekannte große Bild des damals 32 jährigen
Max Liebermann, »Jesus unter den Schriftgelehrten«. Das
Bild, das seinerzeit lebhafte Debatten erregte und für Fritz
von Uhde von größtem Einfluß wurde, kam bereits 1907
auf die Ehrenausstellung nach Berlin, welche die Sezession
ihrem Präsidenten zur Feier seines sechzigsten Geburtstages
veranstaltete. Der Verkaufspreis soll 40000 M. betragen.
FORSCHUNGEN
Das Bildnis eines Goldschmiedes, eine Metallstift-
zeichnung des 15. Jahrhunderts in der Albertina in Wien,
ist ehemals dem Hans Memling zugeschrieben worden.
M. J. Friedländer hat es als erster Albrecht Dürer gegeben,
er sah darin ein Bildnis seines Vaters, des Goldschmieds
Albrecht Dürer d. Ä. In einem Aufsatze des »Repertoriums
für Kunstwissenschaft« (Bd. 34, Heft 1) versucht nunmehr
H. Ochenkowski nachzuweisen, daß die vielbesprochene
Zeichnung ein Selbstporträt des älteren Dürer sei, das dem
dreizehnjährigen Sohne bei dessen berühmtem Selbstbildnis
vom Jahre 1484, gleichfalls in der Albertina, als Vorbild
gedient habe. _«.
Das Märzheft der »Gazette des beaux-arts« bringt
einen guten Steindruck von A. Toupey nach dem alt-
französischen Kinderbildnis, das vor einiger Zeit als Ge-
schenk der »Societe des amis du Louvre« in die Pariser
Staatssammlung kam. Der Meister steht dem »Maitre de
Moulins« nicht ferne. In seinem Texte macht Paul Leprieur
es wahrscheinlich, daß es sich um ein Bildnis des kleinen
Prinzen Karl, zweiten Sohnes von Karl VIII. und der
Königin Anna, handelt (geb. 1496). Das ganz in Weiß ge-
haltene Bildnis, das den fürstlichen Knaben in rührender
Geste als Beter, »priant«, darstellt, gehört zu den wert-
vollsten Erwerbungen, die der Louvre in den letzten Jahren
gemacht hat. — Das gleiche Heft bringt noch Aufsätze
Vermischtes — Forschungen
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die ursprünglich aus der alten Düsseldorfer Kunstkammer
stammten, und Porträts einer Frau und eines Mannes zei-
gen. Es ist Dr. Buchheit gelungen, das weibliche Bildnis
mit einer Prinzessin Sibylle von Jülich-Cleve (1557—1628)
zu identifizieren und damit ist auch die Persönlichkeit fest-
gestellt, die das Porträt von Ant. Caron in der alten Pina-
kothek (Nr. 1316, früher dem AdriaenCrabeth zugeschrieben)
darstellt, da es sich in beiden Fällen um die gleiche Dame
handelt. Noch größeres Interesse verdiente die zweite Minia-
tur, das Rundbild eines jungen Mannes, das als Bildnis
Melanchthons in das Nationalmuseum gekommen und dort
auf Grund der Buchstaben H. M. für ein Selbstporträt Mü-
lichs ausgegeben worden war. Es hat aber weder mit Me-
lanchthon noch mit Mülich irgend einen Zusammenhang,
sondern ist vielmehr ein Original des größten deutschen
Porträtisten des 16. Jahrhunderts, des jüngeren Hans Hol-
bein, wie der Vortragende an Hand der Zeichnungen dieses
Meisters eingehend bewies.
Als zweiter Referent berichtete Dr. Graef über die
Restauration des Burgkmairschen Johannesaltars von 1518,
(alte Pinakothek Nr. 222), der schon unter Kurfürst Maxi-
milian I. in die Bayrische Kunstkammer gekommen und
hier zum Teil angestückt und übermalt worden war, und
dessen Flügel sich später in die Filialgalerien Schleißheim
und Burghausen verloren hatten. Erst Konservator Bever
und Dr. Braune halten die Zusammengehörigkeit der ein-
zelnen Teile festgestellt und so werden wir in Bälde Ge-
legenheit haben, die von ihren Anstückungen und Uber-
malungen befreiten Tafeln in der Pinakothek wieder zu
einem Ganzen vereinigt zu sehen.
Als letzter Redner des Abends sprach Dr. Sieveking
über einen mit der Sammlung Furtwängler nach Frankfurt
gekommenen Terrakottakopf, den Bode in seinem bekannten
Aufsatz über die Frankfurter Neuerwerbungen für eine Fäl-
schung erklärt hatte. Es ist indes sicher ein echtes Werk,
das aus jener klassizistischen Epoche der römischen Kunst
stammt, die im 1. Jahrhundert vor Christus mit Vorliebe
Arbeiten des 5. Jahrhunderts nachempfand und umstilisierte.
Als derselben Zeit angehörend, zeigte Dr. Sieveking einen
Terrakottafrauenkopf aus der Sammlung James Loeb in
München, ferner den prachtvollen Alexander aus der Samm-
lung Arndt in der Glyptothek und eine römische Porträt-
maske — wahrscheinlich Cicero darstellend —, die sich
ebenfalls in der Sammlung Loeb befindet.
VERMISCHTES
Zurzeit wird eine amtliche Publikation der Hand-
zeichnungen aus der Berliner Nationalgalerie vor-
bereitet. Die Zeichnungen, die zum größten Teil im dritten
Geschoß der Galerie in Schränken verwahrt werden und
zum kleineren Teil in einer Schausammlung vereinigt sind,
sollen nunmehr in einer Auswahl zur Vetölfentlichung ge-
langen. Diese wird die Wiedergabe der Blätter in Licht-
druck und einen beschreibenden Katalog enthalten. Bisher
war die Zeichnungssammlung nur in einem Kataloge be-
arbeitet worden, der den Zuwachs der letzten Jahre nicht
mehr einschloß. Die Veröffentlichung, die alle hervorragen-
den deutschen Künstler des ig. Jahrhunderts mit erlesenen
Proben ihrer Zeichenkunst vorführen wird, soll zunächst
in einer Serie erfolgen, der voraussichtlich sich noch weitere
anschließen werden. Sie wird in 10 Lieferungen 100 Tafeln
enthalten, für die ein Format von 46x33 cm vorgesehen
ist. Die Berliner Nationalgalerie schließt sich damit als
eine der ersten deutschen Sammlungen — die Dresdner
graphische Sammlung gab bereits ausgewählte Meisterzeich-
nungen des 19. Jahrhunderts heraus — dem Vorgehen
der Kupferstichkabinette an, die ihre Zeichnungen alter
Meister in mustergültigen Reproduktionen vervielfältigten.
Die Graphische Gesellschaft hat jetzt als 12. ihrer
Veröffentlichungen eine Ausgabe des Lübecker Toten-
tanzes von 1489 veröffentlicht, deren Herausgabe Direktor
Dr. M. J. Friedländer besorgt hat. Das hier im Lichtdruck
mit dem ganzen Text wiedergegebene Original ist nur in
einem einzigen Exemplar in der Bibliothek des Germani-
schen Museums in Nürnberg erhalten, es ist mit Holz-
schnitten von jenem Zeichner geschmückt worden, der
sieben Jahre später die berühmte Lübecker Bibel illustriert
hat. Als nächste Veröffentlichung sollen die Landschafts-
radierungen des Herkules Seghers herausgegeben werden,
Das Stadttheater in Heilbronn soll nach den Ent-
würfen von Professor Theodor Fischer in München, wie
die städtischen Körperschaften jetzt beschlossen haben,
mit einem Aufwand von 575000 M. errichtet werden.
Professor August Kraus, der zweite Vorsitzende der
Berliner Sezession, hat von der preußischen Regierung den
Auftrag erhalten, für das mittelalterliche Schloß von Alien-
stein in Ostpreußen, das als bischöfliche Burg noch aus
dem 14. Jahrhundert stammt und zur Wohnung des Re-
gierungspräsidenteneingerichtet wird, einen Wandbrunnen
zu schaffen. Das Werk geht jetzt seiner Vollendung ent-
entgegen. Der Reiz der mit allerlei Wassergetier geschmück-
ten Arbeit, die im Wintergarten des Schlosses Platz finden
soll, wird noch durch den Wechsel des Materials erhöht
werden: Giallo da Siena, ein Cipolino für die architekto-
nischen und dekorativen Teile, Bronze für die Gruppe
eines Ziegenböckleins, auf dem ein nackter Junge reitet.
Aus Fritz von Uhdes Nachlaß, der mit all seinem
reichen Besitz an Kunstwerken eigener und fremder Hand
jetzt aufgelöst wird, ist eines der bemerkenswertesten
Bilder nach Berlin gelangt. Ein Berliner Kunsthändler
erwarb das bekannte große Bild des damals 32 jährigen
Max Liebermann, »Jesus unter den Schriftgelehrten«. Das
Bild, das seinerzeit lebhafte Debatten erregte und für Fritz
von Uhde von größtem Einfluß wurde, kam bereits 1907
auf die Ehrenausstellung nach Berlin, welche die Sezession
ihrem Präsidenten zur Feier seines sechzigsten Geburtstages
veranstaltete. Der Verkaufspreis soll 40000 M. betragen.
FORSCHUNGEN
Das Bildnis eines Goldschmiedes, eine Metallstift-
zeichnung des 15. Jahrhunderts in der Albertina in Wien,
ist ehemals dem Hans Memling zugeschrieben worden.
M. J. Friedländer hat es als erster Albrecht Dürer gegeben,
er sah darin ein Bildnis seines Vaters, des Goldschmieds
Albrecht Dürer d. Ä. In einem Aufsatze des »Repertoriums
für Kunstwissenschaft« (Bd. 34, Heft 1) versucht nunmehr
H. Ochenkowski nachzuweisen, daß die vielbesprochene
Zeichnung ein Selbstporträt des älteren Dürer sei, das dem
dreizehnjährigen Sohne bei dessen berühmtem Selbstbildnis
vom Jahre 1484, gleichfalls in der Albertina, als Vorbild
gedient habe. _«.
Das Märzheft der »Gazette des beaux-arts« bringt
einen guten Steindruck von A. Toupey nach dem alt-
französischen Kinderbildnis, das vor einiger Zeit als Ge-
schenk der »Societe des amis du Louvre« in die Pariser
Staatssammlung kam. Der Meister steht dem »Maitre de
Moulins« nicht ferne. In seinem Texte macht Paul Leprieur
es wahrscheinlich, daß es sich um ein Bildnis des kleinen
Prinzen Karl, zweiten Sohnes von Karl VIII. und der
Königin Anna, handelt (geb. 1496). Das ganz in Weiß ge-
haltene Bildnis, das den fürstlichen Knaben in rührender
Geste als Beter, »priant«, darstellt, gehört zu den wert-
vollsten Erwerbungen, die der Louvre in den letzten Jahren
gemacht hat. — Das gleiche Heft bringt noch Aufsätze