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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Hermanin, Federico: Römischer Brief, [1]
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Bimler, Kurt; Daun, Berthold: Ein unbekanntes Werk des Veit Stoss in Glogau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0012

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Ein unbekanntes Werk des Veit Stoß in Glogau

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Amatori e cultori, da die Fremden der Lokaldebatte
fern gestanden hatten, und gewohnheitsmäßig die alten
bevorzugt hatten. Max Klinger hatte nur Skulp-
turen; zwei Porträts und Statuette einer Badenden
ausgestellt, Otto Greiner eine Serie von Zeichnungen
und Radierungen. Ein großes Triptychon von Fritz
Erler: Die Pest, zog die allgemeine Aufmerksamkeit
auf sich wegen der originellen Färbung und der
phantasievollen Komposition. Nicht zu vergessen sind
die Malereien von Robert Wellmann, Hermann Urban
und Peter Bayer und die Plastiken von Adolf
Dammiller, Karl Gabriel und Johann Vierthaler. Von
Sonderausstellungen boten: die Amatori e cultori eine
Sammlung von Tierdarstellungen von Aristide Sartorio,
Fritz Roll, Renato Brozzi und Previati, einen Saal voll
unzähliger Werke des alten Impressionisten Pompeo
Mariani, der in seinen geistreichen, farbensprühenden
Skizzen, die an Monticelli gemahnen, das mondäne
Treiben der beiden Rivieren, wie wohl sonst keiner dar-
stellt. Nächstes Jahr werden, trotz der internationalen
Ausstellung zu Venedig, die Secessione und die Societä
degli amatori e cultori ihre Frühlingsausstellungen dem
römischen Publikum öffnen. Federico Hermanin.

EIN UNBEKANNTES WERK DES VEIT STOSS
IN GLOGAU
Von Dr. Kurt Bimler-Glooau
Am 2. Juli d. J. bekam ich die drei fast lebens-
großen Sandsteinfiguren zu sehen, die, ehemals zum
Glogauer Odertor gehörig, seit 1871 an der West-
wand des Hauses Kleine Oderstraße 5 in der Höhe
des 1. Stockwerkes angebracht sind. Ihre besondere
Schönheit und ihre Abstammung von Veit Stoß traten
mir sofort ins Bewußtsein. Die mir unumstößliche
Gewißheit meiner Entdeckung erzählte ich in Berlin,
wo ich die Sommerferien über als Hilfsarbeiter am Kgl.
Kunstgewerbemuseum tätig war, Herrn Direktor Pro-
fessor Mackowsky und Herrn Direktorialassistent Dr.
Schmidt und fragte sie um ihren Rat, in welcher Zeitschrift
ich meine Entdeckung veröffentlichen solle; und später
voll Vertrauen auch Herrn Dr. Berthold Daun. Herr
Dr. Daun kam auf diese Mitteilung hin in meiner
Abwesenheit alsbald nach Glogau und stellte nun
meine Entdeckung in der kurzen Nachricht der Nr. 43
der »Kunstchronik« als die seinige hin.

Die Zugehörigkeit der mit der Jahreszahl 1505
gezeichneten Figuren läßt sich mit archivalischen Be-
legen vorderhand nicht beweisen, obgleich Hoffnung
dazu vorhanden ist, da die Gruppe samt dem Oder-
tor vom Herzog Sigismund seiner Stadt Glogau im
Jahre 1505 zugeeignet worden ist. Dieser vielseitig
begabte Fürst ist der Sohn des Polenkönigs Kasimirs IV.
und Mitbesteller von dessen Grabmal, das also in
Krakau unter seinen Augen von Veit Stoß geschaffen
worden war. Die Beziehung Sigismunds zu Veit
ist so die denkbar engste und der Zusammenhang
zwischen Auftraggeber und Kunstwerk vollständig
durchsichtig.

Der Beweis für die Urheberschaft des Veit Stoß
an den Glogauer Figuren muß demnach mit Gründen
stilistischer Art geführt werden, die bei der für Veit

Stoß typischen Gestaltung dieser drei Stadtheiligen, der
Katharina, des Nikolaus und der Gottesmutter mit dem
Kinde gar nicht fernliegen. Schon die Technik der
Gewandbehandlung ist eine so geschickte und meister-
hafte und von allen schlesischen Kunstwerken so weit
verschiedene, daß die Verkennung des Werkes in
Schlesien geradezu auffällt. Selbst wenn man wüßte,
daß Veit Stoß nie ein Werkzeug für Steinbearbeitung
zur Hand genommen hätte, müßte man die Modelle
dazu sofort ihm oder wenigstens seiner Schule zu-
sprechen. Die Drapierung der Gewänder, so gleich-
artig sie an allen drei Hauptfiguren angelegt sind, ist
trotzdem abwechslungsreich und wirkungsvoll und
weist die bekannte, durch den Stein gemilderte Un-
ruhe in der Faltenbildung auf. Die anderen typischen
Merkmale Veit Stoßischer Kunst, vor allem die Haar-
behandlung in den gewellten Flechten der beiden
Jungfrauen und den Ringellocken des Kindes sind
gleichfalls vorhanden; ebenso viel Verwandtschaft in Ge-
sichtsausdruck, Körperhaltung (besonders beim Kinde),
Kleidungsstücken (Krone, Mitra) mit der Madonna
am Veit Stoß-Hause und seinen anderen Frauen, mit
den Bischofsbildnissen in Gnesen und Wloclawek usw.

Überraschend schön sind Körper und Gesichts-
ausdruck der Gottesmutter und des Kindes. Wie
* wundervoll sind Kopf, Stellung und Hände der Jung-
frau! Und welch ein einzigschönes Geschöpf ihr Kind,
 
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