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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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M3

Sammlungen

144

Warschau. Im Kunstsalon Rychling findet jetzt die
Ausstellung polnischer Selbstbildnisse und Künstler-
bildnisse statt. Namentlich sind die ersteren zahlreich
und interessant. Die älteren Selbstbildnisse polnischer
Maler sind bekannt und sogar populär geworden, seitdem
Rastawiecki sein klassisches Werk >Das Wörterbuch der
polnischen Maler« (1855) mit einer großen Zahl von
lithographischen Reproduktionen der Selbstbildnisse aus-
gestattet hatte. Trotzdem gelang es dem Kunstsalon
Rychling, auch unbekannte Selbstbildnisse zu finden, so
z. B. die Selbstbildnisse der drei Generationen von Pro-
fessoren der Malerei in Wilno aus dem Ende des 18. und
aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, aus der Blütezeit der
Wilnauer Hochschule: da ist Smuglewicz, der polnische
Raphael Mengs, sein Schüler, der Bildnismaler Rustem,
und wieder dessen Schüler, der ausgezeichnete, bis jetzt
noch kaum gewürdigte Historienmaler Damel. — Die Maler
der Gegenwart sind in der Ausstellung besonders stark
vertreten; um nur einige wenige zu nennen, haben Wyczol-
kowski, Falat, Pankiewicz, Pienkowski, Boznanska, Mehoffer,
Malczewski ihre Selbstbildnisse ausgestellt. w. T.

Warschau. Ausstellung des Gesamtwerks von
Joseph Mehoffer. Jan Matejko hat vor einem Viertel-
jahrhundert in den Wandmalereien der Marienkirche in
Krakau ein unvergleichliches Werk der dekorativen Kunst
geschaffen. Seine Schüler führten dann die polychrome
Ausschmückung der Krakauer Kirchen in seinem Sinne
weiter. Sie malten alle im eigenen Stile, ohne sich an
überlieferte Stilformen und den speziellen Charakter der
Bauten, die sie auszuschmücken hatten, zu halten. Es ent-
stand trotzdem, oder vielmehr eben deshalb in den Krakauer
Kirchen eine Harmonie zwischen dem Alten und dem
Neuen, zwischen den gotischen Mauern und der modernen
Malerei. Von den Schülern Matejkos sind zwei von
großer Bedeutung: derfrüh verstorbeneStanislaus Wyspianski
und Joseph Mehoffer, Akademieprofessor in Krakau, dessen
Gesamtausstellung jetzt in den Räumen der Gesellschaft
der Förderung der schönen Künste in Warschau stattfindet.
In den Deckenmalereien der kleinen Radziwillschen Kapelle
im Schloßdom von Krakau, in den Entwürfen für die Schatz-
kammer des Schloßdomes, für die Kathedrale von Plock
und die armenische Kathedrale in Lemberg hat Mehoffer
schöne und eigenartige Werke geschaffen. Sein Bestes in
jeder Beziehung — ebenso übrigens wie Wyspianski —
hat er auf dem Gebiete der Glasmalerei geleistet. Während
aber Wyspianskis Werke unausgeführt geblieben sind und
nur als Kartons das Krakauer Nationalmuseum schmücken,
sind die meisten der Entwürfe Mehoffers für Glasfenster aus-
geführt worden. Einiges findet sich in den polnischen
Kirchen, ein Hauptwerk aber sind die Glasfenster im
Niklasdom in Freiburg in der Schweiz. Die zwölf Freiburger
Fenster sind zwischen 1890 und 1909 geschaffen. Die
ersten, noch ziemlich jugendlichen, sind noch etwas un-
sicher in Zeichnung und Farbe; die sechs letzteren aber,
namentlich die mit der Darstellung des hl. Moritz und
Georg, der hl. Anna, Katharina und Barbara, besitzen Farben-
pracht und Farbentiefe, Stil der Linien, Kunst des Hinein-
komponierens desFigürlichen in das umgebende Ornamentale, I

schließlich Ernst und Ausdruck. In einer Zeit, die so sehr
der monumentalen dekorativen Kunst im modernen Sinne
bedarf wie die unsere, darf man wohl einen jeden ernsten
und gelungenen Versuch in dieser Richtung preisen. —
Außer den Kartons zu Wandmalereien und Glasfenstern
enthält die Ausstellung Mehoffers noch zahlreiche Bilder,
Landschaften und Bildnisse, die — merkwürdig genug
— nicht gerade bedeutend sind. Sehr reizvoll ist dagegen
wieder seine Graphik. Dr. w. Tatarkiewkz.

SAMMLUNGEN

Hannover. Durch die außerordentliche Munifizenz
der Stadtverwaltung ist es gelungen, dem Kestner-Museutn
den Besitz von vier Werken Anselm Feuerbachs zu
sichern, die gewiß zu den Perlen der noch im Werden be-
griffenen modernen Galerie des Museums zählen werden.
Da die Gemälde überdies aus den Jahren 1854—1878
stammen, sind sie in der Lage, fast zu allen Hauptetappen
der Kunst Feuerbachs eine Vorstellung zu liefern.

Das frühest entstandene ist das Mädchen, um einen
toten Vogel trauernd (1854) aus der ehemaligen Samm-
lung S. Fries-Winter, Basel, stammend (Allgeyer-Neumann
Nr. 130 und Katalog der Jahrhundertausstellung Bd. II,
Nr. 434). Das koloristisch entzückende Bild verrät in Auf-
fassung und Farbensprache noch deutlich die Anregungen,
die der Künstler bei seinem Pariser Aufenthalte durch die
französische Kunst empfangen hat.

Wohl in das Ende der fünfziger Jahre gehört eine als
Renaissancestimmung anzusprechende Studie, die eine
musizierende Gesellschaft von Damen und Herren auf
einem Balkone vor einer Landschaft zeigt.

Die Nanna von 1864 (ehemals Sammlung Bluntschli,
Zürich; Allgeyer-Neumann, Nr. 418) vertritt vollkommen
würdig die Epoche der sechziger Jahre, zumal man das
Bild seines mit Schwermut durchwobenen Gehaltes wie
seiner Malweise wegen zu den ergreifendsten Bildern
gleichen Vorwurfs zählen darf.

Die letzte Lebens- und Schaffenszeit des Künstlers
verdeutlicht das bekannte Selbstbildnis von 1878 (ehe-
mals Sammlung Seeger, Berlin; Allgeyer-Neumann, Nr. 663,
Katalog der Jahrhundertausstellung, Bd. II, Nr. 491a); das
zu dem Bildnis von 1875 (Pinakothek München) und zu
dem von 1877 (Galerie Karlsruhe) eine willkommene und
nicht zu missende Ergänzung bietet. v. c. H.

Krakau. Dem Krakauer Nationalmuseum hat Baron
Grubissich-Koresztur seine wertvollen Sammlungen ge-
schenkt. Die Kollektionen umfassen ausschließlich Gegen-
stände außereuropäischer Kunst: japanische Bronzen, Möbel,
Bilder, Porzellan und Gewebe, die Baron Grubissich zu
der Zeit, wo er österreichischer Gesandter in Tokio war,
erworben hatte, dann Ausgrabungen aus Karthago und
Tunis und interessante Denkmäler der altamerikanischen
Incas-Kunst. Die Abteilung der orientalischen Kunst des
Krakauer Nationalmuseums, in die schon früher zwei
wichtige Sammlungen, nämlich Sammlung Goldstein und
Sammlung Kowarski, einverleibt worden sind, dürfte jetzt
die reichste in Osterreich sein.

Inhalt: Die Neugestaltung des Luxembourg-Museums. — Städtebaulicher Wettbewerb von Wiesbaden. — Freih. v.Stein-Denkmal in Schöneberg —
Leys-Fresken in Antwerpen. — Der südlichste Vorposten alter Zivilisation. — Ausstellungen in Berlin, Graz, Uent, I ans, Straßburg i. E.,
Krakau, Riga, Warschau. — Kestner-Museum in Hannover; Krakauer Nationalmuseum.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraßella
Druck von ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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