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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Ausstellungen

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besser gesagt, der Kälte so unsagbaren Reiz abgewonnen.
Das strohgelbe Haar einer Demimondaine unter einem
schwarzen Hut auf einer Toulouse-Affiche erschöpft das,
was Linie und Farbe in diesem Material zu bieten vermag.
Andere Franzosen, wie Willette, mit etwas süßlicher Grazie,
Orasset, Steinlen, Carriere stehen würdig neben Toulouse
als erste und große Generation der Plakatkunst. Was ihnen
folgt, bewegt sich von vornherein auf einer tieferen Ebene.
Die zeichnerisch wie malerisch einwandfreie, aber recht
kunstgewerbliche Art Hohlweins wird wohl jeden für die
Dauer ermüden. Es sind sicherlich tadellose Plakate, ge-
schmackvoll, zweckentsprechend und geisttötend durch die
ewige, unentwegte Wiederholung der wenigen Werte, die
Hohlwein, scheint's, ein für allemal für sich festgelegt hat.
Diesen künstlerisch gefährlichen, ökonomisch wohl um so
sichereren Weg scheint leider auch Emil Cardinaux (Bern)
einzuschlagen. Sein Zermatt-Plakat, das vor einigen Jahren
zuerst an schweizerischen Bahnhöfen erschien, gehört mit
seinem landschaftlich wie künstlerisch und kunsttechnisch
tief empfundenen Farbendreiklang: dunkelgraues Unter-
gebirg, daraus sonnengolden die Zermattspitze in einen
lilahellen kalten Himmel hineinragt, zu dem Besten der
Gattung. Die neueren Plakate aus seiner Hand suchen
weniger den reinen Zusammenklang großer Farben- und
Formenmassen, als vielmehr eine etwas gef ühlsgeschwängerle
Bildlichkeit, die Landschaft und Figurales in einen uner-
freulichen, heraldischen Lyrismus vermengt, wie dies am
Plakat für die Berner Landesausstellung 1Q14 zu sehen ist.
Eine geradezu überraschende Wirkung übt Max Buris auf
das Plakat unverändert übertragene Malerei aus und ent-
hüllt wie eine Offenbarung die eigentliche Stärke und
Schwäche seiner Kunst. Klar, hart, tönend leuchten einem
da seine blauen Farben entgegen und befriedigen durchaus
mit einer Welt, die uns im Ölgemälde bei aller Virtuosität
doch der Tiefe, des Versinkens ins Innere der Erscheinung
gar zu flächig (soll man wagen oberflächig zu sagen?) zu
ermangeln scheint. Von allen zahlreichen neueren Werken
ist nur eines zu nennen, das weit über dem Niveau eines guten
Plakats den Werken der Väter, der Toulouse, der Willette,
Carriere, Steinlen ebenbürtig an der Seite steht: Weißgerbers
Arbeit, einen Umzug der Wolfsbergschen Kunsthandlung an-
kündigend. Weißgerber hat da ein Blatt von unvergäng-
lichem Wert geschaffen und wie Toulouse in anderer Art,
die letzten Geheimnisse sowohl der besonderen Technik,
wie des plakatmäßigen, vom Bilde unabhängigen Schauens
künstlerisch, als Maler erfaßt. Grau und Schwarz beherrschen
die Fläche, Gelb, Grün und Weiß lösen sich ab als bloße,
sehr sparsam verwendete Hilfsmittel lichtvoller Unterschei-
dung. Die Vision einer Rotationsmaschine taucht geister-
haft aus dem Dunkel auf, von einer unabsehbaren Menge
umgeben, im Vordergrund tragen ein paar Maler Blend-
rahmen unterm Arm. Die Darstellung erzwingt eine so un-
geheuere illusorische Dimension, das Ganze flutet wie ein
Völkerepos aus Urzeiten über den gar nicht großen Bild-
raum aus einer Unendlichkeit in die andere.

Richard Messleny, Genf.

Die Synchronisten. In Paris wird jetzt wenigstens
zweimal im Jahre Kunstrevolution gemacht. Nach den
Kubisten, Futuristen, Orphisten, Simultanisten, haben wir
jetzt die Synchronisten; die Galerie Bernheim stellte sie
uns kürzlich vor. Alle diese —isten haben dies gemeinsam,
einen klangvollen Namen, den sie sich mit großem Bedacht
und unter Mithilfe der besten Dichter ihrer Zeit selber
geben (ist nicht Name Schall und Rauch?), wechselseitige
Desavouierung, die großen Formate, die Sucht, die mangel-
hafte Auffassungsgabe des Publikums durch weitläufige
Programmschriften ästhetisch-philosophisch-antihistorischen
Inhalts zu unterstützen. Die Synchronisten — vorläufig

erst ihrer zwei, ihrem Namen zufolge Amerikaner oder
Engländer — lösen alle Farbwerte prismatisch auf. Eine
Farbe dominiert im Bild, meist Gelb oder Blau, die anderen
Farben des Regenbogens zwischen Rot und Violett um-
tanzen sie ähnlich wie ein Ballett die Prima Ballerina.
Form ist für sie nicht Aufbau in Linien und Flächen, son-
dern Gleichgewicht einer Gesamtheit von Farben. Musika-
lische Begriffe spielen dabei eine große Rolle. Müßte man
sich also eigentlich diese Bilder, damit sie ihre ganze
Wirkung täten, durch ein Orchester vorspielen oder durch
ein Ballett vortanzen lassen, so ist doch ersichtlich,
daß es diesen Neuesten vor allem wieder auf Sinnenfreude
in der Malerei ankommt. Sie sind zwar ebenso aus-
schweifend subjektiv wie die bisherigen Vorkämpfer der
geistigen Richtung in der Kunst. Sollte sich durch sie ein
Rückschlag ankündigen? Sie streben, dem Vorwort ihres
Katalogs zufolge, eine Terre ä terre-Kunst an. Dieses Wort
tut ordentlich wohl nach all den Höhenflügen ins Abstrakte
der letzten Zeit.

Straßburg i. E. Elsässisches Kunsthaus. Neu aus-
gestellt ist eine Kollektivausstellung von Professor Georg
Daubner. Sie zeigt außer 26 Landschaftsbildern, deren
Motive meist der Umgebung von Straßburg und dem
übrigen Elsaß entnommen sind, zahlreiche Entwürfe zu
Bühnenbildern. Der Künstler steht seit 1902 dem Atelier
für Theaterdekoration des Straßburger Stadttheaters vor und
hat dafür zahlreiche Entwürfe gefertigt. Die ausgestellten
Stücke sind meist neuere Arbeiten, Dekorationen zu Faust,
Orpheus, Rheingold, Die Rose vom Liebesgarten und Parsival.

Krakau. Am 19. Oktober, am Tage der Völkerschlacht
bei Leipzig, ist in Krakau eine Ausstellung zu Ehren des
Fürsten Joseph Poniatowski eröffnet worden, der in dieser
Schlacht gefallen ist. Fürst Poniatowski ist einer der
populärsten und geliebtesten Helden Polens. Außerdem
ist er eine Persönlichkeit, die, wie keine andere, den Stil
ihrer Zeit vertritt; der Anfang des 19. Jahrhunderts in
Polen ist mit der Person des Fürsten Joseph unzertrenn-
lich verbunden. Dies erklärt, warum die Ausstellung nicht
nur eine persönliche und nationale, sondern auch eine
historisch-künstlerische Bedeutung besitzt. Es gelang dem
Vorstand der Ausstellung, einige Möbel aus dem Warschauer
Palast des Fürsten und verschiedene andere Gegenstände,
die sich in seinem Besitze befanden, zusammenzubringen
um dadurch wenigstens zum Teil seine künstlerische Um-
gebung zu rekonstruieren. Besonders wichtig ist die Samm-
lung der Porträts des Fürsten und auch anderer Persön-
lichkeiten, mit denen er im Verkehr stand, und dann auch
die überaus reiche Sammlung der Graphik, die den Fürsten
und die Ereignisse aus seinem Leben zum Thema hat. —
Das Ausgestellte erschöpft übrigens keineswegs alle noch
erhaltenen Gegenstände, die auf Poniatowski Bezug haben.
Eine sehr schöne Sammlung solcher Gegenstände besitzt
u. a. das Historische Museum in Leipzig.

Riga. Im Städtischen Museum findet zurzeit eine
Gebhardt-Ausstellung statt, die sowohl aus Deutschland,
wie aus dem Inlande recht reich beschickt ist. Der Katalog
umfaßt 63 Nummern. Aus dem Inlande sind vorzugs-
weise Porträts und auch einige Frühwerke des Künstlers
zur Ausstellung gekommen, die in Privatbesitz bisher ein
fast ungekanntes Dasein führten. Unter diesen ist der
erste Entwurf für das Revaler Dombild von größerem
Interesse, da er noch völlig unter dem Eindruck der Werke
der niederländischen Meister steht, die er sogar in der
Farbe zu erreichen sucht. Die Ausführung ist davon schon
völlig frei und zeigt Gebhardts Eigenart bereits in vollem
Umfange. n.
 
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