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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Bernath, M.: Die Altman-Sammlung im Metropolitan-Museum in New York
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Verschiedenes / Inserate
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179

Nekrologe

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der Sammlung W. Drury Lowe zu Locko Park, vergl.
Allgem. Künstlerlexikon, Bd. VII, Artikel Cossa) usw.
Zwei Bilder der Sammlung werden dem Velazquez
zugeschrieben, ein »Christus mit den Jüngern in Emaus«
(aus dem Besitz von Don Manuel Soto) und das Bildnis
des jungen Philips IV. von Spanien aus der Villa-
hermosa-Kollektion.

Was Altman an Skulpturen zusammengebracht hat,
gehört ebenfalls zum Besten. Zwei Madonnenreliefs
von Donatello, das eine in Terrakotta, das andere
in Stuck aus den beiden Kann-Sammlungen, drei Büsten
von Mino da Fiesole, darunter der entzückende
jugendliche Johannes der Täufer aus der Spinelli-
Sammlung, zwei Antonio Rossellinos mit der
feinen Madonnabüste der Hainauer-Sammlung und eine
sehr schöne Halbfigurenmadonna mit dem Christus-
kind von Luca della Robbia aus dem Besitz der
Familie Nobili in Florenz wären hier zu nennen. An
kunstgewerblichen Gegenständen hat Altman italieni-
sche Bronzen, meistens aus der Hainauer-Sammlung
stammend, den dem Benvenuto Cellini zuge-
schriebenen »Rospigliosi-Becher«, Limoges-Emaillen,
geschnittene Bergkristalle, alte persische und indische
Teppiche, eine der schönsten existierenden Sammlungen
von altem chinesischen Porzellan (466 Nummern)
u. a. hinterlassen.

Was die Altman-Sammlung vor allem charakteri-
siert, ist die durchwegs hohe Qualität der Objekte.
Es lag ihrem Gründer nicht so sehr an kunst-
geschichtlicher Vollständigkeit, als an einer Sammlung
auserlesener Meisterwerke, die dem Laien vielleicht
noch mehr Genuß als dem Berufskunsthistoriker boten.
Beraten von maßgebender Seite, ist es Altman, dem
kolossale Mittel zur Verfügung standen, gelungen,
dieses Ideal in einer kurzen Spanne Zeit in hohem
Maße zu verwirklichen. Daß er seine herrliche Samm-
lung einem öffentlichen Museum vermacht hat, wird
seinem Namen für alle Zeiten Ehre machen.
_ M. BERNATH

NEKROLOGE
Ignatius Taschner f. In seinem biderben Hause in
Mitterndorf bei Dachau starb am 25. November 1913 drei-
undvierzigjährig Ignatius Taschner an einer Herzlähmung.
Er starb inmitten eines erfolgreichen Lebens, das nicht vielen
so beschieden war. Taschner, der 1871 in Kissingen ge-
boren war, seine erste künstlerische Bildung in Schwein-
furt als Steinmetz erhalten und dann von 1889 bis 1896 die
Münchener Akademie besucht hatte, erhielt bereits 1895
einen Monumentalauftrag, den für das Würzburger Krieger-
denkmal, erwarb mit den bemalten Holzskulpturen, mit
denen er alsbald hervortrat, rasch eine ungewöhnliche Po-
pularität und erhielt schon 1903 einen Ruf an die Breslauer
Kunstgewerbeschule, gab aber die Stelle, von der er mit
seinem ungebrochenen, behaglichen und universalen Ver-
gnügen am künstlerischen Milieu erfrischend auf das schle-
sische Kunstleben gewirkt hatte, bald wieder auf, da er
der zahllosen Privataufträge, mit denen man ihn überlief, nicht
Herr werden konnte, und siedelte 1905 nach Berlin über.
Dort haben ihn zwei für das neue Berlin wichtige Archi-
tekten, Messel und Ludwig Hoffmann, für die plastische
Zierung ihrer Bauten gewonnen, und Taschner hat in dem
knappen Jahrzehnt, das ihm von der Übersiedelung nach
Berlin noch bleiben sollte, fast jedem neuen öffentlichen

Werk Messels und Hoff manns und auch Werken anderer Ar"
chitekten als Steinbildhauer seine Hilfe geliehen: dem Kauf-
haus Wertheim, dem märkischen Museum und vielen anderen
Architekturen. Am glücklichsten arbeitete der Bildhauer
vielleicht an den plastischen Aufgaben, die ihm soziale In-
stitute wie Schulen, wie das Waisenhaus an der alten Jakob-
straBe in Berlin, wie das Irrenhaus in Buch stellten. Neben
derartiger Tätigkeit beschäftigten ihn noch viele Dinge: er
schuf den Märchenbrunnen am Friedrichhain, schuf Denk-
mäler — darunter einen Gustav-Freytag-Brunnen für Bres-
lau, ein Schillerdenkmal für St. Paul in den vereinigten
Staaten —, und darüber hinaus eine fast unübersehbare
Menge künstlerischer und kunstgewerblicher Kleinarbeiten.
Taschner war Steinbildhauer, Holzplastiker, Bronzeplastiker,
modellierte Plaketten und Medaillen, war Ofenkeramiker —
oder sagen wir ruhig Töpfer —, Architekt, Siegelschneider,
Buchbinder, Zeichner und Illustrator, insbesondere Holz-
schneider. Als Illustrator hat er Bilder zu Grimm, Musäus
und — man vergebe die Zusammenstellung — Ludwig
Thoma geschaffen, dem er auch ein Haus am Tegernsee
gebaut hat. Die Fülle der Betätigungen ist heute, in einer
Zeit speziellsten Ringens um intensive Sonderleistungen,
schier unbegreiflich. Sie mutet an wie aus einer anderen
Zeit. Sie mutet an wie ein Stück Renaissance oder eher
wie ein Stück Gotik. Es ist von vornherein sicher, daß
solche Universalität und solche hemmungslose Fruchtbar-
keit nur möglich ist, wo der Künstler auf wesentliche Quali-
tätsprobleme verzichtet. Die natürliche Produktionsstimmung
ist heute für den Künstler eine dissezierende Skepsis. Fast
keiner kommt heute ohne sie aus. Man muß sagen: leider.
Aber das ist nun so. Wer die vielfältige Problematik der
modernen Kunst empfindet, kann nicht ohne gewisse intime
Widerstände arbeiten, die seine Produktivität zugleich ver-
feinern und mehr oder minder zurückhalten. Was Tasch-
ner geschaffen hat, das ist trotz seines unleugbar unge-
wöhnlichen Talents nicht Kunst im höchsten Sinn. Das
zu behaupten, wäre, auch im Angesicht seines frischen
Grabes, gewissenlos. Was er schuf, war ungewöhnlich
gutes Handwerk. Was die Kunst als geistiges Element
heute bedeutet, das kam in diesem liebenswerten Schaffen
nicht zum Ausdruck. Das wollen wir uns offen eingestehen,
auch wenn wir es heute nicht leicht vermögen. Im Grunde
handelt es sich hier aber gar nicht um ein persönliches
Problem, sondern um ein historisches. Taschner kam einige
Jahrhunderte zu spät. In einer rein handwerklichen Ge-
barung, und erreiche sie wie bei Taschner den Gipfel
eines Geschmacks, ja eines Stils, nicht nur eines Könnens,
kann sich — das fühlen wir — unsere Zeit nicht erleben.
Darum liegt in jeder betonten Handwerklichkeit eine ob-
jektiv falsche Romantik. Und mehr. Das Handwerkliche
kann sich auch da, wo es aus den Händen einer unge-
meinen Arbeitsbegabung und Geschmacksbegabung her-
vorgeht, unmöglich ohne Rest entfalten, wenn eine Vor-
aussetzung fehlt, die nirgends so notwendig ist als beim
Handwerk: die unpersönliche Tradition. Taschner hat ge-
radezu aus einem Nichts heraus seine Art geschaffen, wenn
man nicht in gewissen halbkunstgewerblichen Arbeitern
wie Floßmann und Wrba Parallelen sehen will. Vielleicht
ließe sich auch sagen, daß das kleinbürgerliche Kunstidiorh
in München, einer kleinbürgerlichen Stadt, eine gewisse
natürliche Berechtigung besitzt und daß die kleinbürgerliche
Bewegung für »Heimatschutz« eine gewisse Folie schafft.
Aber im ganzen gilt doch, daß Taschner traditionslos ge-
arbeitet hat. Das hat einmal bewirkt, daß seinem Hand-
werk die letzte technische Durchbildung fehlt, die gerade
er bei seiner starken natürlichen Begabung leicht erreicht
hätte, wenn er eine lebendige Tradition vorgefunden hätte;
es hat zweitens bewirkt, daß sein handwerkliches Schaffen
 
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