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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0199

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Archäologische Nachlese

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wird von Orsi gemäß den Funden mit Bestimmtheit
der Urbevölkerung, nicht etwa den ersten griechischen
Ansiedlern, zugeschrieben. — Orsi hat auch am Vor-
gebirge Lakinion Grabungen unternommen, ohne
daß sich viel Neues bis jetzt über den Tempel der
Hera ergeben hat. Um den Tempel herum lag ein
Temenos aus Bauperioden der griechischen, römisch-
republikanischen und kaiserlichen Zeit, außerdem eine
Anzahl Ansiedlungen mit einer nicht unwichtigen früh-
römischen Thermenanlage. — In Cagliari auf Sar-
dinien wurde in der punischen Nekropole auf dem
Hügel nordwestlich der Stadt gegraben. Die den
karthagischen ähnlichen Gräber aus viereckigen Schäch-
ten, an die bergeinwärts eine kleine ziemlich rohe
Grabkammer sich anschließt, sind aus dem 5. Jahr-
hundert v. Chr. Die Leichen sind fast immer be-
stattet, sie lagen in Tücher gehüllt auf einer Schilf-
matte oder einer hölzernen Bahre mit dem Kopf ein-
wärts. — Am Gennargentu untersuchte Taramelli
die Spuren alten Kupferbergbaues. Die Wände der
Gänge und Schachte sind mit Feuer und dann mit
Porphyrhacken bearbeitet.

Geradezu phänomenal sind wieder die Funde aus
Südrußland, die in der üblichen erschöpfenden, mit
Illustrationen reich geschmückten Weise B. Pharma-
kowsky aufzählt. DerReichtum der auf dieser oder in dem
Boden Südrußlands ruhenden antiken Ruinen und Grab-
hügel scheint unerschöpflich, und es ist daher keine Be-
raubung Rußlands, wenn hie und da ein größerer
Fund auch ins Ausland wandert; denn die Museen
des großen Reiches werden diese Schätze bald kaum
mehr fassen können. Berlin hat bekanntlich einen
prächtigen Goldschatz aus Tschmyrew im taurischen
Gouvernement erworben. —

Auf der Tamanhalbinsel im Kubangebiete fand
W. W. Schkorpil auf dem Berge Sellenskaja in einem
schon im Vorjahr erwähnten Grabhügel eine aus Stein-
quadern erbaute Kammer mit neun, hauptsächlich aus
Gold bestehenden verschiedenen Schmuckgegenständen,
darunter eine goldene Fibel, deren Hauptseite ein
Medaillon von sehr reicher und schöner Ornamentik
bildet. In der Mitte ist ein syrischer Granat in Form
eines Satyrkopfes geschnitten. Goldperlenschnüre, in
feinster Filigrantechnik hergestellte Palmetten mit Stein-
schmuck, Glaspaste sind außerdem zum Schmuck ver-
wandt. — Aus dem Schutte des gleichen Grabhügels
sind außerdem angekauft worden: eine große rot-
figurige Amphora mit Amazonenschlacht, eine geriefelte
schwarzgefirnißte Amphora und ein rotfiguriger Teller
mit Fisch- und Tierdarstellungen. Ein weiterer aus
demselben Hügel ausgegrabener Grabtumulus ergab
17 einzeln aufgeführte wertvolle Funde, darunter ein
überaus feines Goldfigürchen einer Sirene, welche die
Doppelflöte bläst, Teile von Goldkränzen und Gold-
kolliers, eine ganze Anzahl ganz prachtvoller reich-
geschmückter oder seltsam geformter Silbergefäße usw.

In Panticapäum (Kertsch) grub ebenfalls W. W.
Schkorpil und entdeckte zwei interessante Kammer-
gräber im Norden des Mithridatesberges. Das eine,
ein christliches Grab, hat einen kreuzförmigen Plan, das
andere, spätrömische, trägt Reste von Malerei (Krieger-

figuren), die direkt auf die Felsen ohne Stuck aufge-
tragen sind. — In der Nekropole fand Schkorpil u. a.
(Pharmakowsky gibt schon eine Auswahl) eine größere
Anzahl Vasen, Terrakotten, Glas- und Bronzegegen-
stände und Münzen. Aus Kertsch stammen auch eine
Anzahl durch Ankauf von der Kaiserlichen Kommis-
sion erworbene Gegenstände, z. B. ein hölzerner Sar-
kophag mit zum Hereinschieben bestimmtem Sarg in
Hausform, eine Anzahl (sechs verschiedene Nummern)
Goldohrringe, Goldblechschildchen, goldener Kleider-
besatz, ein vergoldeter schöner Bronzekandelaber,
schwarz- und rotfigurige Vasen und interessante Terra-
kotten, endlich Inschriften.

In Olbia wurden zumeist in der alten Nekropolis
der Stadt von Pharmakowsky schöne Funde gemacht.
99 Gräber und ein Grabhügel, die meisten aus der
zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts, aber auch spätere
Gräber wurden gefunden. In guter Erhaltung kamen
zwei Gräber von einem schon früher beschriebenen
Typus zutage: ein viereckiger Schacht ist ausgegraben
und an diesen Schacht seitwärts eine viereckige Nische
in die Erde gebohrt, welche den Toten barg und mit
Spitzamphoren geschlossen wurde. Dabei fanden sich
auch Gräber der gewöhnlichen Typen, ferner auch
drei Steingräber mit Deckeln in Form eines Sattel-
daches. Das Hauptgrab lag im Zentrum des Hügels
und war ein Schachtgrab vom Typus der alten my-
kenischen Schachtgräber, der in Olbia seit der archai-
schen Zeit nie verschwand. Die nicht sehr zahlreichen
Funde aus dem Grabe verweisen es trotz der alten
Form in die hellenistische Zeit. — Von sonstigen
Funden aus der archaischen Nekropole sind zu er-
wähnen: ein Tonsarkophag und zwei höchst merk-
würdige Alabastervasen, deren Füße drei Frauenfiguren,
einmal in Mänteln, das andere Mal nackt, welche auf
Löwen oder Pferden sitzen und auf den Köpfen Lotos-
blüten tragen, bilden. Auf dem Deckel sind einmal
Gruppen von Löwen, welche verschiedene Tiere zer-
reißen, und in der Mitte wahrscheinlich zwei Affen
dos-ä-dos, das andere Mal eine auf dem Thronsessel
sitzende Göttin, um die drei nackte Männer in archai-
schem Laufschema galoppierende Pferde führen, dar-
gestellt. Des weiteren gehört auch eine ähnliche Ala-
bastervase in diesen jonisch-archaischen Skulpturstil,
der auf Naukratis weist. Außerdem stammen noch
aus der Nekropole: zwei Paar große goldene Ohr-
gehänge aus der Mitte und der zweiten Hälfte des
6. Jahrhunderts v. Chr., ein Bronzespiegel und eine
ganze Reihe, jede in ihrer Weise interessanter schwarz-
figuriger Vasen und archaischer attischer Schalen auf
hohem Fuß. — Von Gegenständen aus der Nekropole
von Olbia wurden auch angekauft fünf schwarzfigurige
Vasen verschiedener Form, goldene Anhänger, ein
Bleigewicht, eine Reihe Bleifiguren und ein feinge-
schnittener Sardonyx. — In der Stadt Olbia wurde
das südlicher gelegene Areal fertig ausgegraben und
dabei ein Mosaikfußboden freigelegt. Die weitere
Ausgrabung von Straßen und Häusern ergab, daß ein
ziemlich großer Stadtteil vom Flusse Bug zerstört
wurde und viele Bauten sich jetzt unter dem Wasser
des Flusses finden müssen. Unter dem Einfluß der
 
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