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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Der Umbau in der Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0206

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 26. 20. März 1914

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seeman n, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DER UMBAU IN DER NATIONALGALERIE
Die Einbauten im Erdgeschoß der Kgl. National-
galerie zu Berlin sind nunmehr beendet, und die neu-
geschaffenen Säle konnten der Öffentlichkeit übergeben
werden. Dreizehn Räume sind entstanden. An jeder
Seite des Gebäudes liegen vier mittelgroße Säle, und
die Apsis teilt sich in fünf wohlproportionierte Kabi-
nette. Die eine Reihe gehört den Deutsch-Römern
Böcklin, Feuerbach, Marees, die andere dem Kreise
Leibis und Liebermanns. Die Kabinette füllen Menzels
Werke.

So entstand eine klare Disposition, die im Grundriß
bereits den Stoff gliedert und den Besucher sicher
leitet. Und es kommt hinzu, daß die Einheitlichkeit
jeder Raumgruppe durch die gleichartige Behandlung
betont wurde, um so die Zusammengehörigkeit der
künstlerischen Richtungen zum Ausdruck zu bringen.
Die Westseite des Gebäudes, die früher die Skulp-
turenhalle einnahm, gehört jetzt den Deutsch-Römern.
Die Säulenstellungen sind durch eingezogene Wände
verdeckt, und es entstehen drei gleich große Räume,
von denen die beiden ersten die nun stattlich ange-
wachsene Böcklinsammlung aufnehmen. Die Tür
zwischen diesen Räumen, oder vielmehr der breite
Durchgang, den ja ein Säulenpaar verkleidet, ist hier
nicht wie sonst nahe der Fensterwand gelegt, sondern
nach der Mitte verschoben, um die Zusammengehörig-
keit zu betonen. So entsteht ein Durchblick, und
der Beschauer gewinnt Raum, um die beiden größten
Bilder, die Gefilde der Seligen und die Beweinung
Christi, zurücktretend aus genügender Entfernung zu
genießen. Durch diese Anordnung unterscheiden sich
die beiden ersten Räume wohltuend von dem folgen-
den Feuerbachsaal, der allzu schmal und langgestreckt
wirkt. Auch für die Beleuchtung der Langwände ist
die große Tiefe nicht von Vorteil, und es ergab sich
die Notwendigkeit, die Bilder schräg zu stellen, um
ihnen genügendes Licht zu geben. Das nimmt wiederum
der Wand im ganzen etwas von ihrer Geschlossenheit
und Ruhe. Man müßte es tadeln, handelte es sich
um ein neues Gebäude. Aber die Raumverhältnisse
waren durch den bestehenden Bau gegeben, und es
blieb nichts übrig, als die vorhandene Tiefe nach
Möglichkeit auszunützen, da Behangfläche gewonnen
werden mußte.

Diesen ersten drei Sälen folgt der Mareesraum,
der sich in zwei Teile zerlegt. Die ursprüngliche
Anlage führte zu dieser Gruppierung, und es ist aus
der Not eine Tugend gemacht worden, indem das
rückwärtige Raumkompartiment durch Stufen erhöht
und zu einer tiefen Nische gemacht wurde, in deren
Hintergrund das Triptychon des Parisurteils Platz
fand. An den weißvertäfelten Seitenwänden hängen

ein paar Zeichnungen von Marees und Feuerbach.
In dem Vorraum sind die übrigen Gemälde unter-
gebracht, vor allem die gro Ben Entwürfe zu den
Wandgemälden des Neapler Aquariums. Mit der
Aufstellung dieses Schatzes von Werken des Hans
von Marees, die schon seit einer Reihe von Jahren
in der Nationalgalerie lagern, ist einem langgehegten
Wunsche aller Berliner Kunstfreunde endlich Genüge
geschehen, und es ist eines der größten Verdienste
dieser Neuordnung, daß Marees nun gleichberechtigt
neben seinen Gesinnungsgenossen steht. Im einzelnen
wird hier noch zu bessern sein. Die Dekoration der
Nische, in der das Triptychon steht, spricht noch zu
laut. Das Gold wird gedämpft werden. Aber der
festliche Charakter dieser Reihe mit den roten Wand-
stoffen, den vorsichtig abgestimmten Goldornamenten
und dem vornehm wirkenden Marmorfußboden stimmt
zu dem Charakter der Kunstwerke und fügt sich
zugleich der architektonischen Haltung des Gebäudes
sehr wohl ein.

Der Besucher, der diese vier Räume durchwandert
hat, gelangt nun in eine andere Welt. Von Böcklin
zu Feuerbach, von Feuerbach zu Marees ist der Weg
nicht weit, von hier zu Menzel führt keine Brücke,
und die Architektur ist dafür gleichsam ein Symbol.
Acht Stufen führen hinauf zu fünf kleinen und niederen,
ovalen Räumen, die schräg zu einander orientiert
sind und mit verschieden angeordneten Türen male-
rische Durchblicke gewähren. Ein schönes Grün be-
kleidet die Wände. Das Gold der Ornamente und
der abgerundeten Türrahmen ist leuchtender, spricht
lauter mit, und die größere Zahl der Rahmen um die
kleineren Bilder verstärkt den Eindruck einer fest-
lichen Pracht. Man erkennt die alte Apsis mit ihren
unwirtlichen Kabinetten, in die man nacheinander aus
einem halbdunklen Zentralraum direkt gegen das
blendende Licht der hohen Fenster eintrat, nicht wieder
in diesen wohlproportionierten Ovalen. Der Fuß-
boden ist bedeutend höher gelegt worden, und zu-
gleich sind wie in allen übrigen Räumen die Decken
niedriger gezogen, um die schachtartige Form der
allen Apsidenkabinette auf ein wohnliches Maß zu
bringen. Zudem ist in der Höhe leicht gewechselt,
um nach der Mitte eine Steigerung zu erzielen, wo
nun ein Ehrenraum entsteht, dessen rückwärtige Nische
die Menzelbüste von Begas einnimmt. Die ovale
Form der Kabinette ergab sich aus der Rücksicht-
nahme auf die Lichtführung, und zugleich entstand
damit eine für die Werke Menzels besonders geeig-
nete Raumbildung, die aber verständigerweise nicht
zu spielerischen Effekten genutzt wurde, wie es nahe-
gelegen hätte, da der Gedanke an Räume des 18. Jahr-
hunderts leicht wachgerufen wird. Es ist sehr zu
 
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