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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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439

Vereine — Vermischtes — Literatur

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noch H. S. Behams Holzschnitte von 1531 auf das Floren-
tiner Vorbild zurückgehen.

Im Anschluß hieran teilte der Vortragende noch eine
kleine Entdeckung mit, die einen neuen Beleg für die Ver-
wendung Dürerscher Motive in Italien bringt. Auf
der rechten Bronzetür der Pisaner Domfassade.findet sich
im untersten (rahmenden) Felde links das Relief eines
Rhinozeros, das eine getreue Kopie des Dürerschen Stiches
mit dem Rhinozeros (von 1515) darstellt. Dieses Bronze-
relief der Schule Giovannis da Bologna bietet also eine
interessante Parallele zu dem letzthin von Harry David und
Vittorio Spinazzola behandelten (im Gegensinne gegebenen)
Rhinozerosrelief aus Marmor im Museum Nazionale zu
Neapel.

Schließlich sprach Dr. Walther Biehl über >Roma-
nische Plastik im Gebiet von Lucca«, und legte eine^Reihe
von Aufnahmen unpublizierter Monumente vor. Der Vortrag
wird an anderer Stelle wiedergegeben werden.

VEREINE

Straßburg i. Eis. Um Handel, Industrie und Kunst
moderne Reklame in künstlerischer Form darzubieten, haben
sich fünf elsässische Graphiker: Rene Allenbach, Adolf
Graeser, Eugen Holtzmann, Philipp Kamm und Henri
Solveen vereinigt. Die neue Vereinigung ^hat die Be-
zeichnung »Hik« (Handel, Industrie, Kunst) angenommen.

VERMISCHTES

Die Künstlerschaft Österr.-Schlesiens, die in dem

Direktor des schlesischen Landesmuseums in Troppau,
Dr. E. W. Braun, einen ihrer hervorragendsten Förderer
schätzt, hat in den letzten Tagen den Genannten in Wür-
digung seiner allgemein anerkannten Verdienste, die er
nicht nur um das seiner Leitung anvertraute Museum, son-
dern um das ganze Kunstleben Österr.-Schlesiens sich er-
worben hat, durch eine von Adolf Zorazila (Mitglied der
Wiener Sezession) künstlerisch mit reizvollen Aquarellen
ausgestattete Adresse geehrt. Die Adresse hebt hervor, daß
der Zweck und die Aufgabe eines Museums es nicht nur
sei, ein totes Inventar von Kunstwerken anzulegen, tote
Schätze vergangener Kunst aufzuhäufen, sondern durch
künstlerische Veranstaltungen immer wieder anregend zu
wirken und Künstler und Publikum zu erziehen, damit man
aus dem Vergangenen zum Nutzen der Gegenwart lerne.
Dieser Aufgabe sei Direktor Braun, der aus allerbeschei-
densten Anfängen das Franz-Josef-Museum in Troppau zu
einem kostbaren Besitz des Landes und zum Mittelpunkt
des schlesischen Kunstlebens ausgestaltet habe, in jeder
Weise nachgekommen. Seiner Tätigkeit verdanke das Land
die Erhaltung zahlreicher bedrohter Kunstwerke, seinem
Einfluß verdanke die Künstlerschaft, daß bei allen größeren
modernen Bauwerken stets Künstler in erster Linie zur
Mitarbeit zugezogen wurden. A.R.F.

LITERATUR

Otto A. Weigtnann, Sion Longley Wenban. Kritisches
Verzeichnis seiner Radierungen mit einem Bildnis und 76 Ab-
bildungen. Leipzig, Klinkhardt & Biermann, gr. 8°, 1913,
geb. M..30.

Wenban war der Typ eines Stückchens Künstlermisere,
wie sie eigentlich nur in Romanen vorkommt. Ideale Ver-

anlagung hatten ihn getrieben, sich vom Photographen zum
Künstler durchzuringen. Materielle Sorgen haben ihm die
Vollendung des Schrittes fast unmöglich gemacht. Die
Anerkennung der Zeitgenossen erreichte ihn erst, als er
auf seinem letzten Krankenbett lag. Jetzt, sechzehn Jahre
nach seinem Tode, ist er berühmt genug geworden, daß
man es wagen kann, ein dickes Buch allein ihm zu widmen.
Sein Schicksal ist einfach die Materialisierung von Menzels:
»Künstlers Erdenwallen«. Wenbans Bedeutung liegt darin,
daß er, zu einer Zeit als selbst Peter Halm sich nur schüch-
tern mit der Originalradierung hervorwagte und in der
Hauptsache sich durch Reproduktionen erhielt, es unter-
nahm sich ganz der Originalarbeit und zwar der intimen,
nicht zurechtgestutzten und romantizierten Landschaft zu
widmen. Das war noch vor der Zeit, da Klinger durch seine
Aufsehen erregenden Werke das Interesse für Graphik er-
weckt hatte. Heutzutage gibt es zahllose Sammler und
solche die 10000 Mark für ein modernes Blatt zahlen: da-
mals traf man leichter zehntausend Menschen an, die nicht
eine Mark für eine Radierung zu zahlen bereit waren. Der
Mut,der in Wenbans Stellungnahme lag, und die Propaganda,
die dadurch auch er geschaffen hat, sind vielleicht seine
Großtaten: sein Werk selbst tritt dem gegenüber ins
Hintertreffen. Er war kein genialer Meister der Linie, und
von der Photographie, — in seiner Naturanschauung, —
sowie von der Federzeichnung, — in seiner Strichführung,
— hat er sich nie ganz frei gemacht. So paradox es klingen
mag, — ihm fehlte das große Vorbild zum Anlehnen; die
Kenntnis des Meisters, dessen Konvention ihm mit einem
Schlag ein Ziel klargelegt hätte, das selbst zu finden er
doch nicht vermochte. Hätte er nur die Einladung Bachers
nach Venedig, zu Whistler, angenommen! Er wäre gewiß
aus der Spur herausgekommen, in die er sich festgefahren
hatte, und die zu einer freien, geistreichen Entfaltung seiner
Kräfte nicht führte. Er hat sich zwischen zwei Stühle gesetzt
und bezwang weder die Eleganz und das feine Stilempfinden
der Engländer, noch die wuchtige, gewaltige Linie der
größten Franzosen.

Immerhin ist sein Schaffen nicht zu verachten und es
fesselt heute schon die Graphik-Sammler in hohem Maße.
Daher ist der vorliegende, überaus sorgfältig gearbeitete
Katalog eine willkommene Gabe. Dr. Weigmann zählt
371 Platten auf: darunter sind aber sämtliche Versuchs-
arbeiten, die nie in den Handel kamen und nie dahin ge-
langen können, mit eingestellt. Das künstlerische Oeuvre
wird sich auf beiläufig hundert Blatt stellen; die 76 Abbil-
dungen geben einen ausreichenden Begriff davon. Ich be-
daure nur, daß sie in Gestalt von Lichtdrucktafeln, die
immer schmierig und freudlos ausschauen, geboten sind.

Mit diesem Band leitet Dr. Weigmann seine Folge
»Neuere Malerradierer« vortrefflich ein, zu der wir ihm
und uns Glück wünschen. Die Ausstattung und die An-
lage sind etwas anders als jene des Delteilschen »Peintre
graveur illustre«, darum aber nicht schlechter. Hoffen wir,
daß der Folge zum mindesten der gleiche Erfolg beschieden
wird. Dazu ist vor allem nötig, daß für die nächsten Bände
große und aktuelle Namen herausgesucht werden. Mangel
daran ist nicht vorhanden. Ein Kalckreuth-Katalog tut not;
Greiner, Fischer, Koepping, Thoma, Ubbelohde sind ein
paar nicht minder wichtige Künstler. Mögen sie alle und
noch mancher andere in dieser neuen Serie erscheinen!

Prof. Dr. Hans W. Singer-Dresden

Inhalt: Hugo Graf t ; Hubert von Herkomerf. — Personalien. — Wettbewerb des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein. — -
Denkmal in Dresden. — Ausstellungen in Berlin. — Berliner Kaiser-Friedrich-Museum; Museum der bildenden Künste in Leipzig,
historisches Institut in Florenz. — Graphiker-Vereinigung in Straßburg. — Vermischtes. — Weigmann, Sion Longley Wenban.

Verantwortliche Redaktion^Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann in Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., g.m.b. h., Leipzig
 
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