Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0274

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
529

Sammlungen

530

Alberti, das Bildnis des Herrn von Huhn (mit dem geteilten
roten Bart), eine kleine Ansicht aus Venedig aus dem Be-
sitz der Gräfin Alberti, ein Porträt der Frau von Keller,
die »Akanthusbank«, das »Residenztheater«, eine Bildnis-
studie aus der Galerie Wirth-Lindemeyer, die verschiedenen
Versionen der »kleinen Pariserin«. Ein großer Teil des
ganzen Restes erscheint mir künstlerisch ganz nichtig.
Namentlich die letzten Sachen — Bildnisse der Ellen Richter
und andere pseudophantastische oder quasielegante Damen-
bildnisse — sind malerisch so entsetzlich roh, daß sie über-
haupt außerhalb jeder Debatte stehen. Roh im rein
materiell-malerischen Sinn. Denn von einer ins Geistige
gekehrten malerischen Übersetzung der Wirklichkeit ist bei
Keller überhaupt nie die Rede gewesen: trotz allen Bonmots
und allem Spiritismus und aller angeblichen Psychologie.
Auch die guten Sachen sind fast ausnahmslos in einem mate-
riellen Sinn malerisch qualifiziert. Sie bestechen irgendwie
physisch, nicht im höheren Sinne künstlerisch. Sie bestechen
durch die Pracht ihres Emails. Nur ganz selten hört man
Geistiges herausklingen: in einigen frühen Damenbildnissen,
die den äußeren und den inneren Reiz der Miniatur haben,
und in den — bezeichnenderweise unterschätzten — land-
schaftlichen Sachen, in denen Keller in glücklicher Ent-
fernung von jeder brillanten Absicht einfach eine reine An-
schauung und ein schönes Naturgefühl von leiser, angenehm
verschlossener Lyrik ausspricht. Die halb spiritistischen
Kreuzigungsvisionen sind in ihrer beabsichtigten Geistigkeit
unerträglich, die neuesten Bildnisse und Akte kümmerlich
oder gewöhnlich. Man begreift kaum, wie Keller dahin
kommen konnte. Die Vollendung der Logik seiner ur-
sprünglichen Begabung hätte zwar immer nur Begrenztes
geben können: kleinmeisterlich Genremäßiges mit einem
Stich ins Galante, Boudoirmäßige, ins pikant Witzige. Feine
gemalte Konversation. Aber nicht einmal diese Logik scheint
in seinem Oeuvre vollendet. Sie ist zugunsten von An-
sprüchen preisgegeben, die — wie das Visionäre in einer
gewissen Periode Kellers — weit über seine Möglichkeiten
hinausgehen und darum im höchsten Maß kläglich wirken,
oder die — wie die Bildnisse der späteren Zeit — einfach
das konventionelle Bedürfnis decken und einen gesellschaft-
lichen Ruhm, aber nicht den Ruhm des wahren Künstlers
eintragen. Hier liegt wohl überhaupt das letzte Problem
dieser Malerei. Ich habe den Eindruck, daß hier ein
Talent, dem feine Möglichkeiten versprochen waren, unter
dem unseligen Einfluß gesellschaftlicher Konventionalität
zugrunde ging. Ich spreche diesen Gedanken und meine
Abneigung gegen den größten Teil dieser Malerei hier um
so entschiedener aus, als diese Ausstellung in München
aufs neue genau so Überschätzungen des Malers hervor-
treibt, wie es das neue Kellerkabinett in der Neuen Pina-
kothek getan hat. w.h.

Magdeburg. Die Aprilausstellung des Kunstvereins
machte vor allem mit den neuesten Schöpfungen Ludwig
v. Hofmanns bekannt, die deshalb besonders interessant sind,
weil man deutlich sieht, wie der Künstler sich bemüht,
mit dem Stil der neuesten Kunstrichtung gleichen Schritt
zu halten. Daß er dabei viel von seinem Wesen aufgeben
mußte, was dem Beurteiler seiner Kunst bis jetzt sympathisch
anmutete, ist nur natürlich. Wenn auch die Bestrebungen
der Jüngeren der Art Ludwig v. Hofmanns in manchem
entsprechen mögen — bei einer stilisierenden Einfachheit
die starke Vorliebe für die menschliche Figur in ihren
mannigfachen Bewegungen und Stellungen, das Weglassen
jedes Details und die nur andeutungsweise Wiedergabe
des Schauplatzes und der Landschaft —, so liegt doch in
diesem bewußten Anpassen an eine andere Kunst eine
große Gefahr. So sind denn auch die neuesten Werke

v. Hofmanns nicht alle gleichwertig, in einigen streift er
bedenklich das Kunstgewerbliche, in anderen jedoch — ich
möchte nur die Hirten mit der Herde, die hohe Welle und
den Wettlauf der Knaben am Strande besonders erwähnen
— erscheint er von großer Kraft und alter Meisterschaft.
Von Erich Buchwald-Zinnwald war eine ganze Kollektion
seiner Landschaften zu sehen, die fast sämtlich das gleiche
Thema, die Ebene mit ganz wenigen einfachen Häusern
und dürftigen Bäumen, behandeln. Geht in einigen Bildern
die Einfachheit fast bis zur prosaischen Nüchternheit, so
berührt doch die Beherrschung der Technik, die mit breiten
und flüssigen Pinselstrichen arbeitet, sehr sympathisch. Der
letzte Saal war der modernen Graphik eingeräumt, die mit
Cezanne, James Ensor und Münch anfangend hauptsächlich
die Werke unserer Jüngsten, wie Scharff, Oppenheimer,
Nolde, von dem letzteren war ein prachtvolles Selbstbildnis
zu sehen, zeigte. Es fiel auf, war aber doch gewiß nicht
zufällig, daß diejenigen von den Jüngsten, die man zur-
zeit am meisten nennen hört, Kandinsky, Picasso und auch
Pechstein, am schwächsten wirkten. Aus der sonstigen
reichen Fülle des Dargebotenen möchte ich nur einige her-
vorheben; Derain, dessen reizvolle Blätter an die frühen
deutschen Stecher des 15. Jahrhunderts denken lassen, Henry
de Groux, der in der Wucht seiner Dramatik an Delacroix
und in dem symbolischen Gehalt an Rops u. a. erinnert,
Cuno Amiet, von dem ein paar feine Porträts zu sehen waren.

London. Der Burlington Fine Arts Club eröffnete
vorige Woche eine Ausstellung von Gemälden der venetia-
nischen Schule, welche als Nachtrag zu der im vergangenen
Jahre daselbst abgehaltenen Ausstellung zu betrachten ist.
Eine eingehende Besprechung dieser Ausstellung durch
G. Gronau wird demnächst in der »Zeitschrift für bildende
Kunst« veröffentlicht werden, wir können uns daher hier
auf diese kurze Note beschränken.

SAMMLUNGEN

London. Der soeben vom Victoria and Albert-
Museum veröffentlichte Bericht über die wichtigsten Neu-
erwerbungen des Museums im vergangenen Jahre zeigt,
daß trotz der lächerlich unzulänglichen Summe, die jährlich
vom Parlament zum Ankauf von Kunstgegenständen be-
willigt wird, das Wachstum der in South Kensington an-
gehäuften Kunstsammlungen keineswegs beschränkt wird.
Der Patriotismus von Privatleuten, Vereinigungen und In-
stituten jeglicher Art bietet reichlichen Ersatz für den von
der Regierung bewiesenen Mangel an Kunstinteresse. Die
bloße Aufzählung und Beschreibung der in dem erwähnten
Berichte notifizierten Neuerwerbungen umfaßt 89 Quart-
seiten, und die Liste der Spender während des Jahres
1913 enthält nicht weniger als 268 Namen. .

Bei weitem die bedeutendste Neuerwerbung war das
vom National Art Collections Fund gestiftete Paar von
lebensgroßen chinesischen Marmorfiguren aus der Ming-
Periode, ähnlich den Figuren, welche vor den Gräbern der
Ming-Kaiser in Changping Spalier bilden. In europäischen
Museen ist kaum ihresgleichen zu finden. Die Figuren
stellen zwei koreanische Mandarinen vor, mit zylinder-
förmigen Hüten bedeckt, der eine mit einer Kassette, der
andere mit einer Papierrolle auf beiden Händen in Brust-
höhe ruhend. Die Behandlung der mit Ornamenten und
Blumen in Relief geschmückten Bekleidung erinnert an die
zur selben Zeit in Florenz und Venedig ausgeführten Arbeiten.

Höchst wichtig sind auch zwei Tufastatuen von sitzen-
den Figuren mit je einem offenen Buche im Schöße, und
mit Überresten einstiger Bemalung. Sie stammen offenbar
aus dem veronesischen Distrikt und dürften aus dem
 
Annotationen