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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0275

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531

Vermischtes — Literatur

532

14. Jahrhundert datieren. Ähnliche Figuren sind nur im
Museo Civico in Verona und anderwärts in der Stadt und
Umgebung von Verona zu finden. Die Behandlung der
Kostüme erinnert an die große Reiterstatue des Can Grande
della Scala.

Unter anderen Neuerwerbungen der Architektur- und
Skulpturabteilung sind ferner zu erwähnen: sechs Stukko-
reliefs aus der Alhambra in Oranada; eine englische ge-
schnitzte Holzpforte aus dem 16. Jahrhundert, aus Ipswich;
eine lebensgroße tirolische Madonnenfigur aus dem 16. Jahr-
hundert; ein nordostitalienisches Madonnenrelief aus der
romanischen Epoche, etwa gegen Ende des 12. Jahrhunderts;
eine weiße Marmorbüste eines Negerknaben, wahrscheinlich
von L. J. Roubillac; ein Marmorprophet von dem Altar des
Kölner Domes; eine schöne große Holzfigur des hl. Georg,
süddeutsche Arbeit; eine Sammlung koptischer ornamentaler
Steinarbeiten aus Saqqara und zwei chinesische Steinfiguren,
Bodhisattvas, wahrscheinlich aus der Zeit der Wei-Dynastie
(A. D. 386—549).

Fast ebenso reichlich ist der Zuwachs der Keramik-
abteilung, in der, von englischen Töpfereien abgesehen,
ein paar schöne Stücke Frankenthaler Porzellan, ein Fürsten-
berger Ansichtsbrett und eine ganze Anzahl von Stücken
von Han- und Sung-Töpfereien, Ming-Porzellan und korea-
nischen und persischen Keramiken zu erwähnen sind. Die
Erwerbungen von Zeichnungen und Drucken waren zu
umfangreich und in den Einzelheiten zu unbedeutend, um
hier aufgezählt zu werden.

Von außerordentlicher historischer Wichtigkeit sind die
stofflichen Neuheiten des Museums. Da ist vor allen
Dingen die selten umfangreiche Sammlung von Kostümen
aus dem 18. und 19. Jahrhundert, welche dem Museum
von der Firma Harrod geschenkt wurde. Einzelne Stücke
gehen bis zur Zeit Jakobs I. zurück; aber der Hauptreichtum
dieser Sammlung besteht aus Kostümen der Zeit von Ho-
garth bis Lawrence. Die Schuhe repräsentieren die Ent-
wicklung von fünf Jahrhunderten. Der wichtigste Ankauf
in dieser Abteilung war eine Serie von Petit-point-Wand-
gehängen, darunter ein herrliches und ganz ungewöhnlich
großes Stück aus der Zeit der Königin Elisabeth.

Daß die Buch-, Möbel-, Metall- und Holzabteilungen
nicht vernachlässigt wurden, versteht sich von selbst. Auch
die in einem Spezialgebäude untergebrachte indische Ab-
teilung erfreut sich reichlichen Zuwachses. Dieses indische
Museum verdankt der Großmütigkeit des Herrn Imre
Schwaiger eine Sammlung von 34 Reliefs und Architektur-
details der Graeco-Buddhistischen Schule von Gandara
(50 v. Chr. —250 A. D.). Sie sind sehr fragmentarisch und
haben durch Wetter und Zeit viel gelitten, aber genügend
gut erhalten, um den klassisch griechischen Einfluß auf
zentralasiatische Kunst klarzumachen.

London. Die Gräfin von Carlisle, derem Patriotismus
die National Gallery schon die »Anbetung der Könige«
von Mabuse, sowie sieben andere wichtige Bilder (darunter
ein Cranach, eine Rubens-Landschaft und ein Mazo-Bildnis)
verdankt, hat diesen Gaben das von Rubens um 1629—30
gemalte Bildnis des Grafen von Arundel zugefügt. Das
Bild war bisher auf ihrem Landsitze, Castle Howard.

VERMISCHTES
Der Berliner Opernhausneubau wird nunmehr nach
Ludwig Hoffmanns Plänen begonnen werden, nachdem
die erste Baurate durch das Abgeordnetenhaus in dritter
Lesung doch noch bewilligt worden ist. Wir betonten
hier bereits nach der Ablehnung in der zweiten Lesung,
daß kaum zu hoffen sei, dieses Hin und Her zwischen
Akademie und Ministerium, Abgeordnetenhaus und —
Hoffmann werde ein ganz großes Kunstwerk zeitigen.

Der Kompromißbau, der auf diesem Instanzenwege besten-
falls hätte entstehen können, wäre schwerlich Hoffmanns
Bau überlegen gewesen. Aber wer einmal hoffte, daß
Knobeisdorffs Opernhaus und Schinkels Schauspielhaus,
den Berliner Theaterbauten des 18. und 19. Jahrhunderts,
in dem neuen Opernhaus ein würdiges Seitenstück ent-
stehen würde, darf einer Enttäuschung entgegensehen.

LITERATUR

Emmanuel Fougerat, Hans Holbein. Paris, Librairie
Felix Alcan. 1914.
Noch immer ist Woltmanns längst veraltetes Holbein-
buch nicht durch eine moderne Biographie des Meisters
ersetzt. Neben der ungeheuren Sintflut der Dürerliteratur
nehmen sich die Schriften über Holbeins Leben und Werk
noch recht bescheiden aus, und während eine Reihe
wichtiger Aufschlüsse Dürers Schaffen in ein helleres
Licht rückt, ist Holbeins Bedeutung noch kaum mit Worten
umschrieben worden. Darum nimmt man erwartungsvoll
jedes neue Buch über den Meister zur Hand, und der
kleine Band der Serie »Art et Esthetique« glaubt sich selbst
damit am besten zu empfehlen, daß ein Porträtmaler sein
Autor ist, »der nun einmal dem Publikum mitteilen wird,
was er sonst nur dem Ohr eines Kameraden bei einem
Museumsbesuch anzuvertrauen pflegt.« Aber es wird auch
in diesem Buche kein Geheimnis enthüllt. Die bekannten
Daten werden mitgeteilt und zwischenhinein bewundernde
Beschreibungen der Bilder gegeben. Schließlich legt man
das Buch aus der Hand mit der Frage, ob dazu wirklich
ein Maler die Feder bemühen mußte, denn in seinem
Werk erkennt man nicht viel mehr als einen Dilettanten
der Kunstgeschichte. Und füglich bezweifelt man, ob
Emmanuel Fougerat der rechte Mann sei, uns Holbeins
Größe begreifen zu lehren, wenn man liest, daß er in dem
Basler Familienporträt das ganze Ideal Henners verwirk-
licht findet, alles, worum dieser sich solange bemüht habe.
Es ist kein Druckfehler, der Name ist zweimal wiederholt:
»notre delicieux Henner«. Glaser.

Hermann Schmitz, Katalog der Glasgemälde im Berliner
Kunstgewerbemuseum. Berlin, Julius Bard, 1913.
Der neue Berliner Katalog beschließt die Reihe der
Glasgemälde-Kataloge, die in den letzten Jahren erschienen
sind, und ist, sowohl was Umfang wie Inhalt anbelangt, der
bedeutendste. In zwei großen reichausgestatteten Bänden
werden nicht nur die Mehrzahl der im Berliner Museum
vorhandenen Stücke in vorzüglichen Abbildungen vorge-
führt, sondern daneben auch eine große Menge anderer
Werke in Museen und Kirchen in dem einführenden Teil,
der einen sehr umfangreichen Abriß der Geschichte der
Deutschen Glasmalerei bringt. Es wird für jeden, der sich
nicht speziell mit dem Thema befaßt hat, eine große Uber-
raschung gewesen sein, zu sehen, welch ungeheures Ma-
terial bisher der Forschung fast verborgen geblieben ist.
Nicht nur für die Geschichte der Glasmalerei sind hier
bedeutende Resultate gewonnen, sondern auch verwandte
Gebiete der Malerei und der Graphik werden aus der Ar-
beit von Schmitz einen großen Gewinn ziehen, nachdem
hier an der Hand eines umfangreichen Vergleichmaterials
die nahen Beziehungen, die zwischen all diesen Zweigen der
Kunstgeschichte bestehen, ad oculos demonstriert worden
sind. In der romanischen und gotischen Periode sind die
Glasmalereien neben den Wandgemälden ja die wichtig-
sten Zeugen alter Malkunst, und noch im 15. Jahrhundert
sind sie zur Ergänzung der Tafelmalerei so wichtig, daß
man sich wundert, wie wenig sie bisher von den Spezia-
listen für Malerei beigezogen worden sind. Woran eigent-
lich schon wegen der urkundlichen Belege nie gezweifelt
werden durfte, das hat eine neue Bestätigung erfahren:
 
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