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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Ausstellungen

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den Meister zu bestimmen. Unsere Vorstellung vom Wesen
der pfälzischen Barockmalerei wird dadurch wichtige Be-
reicherungen erfahren. Es ist dies nicht unwichtig, da zur-
zeit ja die Möglichkeit vorhanden ist, auf der retrospek-
tiven Ausstellung in Darmstadt eingehendere Studien über
die Barockmalerei überhaupt anzustellen, wobei gerade
die Heidelberger Ausstellung wertvolle Ergänzungen bietet.

In dem monumentalen, von dem Heidelberger Barock-
baumeister Adam Breunig im Jahre 1712 erbauten Treppen-
hause der jetzigen städtischen Sammlungen hängen Por-
träts pfälzischer Kurfürsten. Johann Georg Ziesenis
ist mit den Bildnissen Karl Theodors und Elisabeth Au-
gustes (1758 gemalt) vertreten. Vom gleichen Meister fin-
den wir hier noch die Porträts des Reichsgrafen Karl Ludwig
von Löwenstein-Virneburg und Gemahlin vom Jahre 1745.

Unter den auf dem Vorplatz des ersten Stockes befind-
lichen Bildern verdient das Porträt des Patriziers Christoph
Fürer von Haymendorff, von Lorenz Strauch gemalt, be-
sondere Erwähnung.

Die Sammlungsräume des ersten Stockes seibot sind
in geschmackvoller Weise völlig neu hergerichtet und dem
Charakter der in ihnen ausgestellten Bilder entsprechend
gestimmt. Zimmer 1 mit Bildnissen des 15. und 16. Jahr-
hunderts erhält durch die Aufstellung des frühen Riemen-
schneideraltares seine Note. Außer den bezeichneten Por-
träts von Hans Asper und Lucas Cranach sind die Ar-
beiten allerdings sämtlich problematisch. Es sei dahinge-
stellt, ob man bei Nr. 1 auch nur an die Schule des Haus-
buchmeisters denken kann, oder bei Nr. 2, dem Bildnisse
des Lindauer Patriziers Isaac Mirgel an den älteren Hol-
bein. Das kleine Bildchen eines jungen Mannes (Nr. 3)
steht Holbein d. J. nahe, ist aber so stark übermalt und
verputzt, daß Sicheres nicht auszusagen ist.

Zimmer II, durch italienische Renaissancemöbel vor-
nehm gestimmt, birgt das wohl sicher von Jacobo da
Barbari herrührende, 1484 datierte, sehr interessante Por-
trät eines Kaufmannes (Nr. 11). Der Basaiti ist stark
übermalt. Ob es sich bei dem Belliniano um ein Selbst-
porträt handelt, und ob man das Damenporträt wirklich
Sebastiano del Piombo zuschreiben darf, wage ich nicht
zu entscheiden. Spanische Bilder (16 — 19), ein Lebrun,
Nanteuil und Rigaud, leiten gut zu der Hauptgruppe des
Barock über.

In dem kleinen Durchgangszimmer fallen das Selbst-
porträt von Hans Strauch d. Ä. und das pompöse Kinder-
bildnis von Gortzius Geldorp auf.

Das mit holländischen Möbeln der Barockzeit ausge-
stattete Kabinett I birgt gute Niederländer: wohl sicher
von Bartholomäus van der Heist das Bildnis des Musik-
meisters (33); von Caesar van Everdingen die Bildnisse
eines Ehepaares, Porträts von A. Hülle, J. Winghen, G.
Kneller und ein durch die Behandlung des Landschaft-
schaftlichen überraschendes Familienbild von dem Heidel-
berger Kaspar Netscher vom Jahre 1666.

Das reizvoll als Rokokoraum hergerichtete Kabinett II
zeigt die Hauptgruppe, in der allerdings Ausländer am
stärksten vertreten sind. Das neu bestimmte Bildnis der
Prinzessin Lubomirska von Jean Raoux ist ein Glanz-
stück der französischen Barockmalerei. J. B. Ruel, A. v. d.
Werff, J. F. v. Douven, H. Millot, P. Goudreaux sind mit
pompösen Bildern vertreten. Ein wohl mit Recht J. H.
Tischbein zugeschriebenes Porträt einer Prinzessin von
Hessen-Kassel und vier Bildnisse von J. G. Ziesenis ver-
dienen besonderes Interesse. Namentlich das koloristisch
höchst reizvolle Porträt des Reichsfreiherrn H.W.v. Sickingen
verdeutlicht Ziesenis' überragende Stellung. Das wohl
sicher direkt aus braunschweig-lüneburgischem Besitze
tammende Bildnis Friedrichs d, Gr. ist dem zurzeit in

Darmstadt ausgestellten Bildnis aus Hannover so sehr
überlegen, daß man wohl annehmen kann, daß es von
seiner Hand gemalt ist, während das Hannoveraner Bild
doch nur eine Kopie nach Ziesenis sein dürfte.

Die pfälzischen Meister selbst kommen im mit Möbeln
des 18. Jahrhunderts ausgeschmückten Kabinett III zur
Geltung. Hier sind es in erster Linie J. Ph. Hofmeister,
Fr. A. Leydensdorf, J. W. Hoffnaas, C. Mannlich, A. Hickel
und M. Kellerhoven, die wirkliche Überraschungen bieten.
Mir ist als besonders bemerkenswert für die Pfälzer Barock-
gruppe die sorgfältige Behandlung der Gesichter aufgefallen;
die die übrigen Barockmeister meist wegen ihrer Vorliebe
für das Kostümliche und den Pomp des Beiwerks vernach-
lässigen. So wirkt Hofmeister geradezu erstaunlich in seiner
Kunst, die Züge eines älteren Herrn wie die des Mann-
heimer Stadtdirektors J. L. Lippe (Nr. 63) mit naturalistischer
Kraft und die jugendvollen, strotzenden eines schönen
jungen Weibes wie die der Gräfin Josepha Heydeck in
gleicher Weise wiederzugeben. Das gleiche ist bei Leydens-
dorf auf dem schalkhaften, lebensprühenden Bilde seiner
Familie (Nr. 67) zu bemerken.

Das Louis-Seize-Kabinett enthält als besonders er-
wähnenswerte Werke die beiden pastos gemalten Porträts
des pfälzischen Hofmalers J. G. Edlinger und das be-
zaubernd schöne Bildnis eines Wiener Stubenmädchens
von Fr. Oelenheinz.

Im Biedermeierkabinett interessieren das Selbstbildnis
des Stiefvaters R. Wagners L. W. Geyer vom Jahre 1813,
der völlig vergessene Heidelberger G. Ph. Schmitt, J. Schle-
singer namentlich mit dem Bildnis des Heidelberger Malers
Christian Koester und J. Schlesinger (ein anderer als der
vorige) mit dem Bildnis des Heidelberger Professors K.
Th. Welcker.

Unter den neueren Meistern ragen A. Feuerbach
mit 4 Bildern, von denen die des Universitätsprofessors
Umbreit, eine Nanna von 1861 und das Bildnis seiner
Stiefmutter vom Jahre 1867 von höchster Qualität sind,
J. K. Stieler und W. Trübner mit fünf vorzüglichen Werken
hervor.

Der ausgezeichnete, illustrierte Katalog ist mit der
Sorgfalt und Zuverlässigkeit verfaßt, wie man sie von
K. Lohmeyer nicht anders erwarten kann.

V. C. Habicht.

Die Deutsche Kunstausstellung in Baden-Baden 1914

gleicht so ziemlich ihren Vorgängern, was die Reichhaltig-
keit und Gediegenheit der sich von jedem Extrem maßvoll
fernhaltenden Kunstwerke betrifft. Hierin unterscheidet sie
sich z. B. sehr zu ihren Gunsten von der vorjährigen Mann-
heimer Deutschen Kunstausstellung, die doch bei sonst
hoher Qualität der ausgestellten Kunstwerke, vereinzelte
Entgleisungen nicht zu vermeiden vermochte, die hier gänz-
lich ausgeschlossen sind. Schon darin, daß dem glänzen-
den, stark repräsentativen Porträtisten der guten Gesellschaft,
Prof. Kaspar Ritter, die große jährliche Sonderausstellung
eingeräumt wurde, läßt sich der ausgleichende, vermittelnde
Charakter der ganzen Veranstaltung erkennen.

Naturgemäß ist in erster Linie die Karlsruher Maler-
schule in jeder Hinsicht am stärksten vertreten, von den
bekannten und markanten Hauptmeistern wie Thoma, Dill,
Fehr, Trübner, Schönleber, v. Volkmann an, bis zu den
jüngsten aufstrebenden Talenten, zumal der Trübnerschule,
wie Hagemann, Coste, Goebel, Sprung, Guntermann und
Gräser; Hempfing und Wallischek von der Fehrschule und
Hans Schroedter, Gebhardt und Marquardt von der Hans
Thomaschule. Auch die benachbarte elsässische Malerei
ist sehr gut und vollzählig vertreten durch die Straßburger
Künstler, wie den feinen H. Beecke, Daubner, Blumer,
Hüber und Stoßkopf. Von München nennen wir u. a.
 
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