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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI issue:
1./2. Septemberheft
DOI article:
Schmidt, Paul Ferdinand: Ludwig Knaus
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0026

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sechziger Jahren entstanden. Er wurde innerlich lang-
sam zermürbt, es waren nicht etwa bloß die Winter-
aufenthalte in Berlin seit 1861, die ihn wandelten,
Düsseldorf selbst und Wiesbaden, die er sehr liebte,
waren mindestens so gefährlich für ihn. Was nützt die
beste Maltechnik und die ehrlichste Psychologie, wenn
der weltanschauliche Grund sich als trügerischer Moor-
boden erweist! Seine Neigung zum Genre, an sich ge-
fährlich genug, als Ausfluß der geistigen Stimmung jener
trüben Jahrzehnte, wurde von Kritik, Publikum und
Freunden auch noch aufs leidenschaftlichste unterstützt:
wer hätte da widerstehen, wer die Unabhängigkeit sei-
ner Form bewahren können! Alle zarte und künst-
lerisch einwandfreie Malweise, die man realistisch zu
taufen auch heute noch veranlaßt sein kann, alle
menschliche Werterkenntnis und Psychologie verliert
ihre Berechtigung in der Kunst, wenn man den Inhalt
als das Ausschlaggebende für jedes Urteil deklariert.

Als kluger Menschenkenner und glänzender Maler
hat Knaus in seiner besten Zeit vor allem Porträts ge-
schaffen, die ihm seinen Rang sichern, wie die seiner

Eltern, Suermondts, Waagens, Ravenes. Man kann die
Feinheit und Selbstverständlichkeit ihres Menschen-
tums und ihrer Malerei vielleicht am besten beim Ver-
gleich mit späten Bildnissen erkennen, wie etwa mit den
in die Nationalgalerie gekommenen Schaustücken von
Mommsen oder Helmholtz von 1881 (jetzt in der Porträt-
galerie zu Berlin). Gegen die Eindringlichkeit im An-
blick des vornehmen Gelehrtentypus von Waagen kon-
trastiert in unerträglicher Weise das lärmende Getue um
Mommsen, das wahrhaftig nicht diesem großen
Menschen entsprach; Versenkung in das eigentliche
Wesen hat einem indirekten Beschreiben mit Milieu-
stücken und unangenehmen Utensilien aus der Gelehr-
tenstubenluft Platz gemacht, und eine höchst äußerliche
Charakterisierung des Kopfes trat hinzu, um uns den
ganzen Mann zu verleiden. Es ist schade um den Auf-
wand und um den Menschen; um das Opfer einer ver-
schrobenen Kunst und um ihren Hohenpriester, der sich
und seinen Wert allzu lange überleben durfte.

Am 7. Dezember 1910 ist Ludwig Knaus in Berlin
gestorben.

Ti'zian, Bildnis des Erzbischofs Querini (Fischei, Klassiker der Kunst „Tizian“ S. 222)
Auktion der Sammlung F. A. von Kaulbach bei Hugo Helbing, München, am 29. und 30. Oktober

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