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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Märzheft
DOI Artikel:
Peter, Kurt von: Der Bautzener Museumsausbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0272

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jer Museumsneubau des Bautzener Museums, nächst
den Museen der Großstädte Leipzig, Chemnitz,
Dresden das größte Kunstinstitut Sachsens, war bereits
in dem Novemberheft 1928 des „Kunstwanderers“ in
der Schilderung Kurt von Peter: „Ein Streifzug durch
das Bautzener Museum“ als unumgänglich erwähnt
worden. Nun aber ist, die Verhandlungen waren
schwierig, die entscheidende Wendung erfolgt. Es
wurden zwei erste Preise für Anbauplanungen verteilt,
und der eine der beiden Entwürfe als Grundlage für den
Ausbau gewählt.

Das Memorandum, das der Direktor des Bautzener
Museums Dr. Walther Bichl anläßlich der Ausschreibung
des Ideenwettbewerbes für die neue Planung verfaßte,
legte u. a. dar, daß es notwendig sei, die naturwissen-
schaftlichen Sammlungen der Gesellschaft Isis und die
prähistorische Abteilung aus ihrer Lage im Keller-
geschoß zu befreien, beiden eine mehrfache, bezw. eine
Vergrößerung um das Doppelte des „Raumes“ zuzu-
gestehen, die Ausstellungen des Kunstvereins und den
Vortragssaal aus dem 3. Stockwerk in ein bequem zu-
gängliches Obergeschoß zu verlegen, das Graphische
Kabinett, das rund 10 000 Nummern umfaßt, deren Mon-
tierung fortschreite und das durchaus keine genügende
Ausstellungsmöglichkeit besitze, um etwa das Doppelte
des bisherigen Flächeninhaltes zu erweitern, auch eine
Verdoppelung des Raumes der Abteilungen Buch-
gewerbe, Keramik, Zunftaltertümer ins Auge zu fassen,
innerhalb der Stilzimmer einen Raum für ein unter der
Bedingung baldmöglichster Aufstellung gestiftetes
Biedermeierzimmer zu schaffen, das „Wendische
Museum“ (denn Bautzen führte bis 1868 den Namen
„Budissin“, wie auch das nahe Hochkirch, wo Friedrich
der Große durch den österreichischen Feldmarschall
Daun besiegt wurde und „sein ganzes Geschütz verlor“.
„Bukecy“ hieß) in diesem Provinzialmuseum unter-
zubringen, und für die Lausitzer Abteilung der Gemälde-
galerie Flächeninhalt von etwa doppelter Größe zur
Verfügung zu stellen. (Alles in allem sei das vordring-
lichste Raumbedürfnis auf etwa 900 bis 1000 qm zu
schätzen.) Das Memorandum erwähnte auch insbeson-
dere die Fragen des Lichteinfalls, der unauffälligen
Unterbringung der Heizkörper, ferner der Regulierung
des Kornmarktes und der Schaffung von Grünflächen
mit Baumgruppen „um das Museum herum“.

Dem Preisrichter-Kollegium, bei dem Bautzen
durch die Herren Museumsdirektor Dr. Walther Biehl,
Stadtoberbaurat Göhre, Stadtverordneten Vorsteher
Lunze, Oberbürgermeister Niedner, Stadtarchitekt Dr.
Nagel; Dresden durch Regierungsrat Dr. Bachmann und
Stadtbaurat Dr. ing. Wolf; München durch Geheimrat
Bestelmeyer vertreten war, gingen 38 Entwürfe von in
der Kreishauptmannschaft Bautzen lebenden oder gebo-

renen und mehreren besonders hierzu aufgeforderten
Architekten zu. Es erhielten die beiden als gleichwertig
zu betrachtenden Entwürfe von Curt Schiemichen,
Leipzig und Otto Schubert, Dresden die ersten Preise
imWerte von je 3500 RM, ferner wurden ein dritter (Rud.
Zacek, Bautzen), ein vierter, ein fünfter Preis verteilt
und weitere Planungen angekauft. Der Entwurf des
Architekten Curt Schiemichen bietet dem Gutachten ge-
mäß sowohl in städtebaulicher wie in baukünstlerischer
und grundrißtechnischer Hinsicht außerordentlich inter-
essante Lösungen. Als besonders reizvoll wurde die
Anlage des intimen Vorplatzes vor dem Haupteingang
des vorhandenen Museumsgebäudes hervorgehoben.
Ruhige Zusammenfassung zwischen „altem“ und
„neuem“ Museum — das bestehende Gebäude wurde
am 22. Dezember 1912 feierlich eingeweiht — keine
„Trennung“, keine Unterbrechung der bestehenden
horizontalen durch eine betonte vertikale Linie, Erzie-
lung ruhiger Platzwände, erschienen dem Leipziger
Architekten gegeben. Und besonderen Wert legt der
Leipziger Architekt, wie er mir mitteilt, auf die Anord-
nung des Vortragssaales und den Raum für wechselnde
Ausstellung in einer Fläche von 200 qm über einem nicht
zu hohen Ladengeschoß unmittelbar in den Verkehr hin-
eingesetzt. Denn der Vortragssaal mit den Räumen für
die wechselnde Ausstellung hält er für das Herz jedes
Museumsbetriebes, und je leichter diese Räume erreicht
werden und je auffallender sie sich dem Publikum bie-
ten, um so vorteilhafter sei es für das Museum, um so
leichter der Kontakt des Publikums mit der Kunst. Mit
dieser Stellung des Vertragssaales und dem Raum für
wechselnde Ausstellung ergab sich für Curt
Schiemichen der Ausgangspunkt für die städtebauliche
Lösung des zukünftigen Kornmarktplatzes. Die vom
Rat der Stadt ausgeschriebene Wettbewerbsaufgabe
bestand ja aus zwei Teilen: sie wünschte Entwürfe zu
erlangen für die Erweiterung des Stadtmuseums „ein-
schließlich Räumen für die Spar- und Girokasse und
vermietbaren Ladenraums“ unter Berücksichtigung des
genau festgelegten Raumbedarfs- und Finanzierungs-
programms, und begehrte Baugedanken „vorgetragen“
für die Gestaltung des Kornmarktes, des größten und
wichtigsten Platzes innerhalb der Stadt, ln Curt
Schiemichens Entwurf sind Museumserweiterung und
Kornmarktumgestaltung durchaus organisch verbun-
den, wie es die Museumsleitung gern anerkennt; es er-
folgt eine Zwischenteilung des Marktes durch ein zwei-
geschossiges, rechtwinklig herumgeführtes Gebäude,
das teilweise auf Säulen gestellt ist; in der Verbindung
mit dem alten Museum bildet sich ein Hofraum, der zum
Schmuck- oder E'hrenhof prädestiniert. Das Reichen-
tor, im nördlichen Teil des Kornmarktes, der sich im
Süden bis zum Theater erstreckt, sollte zwei Fußgänger-

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