Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 11./12.1929/30
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0264
DOI Heft:
1./2. Märzheft
DOI Artikel:Wilm, Hubert: Die Sammlung van Alfen
DOI Artikel:Schmidt, Paul Ferdinand: Salomon Geßner: zu seinem 200. Geburtstag am 1. April
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ben hat.*) Dieser Madonnentypus kommt in mannig-
fachen Beispielen in der deutschen Schweiz, in Vor-
arlberg und im Oberelsaß vor. Das noch unbekannte
Urbild wird wohl in der Schweiz zu suchen sein, da hier
die meisten der bekannten Kopien erhalten sind. Der
Zyklus der deutschen Madonnenbildwerke schließt mit
einer stehenden, abgelaugten Holzmadonna aus der
Sammlung Geyer von Schweppenburg. Sie führt schon
in die dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts hinein und
dürfte südostdeutschen Ursprungs sein.
Das schönste und bedeutendste Stück der Samm-
lung van Alfen ist wohl das Brustbild (Fragment) einer
*) Futterer, Gotische Bildwerke der deutschen Schweiz 1220
bis 1440. Augsburg 1930, Nr. 17—24.
weiblichen Heiligen vom Ende des 15. Jahrhunderts.
Dieses Steinbildwerk, das schöne Reste der ursprüng-
lichen Bemalung aufweist, gehört der burgundischen
Schule an. Prachtvoll klar und selbstsicher steht der
ausdrucksvolle Kopf dieser Frau da. Die sehr leben-
digen und persönlichen Gesichtszüge legen die Ver-
mutung nahe, daß wir es hier mit einem Bildnis nach
dem Leben zu tun haben. Das Stück hat einen eigen-
artigen Oberflächenreiz. Der helle Stein strahlt Licht
aus und dieses Licht verschmilzt sich mit den spar-
samen Resten der wunderbar milden alten Farben zu
einer bezaubernden Harmonie, von der die schwarz-
weiße Wiedergabe dieser Büste leider nichts ahnen
läßt. Einige kleinere Fragmente von Holzbildwerken,
eine spanische Alabastermadonna und mehrere Barock-
figuren, bilden den Abschluß der Sammlung.
Büste einer weiblichen
Heiligen (Fragment) Stein
Amsterdam
Burgundisch,
Ende des 15. Jaihrh.
Sammlung Alfen
Salomon Qeßnet?
2u feinem 200. Geburtstage am l. April
oon
Paul f,
I n seiner schönen und mit philologischer Akribie ver-
1 faßten Erstlingsschrift über Salomon Gessner sagt
Wölfflin, daß er „ein kleiner Mann in der Kunst-
geschichte“ gewesen sei; und im Grunde wiederholt
dies sein neuester Biograph Leemann van Eick, der in
einem gewichtig aufgemachten Quartbande des Orell
Füßli-Verlages wenig mehr als eine kolossal auf-
Sd)tmdt
geschwemmte und durchaus nicht verbesserte Duplik
des Wölfflinschen Buches herausbringt, mit der bei die-
sen Schweizerbiographien üblich gewordenen Vermei-
dung kritischer Tugenden.
Aber wenn er ein kleiner Mann war, wie kommt es,
daß Gessner heute noch nicht vergessen ist, daß man
seines 200. Geburtstages nicht bloß in seiner Vaterstadt
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fachen Beispielen in der deutschen Schweiz, in Vor-
arlberg und im Oberelsaß vor. Das noch unbekannte
Urbild wird wohl in der Schweiz zu suchen sein, da hier
die meisten der bekannten Kopien erhalten sind. Der
Zyklus der deutschen Madonnenbildwerke schließt mit
einer stehenden, abgelaugten Holzmadonna aus der
Sammlung Geyer von Schweppenburg. Sie führt schon
in die dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts hinein und
dürfte südostdeutschen Ursprungs sein.
Das schönste und bedeutendste Stück der Samm-
lung van Alfen ist wohl das Brustbild (Fragment) einer
*) Futterer, Gotische Bildwerke der deutschen Schweiz 1220
bis 1440. Augsburg 1930, Nr. 17—24.
weiblichen Heiligen vom Ende des 15. Jahrhunderts.
Dieses Steinbildwerk, das schöne Reste der ursprüng-
lichen Bemalung aufweist, gehört der burgundischen
Schule an. Prachtvoll klar und selbstsicher steht der
ausdrucksvolle Kopf dieser Frau da. Die sehr leben-
digen und persönlichen Gesichtszüge legen die Ver-
mutung nahe, daß wir es hier mit einem Bildnis nach
dem Leben zu tun haben. Das Stück hat einen eigen-
artigen Oberflächenreiz. Der helle Stein strahlt Licht
aus und dieses Licht verschmilzt sich mit den spar-
samen Resten der wunderbar milden alten Farben zu
einer bezaubernden Harmonie, von der die schwarz-
weiße Wiedergabe dieser Büste leider nichts ahnen
läßt. Einige kleinere Fragmente von Holzbildwerken,
eine spanische Alabastermadonna und mehrere Barock-
figuren, bilden den Abschluß der Sammlung.
Büste einer weiblichen
Heiligen (Fragment) Stein
Amsterdam
Burgundisch,
Ende des 15. Jaihrh.
Sammlung Alfen
Salomon Qeßnet?
2u feinem 200. Geburtstage am l. April
oon
Paul f,
I n seiner schönen und mit philologischer Akribie ver-
1 faßten Erstlingsschrift über Salomon Gessner sagt
Wölfflin, daß er „ein kleiner Mann in der Kunst-
geschichte“ gewesen sei; und im Grunde wiederholt
dies sein neuester Biograph Leemann van Eick, der in
einem gewichtig aufgemachten Quartbande des Orell
Füßli-Verlages wenig mehr als eine kolossal auf-
Sd)tmdt
geschwemmte und durchaus nicht verbesserte Duplik
des Wölfflinschen Buches herausbringt, mit der bei die-
sen Schweizerbiographien üblich gewordenen Vermei-
dung kritischer Tugenden.
Aber wenn er ein kleiner Mann war, wie kommt es,
daß Gessner heute noch nicht vergessen ist, daß man
seines 200. Geburtstages nicht bloß in seiner Vaterstadt
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