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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI issue:
1./2. Aprilheft
DOI article:
Donath, Adolph: Die Aussichten des deutschen Kunsthandels
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0291

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Herausgeber: iXdOlptl DOHQÜ1

7ahrgang 1930

1/2 Apriilreft

Die Ausftebten des deutleben KunUbandels

üon

Adolph Donath

Immer wieder stellt man an mich die Frage: wie steht
es mit dem deutschen Kunstmarkt? Wird es „besser“
mit ihm werden? Werden heute nur große Qualitä-
ten gekauft? Ist Hoffnung da, daß in nächster Zeit die
Nachfrage nach alter und neuer Kunst lebhafter wer-
den wird?

Ich bin kein Prophet, aber ich sehe die Dinge, wie
sie „stehen“ und „liegen“, ungefähr so. Die wirtschaft-
liche Lage ist vorläufig durchaus nicht rosig; immerhin
konnte der deutsche Kunstmarkt gerade in den letzten
Wochen erfreuliche Ergebnisse für sich buchen. Halten
wir uns zunächst an die Berliner Auktionen. Der
Verkauf View eg bei Lepke diene als Exempel. Um
die Mitte des März, da diese Versteigerung mit ihren
194 Nummern rund die Summe von 900 000 Mark ohne
die 15% Aufgeld ergab, war die politische Situation viel-
leicht nicht weniger klar, als sie heute scheint. Gewiß,
das Ausland machte die Auktion mit. Aber ist
Berlin mit seinem weit ausgedehnten Kunst-
viertel, das sich von der City (Unter den Linden,
Behrenstraße) bis zur Friedrich Ebertstraße bezw.
Lennestraße, zur Bellevue-, Viktoria-, Tiergartenstraße
und weiterhin zur Potsdamer Straße einerseits, Schöne-
berger- und Lützowufer andererseits zieht, nicht zum
großen Teil auf das Ausland angewiesen? Und haben
sich die Kunstfreunde des Auslandes nicht längst schon
daran gewöhnt, in den Berliner Ausstellungen ihre
„desiderata“ aus jedem Gebiet der Kunst zu suchen?

Bei Vieweg — und das scheint besonders wich-
tig —- ist nicht allein das Ausland ausschlaggebend ge-
wesen. Der Preis von 122 000 Mark, wie ihn Dr.

Feile he nfeldt, der Mitinhaber des Hauses Paul
Cassirer, für Jacob van R u i s d a e 1 s
„Bleiche“ im Wettstreit mit den markanten ausländi-
schen Kunstsammlern und Kunsthändlern gezahlt hat,
bedeutet schon einen Preis von internationaler Trag-
weite; denn er besagt, daß der deutsche Kunsthandel,
trotz allen Nöten, immer noch imstande ist, hohe Kunst-
qualitäten, wie sie einst B o d e für seinen Freund Hein-
rich Vieweg in Braunschweig erworben hatte, sozu-
sagen „amerikanisch“ zu bewerten. Mit Amerika
rechnen wir ja mehr als je und müssen mit ihm rechnen.
Die Zahl der neuen Reichen hat sich dort vervielfacht,
ebenso wie die Zahl der Museen, und es ist sicher ein
Zeichen von Entwicklung, daß gerade jene reichen
Amerikaner von heute auch den alten Standpunkt Bodes
teilen, die Museen zu fördern, und indem sie ihre Samm-
lungen bereichern, die neuen Museen zu stützen, wenn
sie für sich in Europa einzukaufen streben.

Deutschland rechnet heute mit Amerika. In jeder
Beziehung und nicht bloß in Sachen der Kunst, ln der
Auktion der Kölner Sammlung Dr. Leopold Selig-
mann bei Ball und Graupe (Ende April), die in
der Abteilung der Plastik und des Kunstgewerbes
wissenschaftlich bedeutende Kunstwerke der früh-
christlichen, byzantinischen und romanischen Epochen,
sowie ragende, längst schon literarisch gewürdigte
Werte des frühen Mittelalters umfaßt, wird das Ausland
genau so vertreten sein, wie in den großen Graphik-
Auktionen bei H o 11 s t e i n & P u p p e 1, Berlin, und
bei Boerner in Leipzig. Auch bei dem Verkauf der
Wiener Handzeichnungssammlung, die Boerner gernein-

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