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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Juniheft
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Jaeger, Roland: Eine Flaxman-Erinnerung
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Voigtländer, Emmy: Zwei Innenbilder von Caspar David Friedrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0379

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Werkstätten von Etruria hergestellten Cameen sind von
Flaxman entworfen; aber natürlich konnte Josiah
Wedgwood seinem Freunde nicht gut einen Ring mit
einer von diesem selber herrührenden Darstellung
schenken. So wählte er die gerade herausgekommene
Reproduktion einer Porträtbüste Georges 111. von James
Fassie1), jenem Londoner Steinschneider, der sich nicht
nur als Porträtist historischer Persönlichkeiten2), son-

1) Einen ovalen und etwas größeren Cameo nach derselben
'1 assie’schen Büste Georges 111., ebenfalls aus Wedgwoods Manu-
faktur, hat der Ring Dalton, British Museum Catalogue of
fingerrings early Christian, mediavel and later No. 1385, plate XX.

2) Tassie (1735—1799) war es wohl, der seinerzeit Wedgwood
zuerst den Gedanken eingab, neben den antiken Sujets auch zeit-
genössische Bildnisse zu bringen, und seine eigenen Porträts zähl-
ten später stets zu den geschätztesten Vorlagen.

3) Tassie stellte Abdrücke antiker und neuerer Gemmen für
den Verkauf her. Er ließ 1775 einen ersten Katalog von etwa 3000
Nummern erscheinen, 1791 einen größeren mit englischem und
französischem Text, der 15 833 Stücke enthält. Ein komplettes
Exemplar der Sammlung bewahrt seine Geburtsstadt Edinburgh;
ein zweites, das Katharina II. bestellt hatte, befindet sich in der
Eremitage. Uebrigens hat Tassie auch die inzwischen leider ver-
schollenen 28 000 Schwefelpasten besessen, die der berühmte ge-
lehrte Sammler Baron von Stosch (dessen Gemmensammlung
Friedrich der Große für sein Potsdamer Antikenkabinett ankaufte)
zusammengebracht hatte.

dern auch als eifriger Sammler von Abdrücken antiker
Gemmen einen Namen gemacht hat3).

Der Ring scheint Flaxman etwas zu weit gewesen
zu sein, jedenfalls ist nachträglich unten ein Stück des
Reifes kunstvoll herausgenommen, die lichte Weite be-
trägt jetzt 19—20 mm. Durch einen Stoß oder Druck
hat sich später einmal auf der einen Seite die Verbin-
dung von Reif und Oberstück gelöst; die Beschädigung
ist sauber und solide mit einer innen aufgelöteten
passend zugeschnittenen Unterlage ausgebessert, offen-
bar noch im frühen 19. Jahrhundert. Die Reparatur hat
leider eine oben vorhandene Marke, von der ohnehin
nur ein Teil eingeschlagen war, undeutlich gemacht. So
läßt sich nach den erhaltenen Resten nur sagen, daß es
die king’s mark (leopard’s head crowned) sein kann.
Glücklicherweise steht ja Zeit und Gegend der Ent-
stehung unseres kleinen Werkes sowieso hin-
reichend fest.

John Flaxman wird das Andenken wohl bis zu sei-
nem Tode bewährt haben; er überlebte seine Frau und
starb, kinderlos, 1826. Das spätere Schicksal des
Stückes ist unbekannt. Es wurde 1911 in Frankfurt
a. M. aus dem Kunsthandel erworben, ohne daß die
Identität des „1. Flexman“ mit dem berühmten Bildhauer
dem Verkäufer oder Käufer bekannt war.

2ioei tnnenbildec oon Caspar Daoid Friedrich

oon

Smmy Doigtländec

L^aspar David Friedrich gilt als „reiner“ Landschafts-
* *• maler. Nur vereinzelt stehen in seinem Werk
Bilder wie die „Frau am Fenster“ der Nationalgalerie
und „Blick aus dem Fenster“ in Wien (Wolfradt,
C. D. Friedrich Abb. 3), in denen begrenzte Innenräume
dargestellt sind. Jedoch verzichtet auch da Friedrich
nicht auf das landschaftliche Element. Durch das
Fenster blickt man ins Freie, in die Weite, gleitend zieht
der Mast des Schiffes draußen vorüber.

Wir suchen hier auf zwei Bilder hinzuweisen, die
ihre Bedeutung im Werk Friedrichs als reine Innen-
bilder, ganz auf den tektonisch gefügten Bildraum be-
schränkt haben. Wegen dieses einzigartigen Werkes
ist es doppelt bedauerlich, daß die Bilder in einem
solchen Zustand sind, daß eine Veröffentlichung anders
als in andeutender Durchzeichnung nicht möglich ist.
Sie stammen aus der Familie des Künstlers und sind bei
einem Brand vor einigen Jahren stark beschädigt wor-
den. Auf der Photographie treten die Brandschäden
so störend hervor, daß eine Wiedergabe sich nicht mög-
lich machen läßt. Die Beschreibung muß die dürre
Wiedergabe der linear faßbaren Komposition ergänzen.
Das tektonische Gefüge der Bilder tritt umso stärker
hervor.

„Frau mit Leuchter (Höhe 72 cm, Breite
51 cm); Durch eine offene Tür blickt man in einen Vor-
platz, aus dem eine junge Frau mit brennendem Licht
in der Hand nach rechts in eine weitere Tür zu gehen
im Begriff ist. Der Schlagschatten der in strenges
Profil Gestellten fällt zurück auf den Fußboden, die
eigentliche Lichtquelle ist nicht sichtbar. Starr sind die
Vertikalen und die Horizontalen gegeneinander gestellt,
nur die weibliche Gestalt mildert diese Starrheit.

Das Bild geht weit über die Einfachheit der Raum-
gestaltung der „Frau am Fenster“ der Nationalgalerie
hinaus. Dort ist nur ein schmaler Raum von der parallel
zur vorderen Bildfläche stehenden Fensterwand be-
grenzt. Hier blickt man aus schräg geführter, ganz dun-
kel zu denkender Raumenge ins Hellere. Die Fenster-
wand ist hell beleuchtet, dunkel erscheint jedoch das
Fenster. Die Helligkeit strömt aus dem schmalen Tür-
spalt rechts, in den die Frau zu treten im Begriff ist, und
überströmt sie. Die raumbegrenzenden Flächen sind
glatt, nur die eng gelegten und senkrechten Falten des
Vorhangs bilden schmale hellere und dunklere Furchen.
Den hellsten Fleck bildet die Schürze der Frau. Die Ab-
stufung der Farben ist nur noch zu ahnen. Das Kleid
der Frau hat rötliche Töne, die im Fußboden abklingen.

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