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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Aprilheft
DOI Artikel:
Steinbrucker, Charlotte: Pariser Bildteppiche
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0293

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Inter der Regierung König Heinrichs II. wird Paris
Mittelpunkt der französischen Bildwirkerei. Hier
treten bis um die Mitte des 17. Jahrhunderts neben einer
Reihe einzelner Wirkerfamilien besonders vier Werk-
stätten in den Vordergrund: das Hospital de la Trinite,
das von Dubout und Laurent eingerichtete Atelier im
Louvre, die Fabrik der Niederländer Marc de Comans
und Frans van den Planken und die später von des letz-
teren Sohn Raphael begründete Manufaktur. Am be-
deutendsten war die um 1601 eröffnete Fabrik des

Frans van den Planken und des Marc de Comans, der
Heinrich IV. durch die Erteilung von Privilegien eine
besondere Förderung angedeihen ließ. In ihrem Atelier
entstanden auch die Folge von Darstellungen der Er-
ziehung Ludwigs XI11. durch Maria von Medici, welche
sich heute im Rittersaal des Hildesheimer Doms befin-
det, und die Reihe von Szenen aus dem Leben der Diana
nach Zeichnungen des 1602 gestorbenen Pariser Malers
Toussaint Dubreuil.

In dem Nachlaßinventar des Frans van den Planken
aus dem Jahre 1627 werden acht Zeichnungen mit Dar-
stellungen aus dem Leben der Diana erwähnt. Zu der
Sammlung des französischen Königs Ludwigs XIV. ge-
hörten elf Teppiche mit Szenen aus dem Leben der-
selben Göttin, so daß wir annehmen können, daß diese

Folge derart beliebt war, daß sie noch um einige
Stücke vermehrt wurde. Die ganze Serie setzte sich
aus folgenden Darstellungen zusammen: die Geburt der
Diana, die Verwandlung der Bauern in Frösche, das der
Latona dargebrachte Opfer, Diana vor Jupiter, Diana
tötet die Kinder der Niobe, Diana richtet einen töd-
lichen Pfeilschuß auf Orion, der Tod von Chione, Diana
und die Nymphe Britomartis, Diana und die Riesen,
Diana allein mit ihren Kindern. Von diesen Teppichen
sind aus dem Besitz des letzten deutschen Kaisers zwei

Stücke in die Verwaltung des Berliner Schloßmuseums
gelangt. Der eine Teppich zeigt Latona mit ihren Kin-
dern Apollo und Diana vor der zürnenden Juno fliehend
und die lykischen Bauern in Frösche verwandelnd, weil
sie ihr das Wasser trübten (vgl. Abb. 1). Einige Bauern
haben froschähnliche Köpfe, und der eine im Vorder-
grund zeigt bereits Flossen an den Beinen. Juno er-
scheint links in den Wolken als feuerspeiender Drachen.
Auf dem anderen Teppich, dessen Kartonzeichnung sich
im Louvre in Paris befindet, kniet Diana vor dem in-
mitten der versammelten Götter und Göttinnnen thro-
nenden Jupiter und bittet, sich in ewiger Jungfräulich-
keit der Jagd widmen zu dürfen, oder —- nach anderer
Auslegung — ihre Mutter Latona wegen ihrer Beleidi-
gung durch Juno rächen zu dürfen. Andere Stücke aus

Abb. 1. Diana verwandelt die lykischen Bauern in Frösche
'Paris. Fr. de la Planche um 1620. Berlin, Schloßmuseurn

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