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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Septemberheft
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Fries, C.: Pariser Theatermalerei
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Zahn, Leopold: Feuerbach und Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0029

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lesungen an der Yale-University. Auf Reisen trifft er
mit Poiret oder mit Reinhardt zusammen, kurz, ein Neu-
und Vieltöner, ein Genie der Intuition wie der Willens-
kraft. Audi der Vorhang ist nicht mehr Gemeingut wie
in guter, alter Zeit, sondern wandelt sich mit dem, was
er verhüllt. Zu „Aucassin el Nicolette“ wird ein gobelin-
hafter oder an mönchische Malereien erinnernder Vor-
hang aufgeboten: Der greise König nimmt einen Turm,
die Ritterschaft sprengt heran, inmitten riesengroß die
nackte Muse neben einer Bühnen- oder Teufels-
maske. Bedeutungen nachzugrübeln, steht Jedem an-
heim; das Bild ist eine zwingende Gegebenheit.

Auch Franz Leger, der Mitstreiter Picassos, Metzin-

gers etc., sucht theatralische Lorbeeren und schafft
waghalsige Bühnenbilder. Auch Xenia Boguslawskaja,
Iwan Punis kongeniale Gattin, als Illustratorin der
„Dame“ etc. den Berlinern vertraut, jetzt eingeschwo-
rene Pariserin, wertet ihre ebenso reiche wie liebens-
würdige Begabung in theatralischer Sendung aus.

Wie schon gesagt, an der Befähigung liegt der
sonstige Tiefstand in dieser Hinsicht nie; Gründen nach-
zugehen ist müßig, wir stellen die Tatsache breiter
Leere neben einsamen, ragenden Größen fest und be-
denken, 'daß auch hier Alles in Fluß ist und jeder Tag
dieser kaleidoskopischen Stadt neues Sein und Leben
bringen kann.

Schonigauer

Das Schweißtuch der '
Veronika
B. 66

November-Auktion

bei

Hollste,in & Puppel,
Berlin

peueebacb und Berlin

uon

Leopold Bal)n

>^eit 1S55 lebte Anse'm Feuerbach in Italien. Nach
^ dem venez'anisch-florentinischen Präludium war
Rom sein dauernder Aufenthaltsort geworden. Deutsch-
land besuchte er nur ab und zu, vor allem Heidelberg,
wo seine Mutter wohnte. Aber das Südweh, zu dem
seine romantische Seele neigte, lag — und mit vor-
rückenden Jahren immer heftiger — im Widerstreit mit
dem Heimweh. Der Gefühlsinhalt seiner „Iphigenie“
war Heimweh, nach Feuerbachs eigenem Bekenntnis.
Rom, in dankbaren Stunden als „begnadete Insel des
stillen Denkens und Schaffens“ gepriesen, erschien ihm
oft auch als ein Kirchhof. Er wartete auf einen Ruf des
Vaterlandes. Aber Deutschland schwieg.

Nach Preußens Sieg über Oesterreich richtete

Feuerbach seine Hoffnungen auf Berlin; als er im Herbst
1865 nach Deutschland fuhr, wählte er die Preußen-
metropole zum Hauptziel seiner Reise.

Bei dem jungen Ehepaar Begas („Die Leutchen sind
noch zärtlich wie Brautleute“) fand er herzliche Auf-
nahme. Der trockene Witz der Bewohner gefiel ihm.
Von den „anrüchigen Damen“ wurde er abends auf der
Straße mit „kleines, schwarzes Kerlchen“ angeredet.
Die Kunstverhältnisse lagen freilich auch hier im Argen,
besonders das historische Fach („denn die Leute wollen
auch hier nur Nettigkeiten“). Trotzdem fühlte er sich
schon am ersten Tage zuhause. Sein Entschluß, nach
Berlin zu übersiedeln, war bald gefaßt, und wieder ein-
mal von einer optimistischen Welle emporgetragen,

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