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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Oktoberheft
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Friedländer, Max J.: Die niederländische Malerei an der Wende zum 16. Jahrhundert: Vorschau und Rückblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0052

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Kräfte der einzelnen Stätten und Landschaften sich
kreuzen und mischen. Die Abgeschlossenheit weicht
neugieriger Ausschau. Die Empfangsbereitschaft wächst
mit abnehmender Gestaltungskraft. Erkenntnis tötet
den nationalen Instinkt. Bewußtes Streben nach wir-
kungsstarken und schmeichelnden Mitteln setzt eine un-
ruhig gefallsüchtige Formung an Stelle der naiven, hand-

Südliche Bau- und Ornamentformen, Bewegungsmotive,
die der antiken Skulptur entstammen, werden im Nor-
den konstatiert und in ihrer Bedeutung überschätzt. Die
allzu einfache Vorstellung, daß die italienische Kunst
als eine der niederländischen überlegene mit Eifer zum
Muster genommen wurde, wird dem verwickelten
Komplexe der Erscheinungen keineswegs gerecht.

werklich bescheidenen Produktion. Ein neuer Begriff
vom Künstlertum wächst heran.

Die Anregungen vom Süden her sind vorzugsweise
beachtet worden. Ja, in der Konvention der kunst-
historischen Darstellung wird zumeist eine Aufopferung
der überlieferten heimischen Form zugunsten der
italienischen als der entscheidende Vorgang geschildert
und eine niederländische „Renaissance“ konstruiert.

Man hat in den Niederlanden nie Bedenken getra-
gen, Bildideen zu übernehmen. Im 15. Jahrhundert
haben die Maler von ihren Lehrmeistern Kompositionen
und Bewegungsmotive geerbt, im 16. nach allen Seiten
ausgespäht, um sich zu bereichern. Italienische Ge-
mälde aber oder Teile aus italienischen Gemälden sind
verhältnismäßig selten kopiert worden. Selbst Jan
Gossaert und Jan van Scorel, die in Italien gewesen und

Meister von Frankfurt, Flügelaltar, Teilstück: Kopf der hl. Cacilia

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