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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Eberlein, Kurt Karl: Toile de Jouy
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0060

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Tolle de Jouy

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Kut?t Kat?l 6bet?tetn

I rotz mancher Vorarbeiten fehlt uns noch immer das
Werk, das als Gegenstück zu Süpfle’s Arbeit den
wechselseitigen Kultureinfluß von Deutschland und
Frankreich wissenschaftlich darstellt, zumal die Kriegs-
psychose so ungenügende Abhandlungen wie die von
Male geschaffen hat. Eines der wichtigsten Kapitel die-
ses wünschenswerten Buches müßte die Leistung der
deutschen Kunsthandwerker in dem Frankreich des 18.
Jahrhunderts klarstellen, denn besonders der französi-
sche Zeugdruck und die Möbeltischlerei sind ohne diese
deutsche Kulturarbeit unverständlich. Vorzügliche
Arbeiten sind in Frankreich für die Geschichte des

Zeugdrucks nach Forrer’s Vorarbeiten von Gelehrten
wie Clouzot, Depierre, Ferrand, Garsonnin, Fazy,
Girodie, Morin, Dauphin u. a. gemacht worden, und vor
allem die Forschungen Clouzot’s, des Konservators des
Musec Galliera in Paris, über die toile peinte die toile
imprimee, die Manufaktur von Jouy und über die Seiden-
weberei in Frankreich haben uns neue Erkenntnisse ge-
geben. Eine verdienstliche, von Clouzot zusammen-
gestellte Ausstellung bedruckter französischer Stoffe des
18. Jahrhunderts, die uns reiche Anregungen bot, gab
im Hause Herrmann Gerson in Berlin Gelegenheit, sich
mit diesem Kulturgut und mit seiner Geschichte vertraut
zu machen. Hier sei deshalb in großen Zügen das
Wesentliche angedeutet und erklärt.

Die exotische Mode der indischen Stoffe beginnt in
Frankreich im 17. Jahrhundert durch den Import der
Indischen Compagnie und erobert schnell das Publikum.
Die farbig bedruckten Kattune, die man je nach der Her-
kunft Surats, Patnas, Calancas, meist aber Cottonnies

oder Indiennes nennt, spielen als Morgenröcke, Möbel-
beztige, Tücher eine große Rolle. Loret's „Gazette
rimee“ und Molierc’s „Bourgois gentilhomme“ bestä-
tigen ihre Beliebtheit. Die Damen kaufen sie begierig,
und die innungsfreien Hugenotten handeln damit. Aber
das französische Handwerk wehrt sich gegen die Ein-
dringlinge. Colbert’s Edikt von 1681 gegen Herstellung
und Verkauf der gefärbten Tücher verbietet bei
Galeerenstrafe den Handel, der nur der Compagnie des
Indes für die gestempelte und plombierte Ware gestattet
ist. Aber was hilft das alles! Die „demoiselle de toile“
wandert ein und nicht aus, der Schmuggel von England

und. Holland blüht, und die einheimische Färber- und
Druckerindustrie wandert aus Frankreich nach dem
Elsaß und nach der Schweiz, sehr zum Schaden der
Staatsfinanzen, denn die Millionen gehen nun ins Aus-
land. Gegen Moden kämpfen Götter selbst vergebens.
Verbieten, beschlagnahmen, verbrennen, Galeeren- und
Todesstrafen, nichts hilft. Der Modekrieg geht weiter,
und die endlich erzwungene Erlaubnis zur Herstellung
der Indiennes kommt 1759 zu spät. Ein neuer Auf-
schwung der Mode ist die Folge. Da die Technik der
Kattunfärberei in Frankreich allmählich verloren gegan-
gen ist, strömen nun die ausländischen Handwerker und
Wandermeister mit ihren wohlgehüteten Handwerks-
geheimnissen ins Land, meist Deutsche und Schweizer.
Bald finden wir überall deutsche Namen, deutsche
Zeichner, Stecher, Zubereiter, Koloristen, Drucker,
Rentreurs, deutsche Manufakturen. Abraham Frey
gründet 1758 die Kattundruckerei in Bondeville des
Rouen, und der größte Meister läßt sich im gleichen

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