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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Oktoberheft
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Landau, Dora: Die Neuordnung des städtischen Museums in Halle a. S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0071

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Aber erst 1903 ging man daran, dem Museum ein eigenes
Heim zu schaffen und wählte dazu den „stilechten“
Wiederaufbau der aus dem 15. und 16. Jahrhundert
stammenden Moritzburg. Als 1906 der heutige Ober-
bürgermeister Dr. Rive das Museumsdezernat über-
nahm und gleichzeitig Max Sauerlandt, vom Hamburg
kommend, Direktor wurde, begann der schnelle Auf-
schwung des Museums, der nur durch den Krieg und
die Abwesenheit Sauerlandts eine Unterbrechung er-
fuhr. 1919 folgte Sauerlandt der Berufung an das
Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und die
Hallenser Stelle wurde erst im Herbst 1926 endgiltig
durch den jetzigen Direktor Dr. Schar dt besetzt,
dem nach Sauerlandt das größte Verdienst an der Ent-

wicklung des Museums zukommt, das in seiner heutigen
Gestalt zum größten Teil seine Schöpfung ist. Die
Gemäldegalerie, die, getrennt von der übrigen Samm-
lung, in einem Hause am Groß-Berlin untergebracht
war, wurde 1920 mit ihr vereinigt. Dr. Schardt über-
nahm also ein Museum, das von der mittelalterlichen bis
zur modernen Kunst Malerei, Plastik und Kunstgewerbe
umfaßte und alles das untergebracht in einer pseudo-
gotischen Ritterburg, in der jeder Raum in einem an-
deren Stil ausgemalt war; ein denkbar schlechter Hin-
tergrund für eine Sammlung L So ging Schardt vor
allem daran, Stuckzierat abklopfen zu lassen, Wände zu
entfernen und neue mit glatten einfarbigen Flächen zu
schaffen, so daß wenigstens im Innern die Stil-
reminiscenzen auf ein Minimum beschränkt wurden.
Dann erst begann die Neuaufstellung und — zum ersten
Mal in Deutschland — die Abendbeleuchtung des

Museums. Während das Berliner Schloßmuseum heute
noch über zu schwachen Besuch in den Abendstunden
klagt, kommt in Halle der Abendbesuch dem Tages-
besuch gleich, ein Erfolg, der sich erst nach zwei Jah-
ren einstellte, da das Publikum sich nur langsam daran
gewöhnte. Die Beleuchtung ist sehr geschickt den ein-
zelnen Räumen und den Erfordernissen der Kunstwerke
angepaßt, teils unter der Decke versteckt eingebaut,
teils als Soffitten in den Vitrinen oder wie in der
Gemäldegalerie im ersten Stock über einer durchschei-
nenden Leinwanddecke angebracht, ein künstliches
Oberlicht, das den Bildern besonders günstig ist.

Das Erdgeschoß enthält in der Hauptsache die alte
Graphik, darunter eine Anzahl schöner Altarschreine

des 15. und 16. Jahrhunderts aus Sachsen. Klein-
asiatische Teppichfragmente, französische Bildteppiche
des 15. Jahrhunderts, eine Petrusfigur aus Alabaster
englischer Herkunft und ein interessantes Auf-
erstehungsbild eines anonymen Lübecker Meisters vom
Ende des 15. Jahrhunderts sind neben den Groß-
plastiken bemerkenswert.

Im ersten Stock ist das Kunstgewerbe und der
größte Teil der Gemäldesammlung untergebracht. Die
Aufstellung der kunstgewerblichen Sammlung ist die all-
gemein übliche in Vitrinen; sie umfaßt u. a. eine große
Porzellansammlung deutscher und ausländischer Mar-
ken. Besonders sind kleinere deutsche Manufakturen,
wie Halle selbst, gut vertreten. Vollständig wurden
zwei Amtsräume des ehemaligen Thalamtes, des Zunft-
hauses der Salzwirker in Halle, in das Museum über-
tragen.

Emil Nolde, Museum Moritzburg, Halle a. d. Saale

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