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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Dezemberheft
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Waldmann, Emil: Ein neues Wandbild von Karl Dannemann
DOI Artikel:
Pazaurek, Gustav Edmund: Italienischer Edelsteinschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0133

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Die architektonische Wirkung des Gemäldes in dem
Raum für den es erdacht ward, ist sehr glücklich. Hier
ist ja der Punkt, wo moderne und nicht nur ganz
moderne Wandmalerei oft scheitert. Es gibt ausgezeich-
nete Wandmalereien, die nur den einen Fehler haben,
daß sie nicht in den Raum passen. Dannemann hat, wie
denn ja auf die Dauer nur der Tüchtige Glück hat, aber-
mals eine glückliche Hand gehabt. Sein Bild, von allen
Plätzen des Saales klar zu sehen, fügt sich nicht nur der
Wandfläche gut ein, sondern steht auch zu den Aus-
maßen des ganzen Raumes im günstigsten Verhältnis.
Es wirkt nicht zu klein und nicht, wie etwa Hodlers
Schwörende im Hannoverschen Rathaus es doch tun, zu
groß. Die Proportionen der sehr ausdrucksvoll in ein-
prägsamen Linien und mit betonten Gelenken auf Fern-
wirkung gezeichneten Figuren sind richtig getroffen.

Komposition, als Bau und Bewegung sehr reich, steht in
gut gefühltem Gegensatz zu den Formen der Architektur,
aber ebenso wenig in schneidenden Kontrasten zu ihnen,
wie das Farbenspiel, das in all seinem kostbar launigem
Reiz sich durchaus aufbaut über dem hell warmen Holz-
ton der Täfelungen und Möbelbezüge. Wie ein Ball ward
des Künstlers gestaltende Phantasie hin und her gewor-
fen zwischen den äußersten Polen, dem Pol der streng-
sten Monumentalität auf der einen und dem Pol der
leichtesten Dekoration auf der anderen Seite. Aber sie
blieb in der Luft. Und ebenso fand sic bei Schaffung der
Atmosphäre, des Atemraumes, in dem seine Figuren
leben sollen, die richtige Schicht. Genau die Ebene, in
der sich die Welt des nur Realistischen von der Welt
des allzu Allegorischen, des allzu Traumhaften und Ab-
strakten scheidet.

Italicnitcbcc Sdclffctnlcbnitt

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Qußaü 6. PaEaut?eksStuttgart

jie italienische Renaissance hat uns auch eine Wie-
^ derbelebung des Edelsteinschnittes gebracht, jener
so überaus schweren Technik, die Hellas und Rom be-
reits zur höchsten Blüte emporgeführt hätten,die aber im
Mittelalter zwar nicht ganz aufhörte, aber doch nur müh-
selig weitervegetierte. Schon im Quattrocentro setzt im
Wetteifer der großen Kunstmäzene aus dem Mcdiccer-
haus mit den damals noch nicht weniger kunstenthusias-
mierten Päpsten die Wiedergeburt der Giyptik ein, die
uns dann im 16. Jahrhundert nicht nur die schönsten

G. A. dei Rossi, Pius V. J. de Trezzo, Philipp II.

Kameoschnitt. Paris, Louvre Kameoschnitt. Paris, Louvre

Schneidekunst kommen, auf das wir schon lange sehn-
suchtsvoll gewartet haben.

Was lang währt, wird gut. Diese alte Erfahrung ist
wieder einmal bestätigt worden. Wenn auf dem, soeben
in dem vornehmsten Wiener Verlag von Anton
Schroll & Co. herausgebrachten zweibändigen Praclit-

Ottavio Miseroni, Rudolf II. Kameoschnitt. Wien, Kunsthist. Museum

Kameen und Intaglien, sondern immer stattlichere
Platten, die zu prächtigen Kassetten verwendet wurden,
und schließlich die herrlichsten Prunkgefäße mit über-
reichem Figurenschnitt bescherte, die den größten Stolz
einiger, auf alte Kunstkammern zurückgehender Museen
bildet, wie der von Florenz, Madrid, München oder
namentlich Wien. Von Wien sollte uns endlich das
Prachtwerk über die italienische Renaissance-Edelstein-

werk „Meister und Meisterwerke der Steinschneidekunst
in der italienischen Renaissance“ als Verfasser der Name
Ernst Kris erscheint, konnte man nach dem vom glei-
chen Autor in Gesellschaft von Fritz Eichler im gleichen
Verlage zwei Jahre zuvor veröffentlichten Werke über
die Kameen des Kunsthistorischen Museums das Beste
erwarten. Aber unsere Hoffnungen sind noch bedeutend
übertroffen worden. Wenn das Wort „grundlegend“

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