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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Januarheft
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Bernt, Walther: Erfurter Fayencekrüge
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0177

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Teil östliches Gepräge. Der auf einen Felsen geflüch-
tete Hirsch läßt eine Deutung auf den Karlsbader
Hirschsprung nahe legen. Unten im Vordergrund als
typisches Zeichen der Erfurter Malerstube eine kleine
Pagode. Der nicht bezeichnete Krug läßt sich durch
ein ganz ähnliches, mit der Erfurter Marke versehenes
Stück der Haenert’schen Sammlung bestimmt für diese
Fabrik in Anspruch nehmen.

Von ungewöhnlicher Form für Erfurt sind kleine
bimförmige Halbekrüge, wie der in Abb. 9. (Aehnlich
bei Riesebieter Abb. 395.) Der mangangespritzte Grund
trägt seitlich die bekannte „thüringische Blume“ in
Scharffeuerfarben, in der Vorderansicht eine bekrönte
Kartusche mit Blumenfüllungen und einem Gitter. Diese
kleinen Gitter — kleine Kreuze auf den Diagonalen von
Quadraten — finden sich auch gelegentlich auf Walzen-
krügen und können als sicheres Zeichen für Erfurt
gelten. Marke A wie Nr. 28.

Abb. 10 stellt eine seltenere Eiform des Erfurter
Enghalskruges dar; zwischen reichem Rankenwerk
steht eine Frau mit Blumenzweig und Blumenfüllhorn.
Die Bordüre am Fuße mit dein zwiebelartigen Gewächs
ähnelt wieder sehr der in Abb. 2 mitte wiedergegebenen.
Der originale Zinnbeschlag ist mit der hakenförmigen
Schnauze ebenfalls für Erfurt charakteristisch und trägt
die Naumburger Stadtmarke mit dem Verordnungsjahr
1710. Die nebenstehende römische 10 bezieht sich auf

9

die Zehentprobe des Zinns (10 Teile Zinn und 1 Teil
Blei), die für die Deckel von „Irdengut“ vorgeschric-
ben war.

So entrollt sich ein ungemein reiches Bild der
Erfurter Fayencefabrik, die im Zeitraum von 1730 bis
1760 ihren Höhepunkt hatte und jährlich tausende ihrer
Erzeugnisse in Umlauf gebracht hat. Ein kleinster Teil
davon ist heute noch erhalten, und aus diesem schon
erkennt man, wie verschiedenartig und originell dieses
Kunstgewerbc immer war. Und doch sind alle wieder
durch gemeinsame Elemente verbunden, auf die noch-
mals verwiesen werden soll: der bunte Erdhügel, das
kleine Staket, das bekannte Erfurter Gitter, die pago-
denartige Architektur, die blaugrüne zwiebelartige
Knolle (Abb. 2 mitte, 6, 10, 7) und die aus Spiralen be-
stehenden blauen Randborten (s. auch Riesebieter
Abb. 395 und 399).

Zum Schluß sei noch auf eine Erfurter Eigenheit in
der Wiedergabe der kleinen Blätter aufmerksam ge-
macht, die man, obwohl diese aus der Technik der Mal-
weise leicht erklärlich ist, bei anderen Werkstätten
selten findet: die ovalen oder runden Blätter liegen seit-
lich in den gekrümmten Stielen, die mit ihren Enden
meist über die Blätter hinaus reichen. Das läßt sich
gut an den Abb. 4 rechts, 10, 7 links, 6 rechts, 2 mitte
usw. verfolgen. So ergeben sich wieder die verbin-
denden Merkmale auch bei diesen immerhin ungewöhn-
lichen Krügen.

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