Freund Gottes und Durchschauer qualvoller Unvoll-
kommenheiten der Gotteswelt, unbedingte Anerkennung
finden muß als höchst zeitgemäßer Darsteller unserer
Epoche, unterer Nöte, unserer Beschwerden.
Er gehört zu den einsamen Pfadsuchern, die ganz
aus sich und nur für sich eine Welt aufbauen, in der wir
nachträglich mit Erschütterung das Spiegelbild unserer
Existenz erkennen; er gehört in jene Reihe der tiefen
Grübler, der Gottessucher und Wertezertrümmerer, die
mit Nietzsche und Edward Munch anhebt, und zu denen
wir Nolde, Ensor, Kubin, Meidner auf seiten der bilden-
den Kunst zählen. Es sind alles Künstler (und Denker)
rein nordisch-germanischer Abstammung, Romantiker im
gelassenen Heiterkeit französischer Form, selbst da, wo
diese am nächsten an das Wcltgeheimnis rührt, wie bei
Cezanne oder Seurat; ein Verständnis von jener Seite
her ist beinahe unmöglich. Wir werden unsere Eksta-
tiker und Grübler wohl immer für uns behalten dürfen,
ihr Werk reicht nicht in die materiellen Sphären all-
gemeiner Weltgeltung hinein, ihre Werke werden noch
auf lange hinaus kein Sammelobjekt für französische
oder amerikanische Liebhaber bilden. Aber darüber
können wir uns wohl trösten und einigermaßen froh sein,
weil sie, dem Zugriff der merkantilen Leidenschaften
entrückt, noch lange unser Eigen bleiben. Kunstwerke
sind schließlich noch etwas mehr als Objekte des inter-
Sitzender Steppenhirt. 1907
Mit Genehmigung von Paul Cassirer, Berlin
höchsten Sinne des Begriffs, die das tiefste Erkennen
von Wert und Göttlichkeit der Welt, Ironie und schöpfe-
rische Skepsis, Weltangst und ursprüngliche Frömmig-
keit in sich vereinigen zu einem Gefühl von obstruser
und göttlicher Tiefe. Weltenfern steht diese Kunst der
nationalen Kunstmarkts; es schadet durchaus nichts,
wenn sie im Bereiche seelischer Wertung beharren.
Das besonders Schwierige und Komplizierte in der
Erscheinung Barlachs ist dazu noch seine Mehrseitig-
keit. Wie Meidner und Kubin weiß er seine Visionen
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kommenheiten der Gotteswelt, unbedingte Anerkennung
finden muß als höchst zeitgemäßer Darsteller unserer
Epoche, unterer Nöte, unserer Beschwerden.
Er gehört zu den einsamen Pfadsuchern, die ganz
aus sich und nur für sich eine Welt aufbauen, in der wir
nachträglich mit Erschütterung das Spiegelbild unserer
Existenz erkennen; er gehört in jene Reihe der tiefen
Grübler, der Gottessucher und Wertezertrümmerer, die
mit Nietzsche und Edward Munch anhebt, und zu denen
wir Nolde, Ensor, Kubin, Meidner auf seiten der bilden-
den Kunst zählen. Es sind alles Künstler (und Denker)
rein nordisch-germanischer Abstammung, Romantiker im
gelassenen Heiterkeit französischer Form, selbst da, wo
diese am nächsten an das Wcltgeheimnis rührt, wie bei
Cezanne oder Seurat; ein Verständnis von jener Seite
her ist beinahe unmöglich. Wir werden unsere Eksta-
tiker und Grübler wohl immer für uns behalten dürfen,
ihr Werk reicht nicht in die materiellen Sphären all-
gemeiner Weltgeltung hinein, ihre Werke werden noch
auf lange hinaus kein Sammelobjekt für französische
oder amerikanische Liebhaber bilden. Aber darüber
können wir uns wohl trösten und einigermaßen froh sein,
weil sie, dem Zugriff der merkantilen Leidenschaften
entrückt, noch lange unser Eigen bleiben. Kunstwerke
sind schließlich noch etwas mehr als Objekte des inter-
Sitzender Steppenhirt. 1907
Mit Genehmigung von Paul Cassirer, Berlin
höchsten Sinne des Begriffs, die das tiefste Erkennen
von Wert und Göttlichkeit der Welt, Ironie und schöpfe-
rische Skepsis, Weltangst und ursprüngliche Frömmig-
keit in sich vereinigen zu einem Gefühl von obstruser
und göttlicher Tiefe. Weltenfern steht diese Kunst der
nationalen Kunstmarkts; es schadet durchaus nichts,
wenn sie im Bereiche seelischer Wertung beharren.
Das besonders Schwierige und Komplizierte in der
Erscheinung Barlachs ist dazu noch seine Mehrseitig-
keit. Wie Meidner und Kubin weiß er seine Visionen
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