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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Januarheft
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Aus dem nordischen Kunstleben
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Konrad, Martin: Kunstbriefe aus Antwerpen: Albert Servaes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0196

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bald war er einer der bevorzugten Bildnismaler der schwedischen
Gesellschaft, die den Geschmack seiner Malerei, die Diskretion der
Charakteristik, die repräsentative Haltung seiner Bilder nach Ge-
bühr zu schätzen wußte. Eine seiner ausgezeichneten Bildnisse ist
das des Prinzen Eugen an der Staffelei (1895); der lyrische Ein-
schlag des Porträts Vermers von Heidenstam (1900) deutet auf
Berührung mit der Romantik. Ucbrigens aber war Oscar Björck
keine romantische Natur, sondern ein echt schwedischer Lebens-
bejaher und Lebensgenießer, der in seiner Kunst mit Vorliebe die
heiter-festliche Seite des Daseins spiegelte und zur Familie der
eleganten Maler gerechnet werden kann. In Deutschland ist er
auch persönlich als Leiter der großen schwedischen Kunstausstel-
lung im Jahre 1926 bekannt geworden; übrigens hat er deutscher
Kunst immer Verständnis und Teilnahme entgegengebracht. Seine
Frau stammte mütterlicherseits aus München, was ihr Taufname
lsaria bezeugt; ihr Bildnis „Auf dem Krankenbette“ (1886, Torsten
Laurin, Stockholm) gehört zu Björcks vorzüglichsten Schöpfungen.

Der amerikanische Erfolg von Carl M i 11 e s wächst sich
zu großen Ausmaßen aus. Der Ausstellung seiner Werke in Chikago
ist jetzt eine solche in New York gefolgt; mehrere Museen der
Vereinigten Staaten haben Arbeiten von ihm erworben, außer
Privataufträgen (besonders auf Bildnisplaketten) hat er auch den
fiir eine große Brunnenanlage in Chikago erhalten — und kurz:
der schwedische Bildhauer gehört jetzt in Amerika zu den großen
Künstlernamen und die Cranbrook Foundation in Detroit hat ihm
vorgeschlagen, jährlich drei Monate lang dort seinen Aufenthalt
zu nehmen, wofür ihm ohne jede Gegenverpflichtung eine Villa
mit Atelier zur Verfügung gestellt wird. Milles hat den Vorschlag
angenommen und beabsichtigt im kommenden September sich wie-
der nach Amerika zu begeben.

Es ist bekannt, daß die Kgl. Porzellanmanufaktur in Kopen-
hagen seit 1912 auch die Herstellung künstlerischen Steinguts auf-
genommen und Vortreffliches auf diesem Gebiete geleistet hat. Der
Schöpfer dieser modernen dänischen Steingutkunst, der Keramiker
P. Nordstrom, ist in Kopenhagen, 59 Jahre alt, verstorben.
Er stammte aus Schweden und hat lange in Frankreich und in
Deutschland sich als Bildhauer ausgebildet, bis er sich nach seiner
Niederlassung in Kopenhagen auf keramische Versuche warf. Als
Arnold Krog, der Leiter der Porzellanmanufaktur, auf ihn aufmerk-
sam geworden war, fand er an ihr einen fruchtbaren Wirkungskreis
und es entstanden nun die schönen Glasuren und die edelgeformten
Gefäße, die alle Liebhaber kennen und schätzen. 1923 zog sich
Nordstrom ins Privatleben zurück, seine Experimente hat er aber
auch dann fortgesetzt und insbesondere allerlei Versuche mit der
Verwendung von Steingut für plastische Aufgaben größeren Forma-
tes angestellt.

Wohlbekannt in der Literatur ist der im Dome zu Kammin
aufbewahrte Cordulaschrein (Abb. u. a. bei Schmitt,
Mittelpommern, Abb. 50 b), der aus zwanzig mit tierornamentalen
Darstellungen geschmückten Beinplatten besteht, die durch ver-
goldete Bronzebänder zusammengehalten werden. Ist dieses
Werk, dessen Herkunft aus dem Norden nicht in Zwfeifel zu ziehen
war, immer als ein Prachtstück geschätzt worden, so kommt es
jetzt, wenn die jüngst von Professor Hakon Shetelig in Bergen
vorgetragene Annahme sich bestätigt, auch geschichtlich zu ganz
besonderen Ehren. Einer Anregung des schwedischen Gelehrten
Freiherrn Rudolf Cederström nachgehend, ist nämlich Shetelig zu
dem Ergebnis gelangt, daß der Cordulaschrein derselbe ist, den der
norwegische König Sigurd Josalfer in Kongshalle (schwed. Kung-
älv), und zwar in der dortigen Burgkirche aufstellen ließ. „Dort“,
so heißt es in der Heimskringla (übers, von Niedner 3, 240), „war
auch der Schrein, den der Dänenkönig Erich der Unvergeßliche
(Erik Emun) dem König Sigurd gesandt hatte.“ Acht Jahre
nach der Erbauung der Kirche (1135) wurde Kongshalle von wen-
dischen, d. h. pommerschen Seeräubern überfallen, die die Burg
einnahmen, jedoch die Heiligtümer der Kirche verschonten. Der
Wendenkönig verehrte sie dem Priester Andreas, den er mit sich
nahm, und als er diesen später wieder heimsandte, da führte er
wohl andere Heiligtümer aus Kongshalle mit sich zurück, nicht
aber den Schrein. Vierzig Jahre später ist das Bistum Kammin
gegründet worden, und dort ist dann, wie Shetelig für höchstwahr-
scheinlich hält, der Königsschrein aus dem Norden gelandet, der
in Vendland zurückgehalten worden war..

Der bedeutendste aus dem Mittelalter erhaltene profane
Monumentalbau des Nordens ist die Hakonshalle zu Bergen,
ein Burg- und Festbau, den Hakon Hakonssön errichtet hat; sie
war im Jahre 1261 fertiggestellt. Ende des 19. Jahrhunderts ist
dieses hervorragende, in römischen Formen gehaltene Bauwerk
restauriert worden, und bei dieser Gelegenheit hat Gerhard Munthe
die gewaltige, 127 zu 32,5 Meter messende Königshalle mit jenem
liebenswürdigen Friese geschmückt, der die Brautfahrt der nor-
wegischen Königstochter nach Spanien zum Gegenstände hat;
übrigens stammt die ganze dekorative Neuausstattung der Halle
von diesem Künstler. Der schon damals erwogene Plan einer Ge-
schichte der Hakonshalle hat erst jetzt, nach 15 Jahren, zur Aus-
führung kommen können. Die Aufgabe ist Dr. Einar Lexow an-
vertraut worden, dessen Buch nunmehr in John Griegs Verlag in
Bergen erschienen ist; es gibt eine umfassende Darstellung der
Vorgeschichte und der Schicksale der Königsburg, die durch die
Hanseatenzeit und die Periode ihres Verfalles bis zu ihrer
Erneuerung begleitet wird. Das Werk is.t auch der Aufmerksam-
keit deutscher Kunstfreunde und Forscher zu empfehlen.

r.

Kunßbtnef aus Antiüet?peru

Albect Sccoaes.

Von Albert Servaes, dem flandrischen Meister, dem
„verdammten Christusmaler“, wie er gelegentlich, nicht ohne
Bitterkeit, von sich selbst sagt, hat das Antwerpener Museum der
Schönen Künste soeben seinen symbolisch bedeutungsvollen Zyklus
,.Het Boerenleven“ erworben, der die einfältigen Schicksale des
Bauernlebens von der Geburt bis zum Tode im Zusammenhang und
in Uebereinstimmung mit der stets wechselnden Natur darstellt.
Der Preis soll 50 000 Francs betragen.

Dieses Werk, dessen Ahnenreihe mit Pieter Brueghel dem
Aelteren und mit Laermans bezeichnet wird, ist noch vor seinem
„Kreuzweg“ entstanden, der nach der kirchlichen Offensive, die
gegen seine Werke in Belgien unternommen worden war, im Jahre
1921 wie im Triumphzuge durch Holland geführt wurde und in der
Tat den Beweis erbrachte, daß Albert Servaes unter den Lebenden
in Belgien heute der einzige religiöse Monumentalmaler großen
Formates ist. In diesem „Bauernleben“, dessen Entstehung nun

also schon über 10 Jahre zurückliegt, zeigt sich Servaes bereits
nicht nur als eine tief religiöse Natur, sondern auch als ein ergrei-
fender dramatischer Schilderer und als ein Landschaftsmaler von
hervorragenden Qualitäten. Schauen und Erleben aus der Alltäg-
lichkeit des Daseins, daß zauberhafte Kräfte ihm erwachsen, daß
ihm das Antlitz seiner Heimat zu symbolhafter Darstellung des
innigen Verbundenseins von Natur- und Geisteswelt sich vollendet,
dies offenbart das letzte Bild aus diesem Zyklus, das „Bauern-
begräbnis im Winter“, in der altmeisterlichen Kraft eines Könnens,
das die heimatliche Flur und ihre der Erde verbundenen, einfachen
Menschen, in dem wehmütigen Glanze des Abschiednehmens und
des Unwiederbringlichen, zu Trägern des Erhabenen und des
Großen macht.

Albert Servaes lebt in nächster Nähe von Georges Minne,
dem bekannten Bildhauer, zu Sint Martens-Laethem, an dem idylli-
schen Leye-Flüßchen, das durch fruchtbare Felder und feuchte

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