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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Maiheft
DOI Artikel:
Raffelsberger, Ernst Friedrich: Zur Geschichte des Hyalithglases
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0342

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däre Bedeutung, da sie nur die Ausführenden der von
Georgenthal ausgehenden Erzeugungsvorschriften
waren.

Bald nach der Uebernahme der Georgenthaler Hütte
beginnen daselbst von dem Grafen geleitete Versuche,
deren Zweck zunächst geheimgehalten wurde. Es ist
jedoch anzunehmen, daß schon diese verschwiegenen
Experimente der Entdeckung eines brauchbaren Stein-
glases gegolten haben. Nach jahrelangen, nicht ohne
schwere Enttäuschungen durchgeführten Versuchen,
dürfte gegen Ende des Jahres 1816 die Erfindung des
Hyalithes geglückt sein, da bereits anfangs 1817 seine
Erzeugung den „nutzbaren“ Anfang genommen hat. Ob
eine Person als Erfinder in Betracht kommt, ist zumin-
dest fraglich, wenngleich Graf Georg sich des öfteren
selbst an den Erfinder bezeichnet. Bei der in Frage
stehenden Materie handelt es sich um jenes vollkommen
schwarze, besonders harte und undurchsichtige Glas,
das wegen dieser Eigenschaften als Hyalith bezeichnet
wurde. Ein wundervoller Glanz gehörte zu seinen un-
nachahmlichen Merkmalen.

Die Erzeugung dieses schwarzen Hyaliths, welches
zunächst allein in Betracht kommt, machte rasche Fort-
schritte, da schon im ersten Arbeitsjahr (1817) von die-
ser Ware für 1183 fl verkauft werden konnte. Als Erst-
lingsstücke finden wir einfache, nur mit Schliff oder
Schnitt verzierte Gegenstände, bei denen das neu-
artige Material den Reiz ausüben mußte, wie es das 1817
datierte schwarze Glas des Wiener Technischen
Museums, eine henkellose Schale mit Untertasse, ver-
anschaulicht. Die auf Schnitt und Schliff beschränkte
Ausarbeitung erfolgte zu dieser Zeit durchwegs in Süd-
böhmen, auf den in der Nähe der Glashütten gelegenen
Schleifmühlen.

Trotz der Jugend des Erzeugnisses, das erklär-
licherweise noch mit mancherlei Fehlern behaftet war,
bekundet Deutschland das erste Interesse dafür, da an-
fangs 1818 bereits eine Bestellung von Altenburg ein-
langt. Die von Buquoi beschickte Leipziger Oster-
messe dieses Jahres hatte ebenfalls Verkäufe zur Folge.
Somit waren die ersten für die Weiterentwicklung der
Hyalitherzeugung so wichtigen ausländischen Beziehun-
gen angebahnt, die zugleich für den Grafen einen An-
sporn bildeten, in der Verbesserung seiner Erzeugnisse
fortzufahren, um deren Qualitätsniveau zu heben. Es
darf daher nicht wundernehmen, wenn Graf Georg mit
der für den Anfang wohl befriedigenden Arbeitsweise
nun unzufrieden wird, besonders deshalb, weil die wei-
teren ihm vorgelegten Musterstücke Unreinigkeiten ent-
hielten und die Form, „wie sie von der Gräfin doch mit
so vieler Genauigkeit in Holz gedrechselt angegeben
wurden“, nicht beobachtet worden sind. Wenn er wei-
ter sagt, daß „Schliff und Schnitt so gehudelt sind, daß
kein einziges Stück vorgezeigt werden kann“, so mag
dies eine Uebertreibung gewesen sein, die durch die
Absicht Buquois gerechtfertigt wird, durch strenge
Kritik den beschwerlichen Entwicklungsgang zum ein-
wandfreien Qualitätsstück möglichst abzukürzen.

Ein damaliger Aufenthalt des Grafen in Frankreich
dürfte mit der Glaserzeugung in Zusammenhang gestan-

den haben, da er nach seiner Rückkehr Guß versuche
unternehmen läßt, wobei ihm das Gießen von Tisch-
platten aus schwarzem Hyalith als Endzweck vor
Augen stand. Diese Versuche wirkten sich im Rück-
gang der anderen Erzeugung aus, so daß ein Fabriks-
ausweis einen Vorrat von nur 59 Stück angeben kann.
Diese vorübergehende Stockung mag mit die Veran-
lassung gewesen sein, daß der damalige Fabriks-
verweser an den Grafen eine Eingabe richtete, worin er
erklärt, daß „vom Hyalith kein Nutzen kommt, da der
Hyalithhafen nicht zur Gänze herausgearbeitet werden
kann und viel Masse notwendig ist, bevor ein Stück
entspricht. Ueberdies wird beim Schleifen, das noch
dazu um die Hälfte teurer ist sehr viel Bruch ... da
der Hyalith aus Schlackenschmelz zugerichtet wird,
dauert es acht Tage länger, wodurch die andere Glas-
erzeugung verhindert wird. Daher ist kein Nutzen und
meine Prozente sind geringer.“ Teilweise als Recht-
fertigung gedacht, sind die geringeren Prozente wohl
der Hauptgrund für die ablehnende Haltung.

Graf Buquoi ließ sich jedoch in seinem Vorhaben
nicht beirren und statt einer Antwort ergeht die Anwei-
sung, sich die Erzeugung des Hyaliths, „da man hierin
noch nicht zur Vollkommenheit gekommen ist“, beson-
ders angelegen sein zu lassen. Schon einen Monat
später, im Juli 1818, wird der Auftrag gegeben, einen
eigenen Ofen zur Bereitung dieses Glases zu erbauen.
Das Probestück sollte eine große Tischplatte sein. Nun
konnte man sich auch an größere Prunkstücke heran-
wagen, wie sie zu Geschenkzwecken gern Verwendung
fanden. Für das Schloß Rotenhaus in Nordwestböhmen
wird z. B. eine Hyalithvase gearbeitet, als deren Ge-
stehungskosten (Material und Schliff) 57 Gulden aus-
gewiesen werden, zugleich ein Hinweis auf die sicher
bedeutende Größe dieses Stückes. Im allgemeinen nahm
die Reichhaltigkeit der Produktion zu, denn der nächste
Ausweis zählt nicht weniger als sechzigerlei Gegen-
stände auf, darunter Kaffee- und Teeschalen verschie-
dener Form und Größe, Kannen in Berliner Form sowie
anderer Ausführung, mehrere Arten von Tellern,
Zuckerdosen, Becher in allen Abstufungen, Blumen-
vasen, Schreibzeuge, Schüsseln, Leuchter mit einem
oder zwei Füßen, Mundlavoirs, Zupftassen, allerlei
Flacons, Schmucksteine u. a. m.

Mit Beginn des Jahres 1819 kam die Hyalitherzeu-
gung einen weiteren Schritt vorwärts. Es glückte die
erstmalige Herstellung des roten Hyaliths, Durch diese
neuerliche Erfindung erfuhr die Fabrikation eine in ihren
Möglichkeiten sehr weit gehende Bereicherung, da jetzt
alle die vielartigen Gegenstände in zweierlei Material,
schwarz und rot auf den Markt gebracht werden konn-
ten, wodurch eine, dem Geschmack Rechnung tragende,
vielversprechende Abwechslung in die Hyalith-
ware kam.

Für die Zukunft nicht weniger ausschlaggebend war
eine andere gleichzeitige Neuerung, die eine vollstän-
dige Umwälzung in der Ausarbeitung des Glases herbei-
führen mußte. Ist bisher immer nur von Schliff und
Schnitt als Schmuck die Rede gewesen, wie ihn die
herrschaftlichen Schleifmühlen ausführten, so findet jetzt

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