herbstlichen Bäume und Büsche; die Berge des Hinter-
grundes von kühlem, feuchtem Dunst umschleich. Eine
beschwingte Pinselführung folgt der leisesten Erregung
des Auges und bringt hauchartig zarte Töne und
Farbenübergänge hervor.
Es wäre undenkbar, daß Blechen die Studie
früher gemalt hätte. Sie konnte nur entstehen auf
Qrund der Anschauungen, die er in Italien ge-
wonnen hatte, — im gegenständlichen und im künst-
lerischen Sinne. Damals, als er nach dem Süden
aufbrach, war seine Phantasie noch erfüllt von roman-
tischen Vorstellungen, sein Geist noch beunruhigt von
den Spukgestalten der romantischen Literatur und Oper.
ihnen los durch die Art, wie er das romantische Motiv
gestaltete. Verschwunden sind Kobolde und Un-
geheuer, Don Juan und Donna Anna. Rein male-
risch stellt sich ihm die Ruine dar. Wie der mächtige
Turm dalag, eingebettet in feuchte Gräben und Wall-
mauern, wie schwere Wolken über ihn dahinzogen, wie
sich das feine Grau des regnerischen Himmels mit dem
vergilbenden Grün herbstlicher Bäume mischte; das
allein fesselte den Künstler.
Die Lösung der malerischen Aufgabe ist meister-
haft. Sie besonders verdankt Blechen dem Aufenthalt in
Italien. Zwischen den sonnendurchglühten farbigen
Skizzen aus der italienischen Campagna und unserer
Carl Steffeck:
Bildnis-Zeichnung
nach Carl Blechen
(Neu entdeckt)
Besitzer:
Hollstein u. Puppel,
Berlin
Die Beschäftigung als Bühnenmaler zumal hatte ihn mit
den Kreisen von E. Th. A. Hoffmann und Carl Maria von
Weber zusammengebracht und ihn in den Strudel der
Schauerromantik hineingezogen. Hinter dunklen
Büschen lauerten Vampyre, durch geheimnisvolles Dun-
kel funkelten Augen von Nachtvögeln, Taminos
Schlange ringelte sich zwischen bemoosten Steinen.
Wehe dem Menschen, der in die Wirrnis dieser
Schrecken geriet: „Spinnweb ist mit Blut betaut, eh’
noch wieder Abend taut, ist sie tot, die zarte Braut!
Eh’ noch wieder sinkt die Nacht, ist das Opfer dar-
gebracht“. —- ln dieses Dunkel hatte die helle italieni-
sche Sonne hineingeleuchtet und den ganzen Spuk ver-
scheucht. Wenn Blechen nach Deutschland zurück-
gekehrt, die sagenumwobene Ruine des Heidelberger
Schlosses als Motiv für ein Bild wählte, so folgte er mit
dieser Wahl noch unzweifelhaft dem Zeitgeschmack
und der Tradition. Zugleich aber sagte er sich von
Studie nach dem nebelverschleierten Heidelberger
Schloßturm besteht künstlerisch nicht der geringste
grundsätzliche Unterschied. Wie es dem Maler ge-
glückt war, dort die klare, durchsichtige Luft und die
ungebrochenen Farben der italienischen Natur mit dem
Pinsel einzufangen, so vermochte er hier den nordischen
Charakter der Landschaft im kühlen Bilde eines feuch-
ten Herbsttages festzuhalten. — Versuche nach dieser
Richtung hatte er schon früher unternommen. Es sei
erinnert an den „Liebethaler Grund“ aus der National-
galerie mit dem Regenhimmel und dem Fluß, der
zwischen bewaldeten hohen Ufern dahinfließt. Auch
dieses Bild enthält viel nordische echte Natur-
stimmung, und seine Malerei entspricht sicher dem
Charakter der deutschen Landschaft. Aber damals
stand Blechen noch stark unter dem Einfluß von
Caspar David Friedrich, selbst die Berührung mit J. C.
Dahl hatte nicht vermocht, Blechen aus der Herrschaft
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grundes von kühlem, feuchtem Dunst umschleich. Eine
beschwingte Pinselführung folgt der leisesten Erregung
des Auges und bringt hauchartig zarte Töne und
Farbenübergänge hervor.
Es wäre undenkbar, daß Blechen die Studie
früher gemalt hätte. Sie konnte nur entstehen auf
Qrund der Anschauungen, die er in Italien ge-
wonnen hatte, — im gegenständlichen und im künst-
lerischen Sinne. Damals, als er nach dem Süden
aufbrach, war seine Phantasie noch erfüllt von roman-
tischen Vorstellungen, sein Geist noch beunruhigt von
den Spukgestalten der romantischen Literatur und Oper.
ihnen los durch die Art, wie er das romantische Motiv
gestaltete. Verschwunden sind Kobolde und Un-
geheuer, Don Juan und Donna Anna. Rein male-
risch stellt sich ihm die Ruine dar. Wie der mächtige
Turm dalag, eingebettet in feuchte Gräben und Wall-
mauern, wie schwere Wolken über ihn dahinzogen, wie
sich das feine Grau des regnerischen Himmels mit dem
vergilbenden Grün herbstlicher Bäume mischte; das
allein fesselte den Künstler.
Die Lösung der malerischen Aufgabe ist meister-
haft. Sie besonders verdankt Blechen dem Aufenthalt in
Italien. Zwischen den sonnendurchglühten farbigen
Skizzen aus der italienischen Campagna und unserer
Carl Steffeck:
Bildnis-Zeichnung
nach Carl Blechen
(Neu entdeckt)
Besitzer:
Hollstein u. Puppel,
Berlin
Die Beschäftigung als Bühnenmaler zumal hatte ihn mit
den Kreisen von E. Th. A. Hoffmann und Carl Maria von
Weber zusammengebracht und ihn in den Strudel der
Schauerromantik hineingezogen. Hinter dunklen
Büschen lauerten Vampyre, durch geheimnisvolles Dun-
kel funkelten Augen von Nachtvögeln, Taminos
Schlange ringelte sich zwischen bemoosten Steinen.
Wehe dem Menschen, der in die Wirrnis dieser
Schrecken geriet: „Spinnweb ist mit Blut betaut, eh’
noch wieder Abend taut, ist sie tot, die zarte Braut!
Eh’ noch wieder sinkt die Nacht, ist das Opfer dar-
gebracht“. —- ln dieses Dunkel hatte die helle italieni-
sche Sonne hineingeleuchtet und den ganzen Spuk ver-
scheucht. Wenn Blechen nach Deutschland zurück-
gekehrt, die sagenumwobene Ruine des Heidelberger
Schlosses als Motiv für ein Bild wählte, so folgte er mit
dieser Wahl noch unzweifelhaft dem Zeitgeschmack
und der Tradition. Zugleich aber sagte er sich von
Studie nach dem nebelverschleierten Heidelberger
Schloßturm besteht künstlerisch nicht der geringste
grundsätzliche Unterschied. Wie es dem Maler ge-
glückt war, dort die klare, durchsichtige Luft und die
ungebrochenen Farben der italienischen Natur mit dem
Pinsel einzufangen, so vermochte er hier den nordischen
Charakter der Landschaft im kühlen Bilde eines feuch-
ten Herbsttages festzuhalten. — Versuche nach dieser
Richtung hatte er schon früher unternommen. Es sei
erinnert an den „Liebethaler Grund“ aus der National-
galerie mit dem Regenhimmel und dem Fluß, der
zwischen bewaldeten hohen Ufern dahinfließt. Auch
dieses Bild enthält viel nordische echte Natur-
stimmung, und seine Malerei entspricht sicher dem
Charakter der deutschen Landschaft. Aber damals
stand Blechen noch stark unter dem Einfluß von
Caspar David Friedrich, selbst die Berührung mit J. C.
Dahl hatte nicht vermocht, Blechen aus der Herrschaft
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