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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Juniheft
DOI Artikel:
Junius, Wilhelm: Peter Breuer von Zwickau
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0368

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' j ank den zahlreichen aufschlußreichen stilkritischen
Untersuchungen und erfolgreichen archivalisehen
Forschungen der letzten Jahre haben wir ein anderes
und im Ganzen klareres Bild deutscher mittelalterlicher
Kunst, insbesondere der spätgotischen Plastik ge-
wonnen. Neben die markanten Persönlichkeiten, den
Nürnberger Adam Kraft, Veit Stoß1), die Rotgießerfamilie
Vischer2), Meister Pankraz Labenwolf, den Würzburger
Tilman Riemenschneider3), den Ulmer Meister Jörg Syr-
lin und Daniel Mauch4), den Münchner Erasmus
Grasser5), den Niederbayern Hans Leinberger und den
anonymen Meister von Blutenburg, den Augsburger
Adolf Daucher und Gregor Erhard, den Rheinländer
Konrad Meit von Worms, den Elsässer Nikolaus von

und bietet noch manches ungelöste Problem hinsichtlich
ihrer Beziehungen zu Nürnberg, Würzburg, Thüringen,
dem Harz, Schlesien und Böhmen. Wie in allen solchen
Fällen, mag die plötzliche Aufhellung manchen, der
suchte und fand geblendet und ihn im Gefühl der Ent-
deckerfreude verleitet haben, einen biederen Hand-
werker von Duodezformat, etwa der erzgebirgischen
„Kunstzentren“, in einem Atem mit den Großen West-
und Süddeutschlands zu nennen, wo doch bestenfalls
eine Verwandtschaft dritten Grades und ein recht an-
spruchsloses Epigonenverhältnis provinziell ver-
kümmerter Schulnachfolge vorlag. Ich denke da an
manches Werk der „Freiberger“ und anderer Provinz-
schulen und die zahllosen Unerfreulichkeiten wie sie

Glauchau, Stadtkirche St. Georgen. Flügelaltar des Peter Breuer von Zwickau. Um 1500

Hagenau6), treten weniger bekannte nord- und mittel-
deutsche Plastiker und last not least ein bescheidenes
Fähnlein thüringischer und sächsischer Bildschnitzer
oder Steinmetzen allmählich in schärferen Umrissen in
den Lichtkegel der kunstgeschichtlichen Forschung.

Die obersächsische Plastik insbesondere, die lange
der Beachtung und Würdigung ihrer Stellung innerhalb
der Gesamtheit der zeitgenössischen Kunst harrte, bot

1) Max Lossnitzer: Veit Stoß (1912).

■) Hubert Stierling: Besprechung von Simon Meilers: Peter
Vischer. (Jahrbuch für Kunstwissenschaft 1927, Heft 3/4 S. 258.)

3) Alfred Hadelt: Der Würzburger Bildschnitzer T. R. und
seine Werke. (Breslau 1912.) Justus Bier: Tilman Riemenschnei-
der. (Würzburg 1925.)

') Vgl. Gertrud Otto: Ulmer Plastik der Spätgotik (Gryphius-
Vcrlag, Reutlingen 1928). Mit 384 Bildern.

5) Ph. M. Halm: Erasmus Grasser. (Benno Filser Verlag,
Augsburg 1928.)

“) Robert Bruck: Elsässische Holzplastik,

etwa die Dresdner, Chemnitzer, Zwickauer, Bautzner
Altertumsmuseen in mehreren Exemplaren, oft gleich
rudelweise, aufstapelten, und die von Nichtsachsen mit
resigniertem Kopfschütteln ob solcher Hilflosigkeit be-
trachtet werden. Selbst lokale Ausstellungen alter
Kunst mit offiziellen Katalogen und in Zeitschriften und
in die Tagespresse lanzierten Propagandaartikeln be-
triebsamer Spezialforscher und rühriger Museumsleiter
werden nie und nimmer das Urteil derer trüben, welche
unter dem Mittelgut und kunsthistorischen Ausschuß der
„Paurentafeln“ nach Werken suchen, die stilpsycho-
gisch und stilkritisch den Zusammenhang mit jenem
Kunstgut aufweisen, das den höchsten Ausdruck mittel-
alterlicher Frömmigkeit und deutscher Empfindungstiefe
in sich beschließt.

Wie insbesondere die melancholische Wehmut der
unterfränkisch-würzburgischen Formengebung eines
Riemenschneider, die feinempfundene Schongauer-

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