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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI issue:
1./2. Juniheft
DOI article:
Steinbrucker, Charlotte: Eine Sammlung bedeutenders schwäbischer Plastiken im Besitz der Stadt Rottweil
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0384

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stark nach rechts vorwärts gebogenem Körper vom Wimperg des
Westportals der Rottweiler Frauenkirche, deren Meister sich am
Heiligen Grab in Freiburg gebildet hat. Von einem verwandten
Künstler stammen einzelne der Apostel von der Westwand des
Kapellenturms, die Bildwerke aus den Bogenfeldern der Treppen-
türme der Frauenkirche, welche nach ihrer Uebertragung in die
Lorenzkapelle am Turm durch Steingüsse ersetzt wurden, sowie
eine stehende Mutter Gottes und zwei liegende Hunde von der
Brüstung der Vorhalle der Heiligkreuzkirche in Rottweil und ein
thronender Christus mit Wundmalen und die auf einer Wolke
knieende Maria, welche zu der Gruppe eines jüngsten Gerichts ge-
hören, aus der benachbarten Köchlinsmühle. Denselben tektonisch
gebundenen Stil zeigen einzelne Holzskulpturen des 14. Jahrhun-
derts, wozu eine thronende Mutter Gottes aus Ueberlingen am Ried,
Christus und eine Gruppe von Aposteln mit langem Haar und eng
anliegendem, steilem Mantel aus der Pfarrkirche zu Laiz und meh-
rere Apostel und eine thronende Mutter Gottes aus der Kirche
St. Georgen im Schwarzwald gehören.

Den Uebergang zu der Spätgotik bilden die heilige Maria
Magdalena und die heilige Barbara Multschers aus der Kloster-
kirche in Heiligkreuztal, die zu einem um 1450 entstandenen Altar-
schreine gehören. Den Werken Multschers verwandt ist die
stehende Figur der heiligen Ursula von 1460 aus Biberach.

Aus der Zeit zwischen 1470 bis 1530 stammen nahezu zwei
Drittel der Bestände der Sammlung. Hauptwerke aus Ober-
schwaben bilden zwei Flügelreliefs mit der Geburt Christi und der
Anbetung der Könige von 1470 aus Markdorf, ein heiliger Abt
(Gallus) im Mönchsgewand von 1490 aus Ravensburg, eine Heilige
Sippe von 1500 aus der1-Stadtpfarrkirche zu Biberach an der Rill
von einem im Allgäu geschulten Meister, zwei einander entspre-
chende Gruppen eines Knieenden und eines stehenden Heiligen, die

Gruppe der Anna Selbdritt und der Kreuzfindung und zwei Altar-
flügel mit Heiligen des Jörg Kandel aus Wangen am Rhein. Der
Werkstatt des Gregor Erhärt gehört ein gut erhaltenes Kapitel-
altärchen mit einem Pestbild aus Urspring an. Dem älteren Syrlin
zuzuschreiben ist ein Johannes Evangelist und dem jüngeren eine
stehende Mutter Gottes aus der Kirche in Laiz, welche in künst-
lerischer Hinsicht der Mutter Gottes in Bingen nahesteht. Schöpfun-
gen Ulmer Kunst sind auch die Gruppe der Krönung Mariä und
mehrere Heiligen aus der Kapelle auf dem Heerberg, Oberamtmann-
schaft Gaildorf. Die Kunst des oberen Donautals ist am besten
durch die stehende Figur des heiligen Othmar von 1490 aus Wurm-
lingen bei Tuttlingen und die Gestalten der Mutter Gottes, der hei-
ligen Anna Selbdritt und der Heiligen Antonius, Georg und
Sebastian vom Schrein des Altars der Kirche zum heiligen Georg
in Weilheim gekennzeichnet.

Auch von der noch wenig bekannten spätgotischen Plastik
der Alb und des oberen Neckarlandes sind Beispiele vorhanden.
Hierzu gehören die thronende Mutter Gottes aus Binsdorf und die
stehende Maria in der Stadtkirche in Balingen vom Ende des 15.
Jahrhunderts, die heiligen drei Könige aus Gruol bei Haigerloch und
die Beweinung Christi aus S. Georgen im Schwarzwald, von der
sich eine ähnliche Gruppe in der Falkensteinkapelle bei Schramberg
befindet. Ein typisches Werk des Meisters von Weilen sind die
breiten Figuren mit knorpeligem Faltenwerk vom Geislinger Altar.

Die Aufstellung dieser wichtigen Sammlung war seinerzeit
durch den Dekan Dr. Dursch erfolgt. Eine Neuordnung wurde 1918
von dem Württembergischen Landesamt für Denkmalpflege, Herrn
Professor Dr. Baum in Ulm übertragen. Dieser hat auch (im Ver-
lag Dr. Benno Filser G. m. b. H., Augsburg 1929) einen wissen-
schaftlichen Katalog mit guten Abbildungen fast sämtlicher Bild-
werke herausgegeben.

Cranach, Die heilige Sippe

Bes.: Gilhofer & Ranschburg, Luzern

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