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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI issue:
1./2. Augustheft
DOI article:
Landau, Dora: Die zweite Auktion der Sammlung Figdor
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0436

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Venezianisch um 1500, Werkstatt des Pietro Lombardi, Tischglocke
Sammlung Dr. Albert Figdor, Wien
Zweite Versteigerung in Berlin am 29./30. September durch
Paul Cassirer (Berlin) und Artaria/Gliickselig (Wien)

Die Bilder der Sammlung: Figdor fügen sich als
ein wesentlicher Bestandteil in die Sammlung ein. Oft
um ihrer, kulturhistorischen Bedeutung willen erwor-
ben, sind unter ihnen anonyme Bilder häufig. Figdors
feine und sichere Kennerschaft ging ja nie auf den Kauf
eines „Namens“ aus; Wert und Einordnung in seine
Sammlung waren immer entscheidend. Wie bei jedem
andern Stück hat Figdor auch bei den Bildern auf ur-
sprüngliche Erhaltung geachtet und das schon in einer
Zeit, die bedenkenlos die alten Kunstwerke auf „schön
und ganz“ restaurierte.

Die Reihe der italienischen Gemälde beginnt mit
einer florentinischen Madonna der Zeit um 1200 vom
byzantinischen Typ der „Glykophilousa“ in Tempera
auf Leinwand. Im 15. Jahrhundert ist dann die Floren-
tinische Malerei besonders reich vertreten. Von Pintu-
ricchio ist ein Jugendwerk da, von Ambrogio di Predis
ein männliches Porträt. Ein zweites männliches Bild-
nis wurde von Baldass dem Lorenzo Lotto zugeschrie-
ben. Unter den niederländischen Bildern des 15. Jahr-
hunderts ist eine Geburt Christi um 1400 durch die
reiche genrehafte Darstellung interessant und vom Ende
des Jahrhunderts der Meister der Figdor’schen Kreuz-
abnahme, ein Schüler des Geertgen tot Sint Jans. Im

16. Jahrhundert ragt vor allem das schöne Rundbild des
Hieronymus Bosch „Der verlorene Sohn“ hervor. Die
beiden Köpfe klagender Frauen von Quentin Massys
finden sich auch im Mittclbild eines Flügelaltares „Be-
weinung Christi“ in Antwerpen; es dürfte sich hier um
eine eigenhändige Wiederholung handeln. Der Meister
der weiblichen Halbfiguren ist mit einem Klappaltärchen
vertreten, Benson mit einem männlichen Brustbild und
der in mehreren Museen vorhandene Meister der Mag-
dalenenlegende (Brüssel) mit zwei Bildern. Pieter
Aertsen und aus dem 17. Jahrhundert Pieter Brueghel
der Jüngere sind noch besonders zu erwähnen. Aus-
gezeichnete Stücke sind unter den deutschen Gemälden
des 15. und 16. Jahrhunderts. Vor allem Süddeutsch-
land und die Alpen sind gut vertreten. Da ist der
schöne Hieronymus im Gehäus des älteren Frueauf, da-
tiert 1498, da ist das bekannte Abendmahlsbild des Jörg
Ratgeb, das Mittelbild eines Triptychons, dessen linker
Flügel, das Passamahl, sich gleichfalls in der Sammlung
befindet. Bernhard Strigel (u. a. zwei Porträts Kaiser
Maximilians), Urban Görtschacher, Cranach d. Ä. und
Bartholomäus Bruyn kommen hinzu. Von größtem
Interesse aber ist das Porträt eines Mannes, das Ernst
Büchner im Wällraf-Richartz-Jahrbuch 1930 dem Dürer
zuschreibt (um 1510), nachdem schon früher berühmte
Malernamen mit dem qualitätvollen Bilde in Verbindung
gebracht worden sind.

Bei den Plastiken tritt Italien in der Zahl
etwas zurück. Auch hier sind wertvolle Exemplare zu
finden, wie die Halbfigur des heiligen Sebastian von

Prag, '14. Jahrih., Kopfreliqular / Sammlung Dr. Albert Figdor, Wien
Zweite Versteigerung in Berlin am 29./30. September durch
Paul Cassirer (Berlin) und Artaria/Gliickselig (Wien)

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