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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

DOI Heft:
Heft 14 (2. Aprilheft 1904)
DOI Artikel:
Preller: zum 25. April 1904
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Münzer, Georg: Uebungen im Musikhören, [3]: die Variation
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0078

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Heimat" und schließlich lebensvoller Bildniszeichncr. „Er selber mochte
von Zerlegung der bildenden Knnst in Fächer nichts wissen, und so
läßt sich auch seine reiche künstlerische Persönlichkeit nicht in ein Fach
zwängem Es ist lebendiges Wasser, das diesem Born entquoll, bald
mächtig rauschend, bald leise murmelnd, stets lauter und gesund. Eine
mannigfaltige, aber einheitliche, und zwar eine durchaus männliche,
vorwiegend herbe Kunst." Ja, so ist es. Aber nach zwei Seiten hin
drängte sich Prcllers Kunst doch mit reicheren Knospen. Auf der einen
lockte dic Sonne Homers, auf der andern sang vom Norden der Sturm
übers Meer. Wir haben's nicht zu beklagen, daß es ihn immer wieder
zur Odyssee trieb; unter dem Kunftgeist seiner Zeit mnßten diese
Blüten seiner Persönlichkeit zur vollen Entfaltung kommen, nicht die
andern. Aber in andern Jahrzehnten wäre Preller vielleicht der große
Schilderer der nordischen See geworden, der unserer bildenden Kunst im-
mer noch fehlt. Man wolle die Bilder durchsehn, die wir als „Nordische
Landschaften" Prellers in einer Kunstwartmappe gesammelt und von
denen wir einige auch in diescm Heft abgebildet haben, wolle be-
denken, daß sie zumeist nur Studien oder bescheidene Tusch- und
Sepiablätter wiedergeben. Und dann erst wolle man fragen, ob dieses
unser Meinen so unsinnig sei, wie es beim ersten Anhören klingt.

Aebungen irn sVIusikkören.

3. Die Variation.

Das cinfache Lied, das wir bisher (Kw. XVI, 19, 2;) betrachtcten, öfsnete
uns schon weitere Ausblicke. Noch aber ist sein Reich nicht durchmessen. Wir
nehmen eine größere Komposition vor, den crsten Satz aus Mozarts X-äur-
Sonate. Was ist das sür ein Gebilde? Der Anfang ist uns klar. Das tst
ein Lied, aus zwei Perioden bestehend, je einer acht- und zehntaktigen:












Aber auf dieses Lied folgt eine ganze Serie kleiner Stücke, auch zweiteilige,
in der Taktzahl und Harmonie mit jenem Liede übereinstimmend. Das sind
Variationen. Die Variation ist diejcnige Tonform, in welcher sich uns
der angeborene Kunsttrieb des Menschcngeistes vielleicht am unmittelbarsten
zeigt. Ein jeder von uns hat schon einmal so etwas wic cine „fixe Jdee' ge-
habt, will sagen, so eine Melodie, die nicht los läßt, und die man schlietz-
lich unwillkürlich mit allerhand Berzicrungen und Veränderungen aus-
stattet. Wir findcn ein Vergnügen darin, diesclbe Melodie in mancherlei neuem
Aufputz in allerlci Veränderung zu hören. Denken wir uns nun, einen Ton-
setzer begleitete cine solche Melodie, so werden gegebenen Falles aus dieser
Melodie eine Reihe von Variationen entstehen.

Versuchen wir einmal zu verfolgen, was Mozart mit seiner Liedmelodie
allcs bcgonnen. Betrachten wir nur die Tonschrist der solgenden Variationen,
so sieht sie manchmal aus wie seine Arabesken. Wir könnten die Notenfiguren
nachziehen und würden an manchen Stellen ein reizendes Linienspiel erhalten.

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