Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

DOI Heft:
Heft 18 (2. Juniheft 1904)
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0322

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Den Sckuß ins Herz, der Rugel Sxur.
Bei meinem Freund zum ersten Mal
Sah ich das Linglas niederschnippen,
Und Tränen fielen ohne Zahl
Dem Toten aus die bleichen Lippen.

G schäm dich nicht, wenn dies du liest.
Daß dir so leicht die Träne fiießt.

Im Sterben trägst du noch die Scherbe,
Ich sei, stirbst früher du, der Lrbe,
Dann denk ich an den treusten Freund,
Den je die Sonne hat gebräunt.

Poesie.

Dort das Feuer aus tansend Schlünden,

Und donnerndes Lcho aus Tälern und Gründen,

Das ist der Feind, was er pusten kann;

Wahre dich, wahr dich, es trabt wer heran:
vor sechzig Schwadronen hat in den Wogen
Lin jungcr Raiser den Pallasch gezogen.

Und blendend im plötzlichen Sonnengießen
Siehst du den Stahlstrom vorüberschicßen,

Die Standarten bekrönt mit Lichenlaub.

Als gelbgraue lvolke folgt ihm der Staub
Und hüllt ihn ein — und langsam, ge>uach
Fährt der Siegeswagen ihm nach.

Lin stämmiges Frauenzimmer regiert
In der Linken des edlen Gespannes Geviert.
wie der Knecht, der an Aummten und Lrippen geboren,
Knallt sie vom Stand aus dem Zug mn die Dhren,
Ljinter ihr raschelt, am Lnde der Nluschel,

Lin ununterbrochenes Lorbeergetuschel.


Hllgerneineres.

G Namen als Worte.

Herman Grimm hat den schönen
Ausspruch getan, den Brüdern Grimm
sei das gelungen, was als das Höchste
zu schätzen sei, ihren Namen zu einem
Worte zu machen. Man versteht, die
Anschaunngskraft und Ausdrucksfähig-
keit eines Volkes wird dadurch um
allerwertvollste Elemente bercichert
und verstärkt, daß es so zusammcn-
gesetzte und schwer beschreibliche
Größen, wie es geschichtliche und kul-
turelle Persönlichkeiten sind, mit

einem einzigen Worte vor die Seele
bringen kann. Hier handelt es sich
um Worte einer hohen und starken
Kultursprache, die doch für nnser Be-
wußtsein ihre Wurzeln tiefer senkt
als die gewöhnliche Sprache. Denn
keinerlei Kultur- oder Altertumsge-
fühle. bewegen uns bei dem Worte
„Tisch", wührend wir von Hilde-
brand oder Dietrich von Bern
nicht sprechen hören vhne einen gan-
zen Hintergrund altcr Kultur und
Sage auftauchen zu sehen. Je wert-
voller und in sich reicher nun die

260

Annstwart
 
Annotationen