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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 19 (1. Juliheft 1904)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0387

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llnsrs l^olen onck biläer.

Es gereicht uns zur ganz besonderen Freude, unseru Lesern heute das
„Wesendonk-Heft" mit einer Festgabe ersten Ranges überreichen zu können,
mit einem Liede Richard Wagners uud zwar mit dem ersten der
Lieder, die er eben Mathilde Wesendouk gewidmet hat. Es ist „Der Engel".
Die großatmige, gleichsam aus der Sprache aufblühende Melodie vereinigt
Schwung und schwärmerische Jnnigkeit. Jn der Harmonie liegt viel über-
raschender Ausdruck, obzwar sie nur nach den nächstgelegenen Tonarteu
moduliert, also verhältnismäßig einfach ist. Jm Nachspiel lenkt Wagner
beziehungsvoll in den verzückten instrumentaleu Mordent ein, der im „Rhein-
gold" Loges Sang „von Weibes Wonne und Wert" beschließt und desseu
wahrhaft bezaubernde Wirkung in der bloßeu Wendung der Harmonie zur
Subdominante liegt. Was in dem Rundschauartikel dieses Heftes über die
Klavierbegleitung der Wesendonklieder gesagt ist, gilt ganz besonders voin
„Engel". Sie ist nicht mehr als die harmonische Stütze der Melodie, wo-
bei sich's Wagner angelegen sein läßt, die schlichten Akkorde in rhythmisch
unterschiedene Stimmen aufzulösen und so fürs Auge interessant und fürs
Ohr recht flüssig zu machen.

Von uusern Bildern ist das dem Hefte vorgesctzte eiu Dorner-
sches Bildnis von Mathilde Wesendonk. Wir bringcu es, weil es sich wohl
gehört, die auch im Bilde zu zeigen, deren Geist so oft zwischen den Blättern
dieses Heftes schwebt, und sie s o zu zeigcn, wie sie damals in die Welt
sah, als zwischen ihrer und Richard Wagners Seele die feineu Fäden
spannen. Aber wir bringen dieses Bild auch gern, denn ihncu sogar,
dcnen die dargestellte edle Frau nicht nahestände, würde das Bild als
Bildnis kaum gleichgiltig bleiben. Nicht, daß es ein hervorragendes Meister-
werk wäre. Aber es zeigt an einem Beispiele, wie gut auch manche miuder
berühmte Künstler in ihrer Ueberlieferung zu eiuer Zeit malten, die uus oft
als eine Zeit allgemcinen Tiefstandes der deutschen Kunst gcschildert wird,
wie geschmackvoll, wie gediegen und wie natürlich schlicht.

Die beiden im Anhaug wiedergegebenen Blätter sollen auf die Bilder-
Publikatiouen hinwcisen, die kürzlich in dem Verlage vou I. C. C. Bruns
in Mindeu über Fidus erschienen sind, iusbesondere auf das Prachtwerk
„Fidus" vou Wilhelm Spohr. Vielleicht, wir kommen darauf noch einmal
zurück, schon heute jedenfalls dürfcn wir das Bekcnutnis nicht unterdrücken,
daß wir Fidus so hoch, wie Spohr tut, nicht stellen köuneu, daß uus scine
ursprünglichc Kraft nicht immer auszureichen scheint, wo cr sich großc Auf-
gaben stellt. Zu dem Schönsten, was er geschaffen hat, gehört für unser
Gefühl dic Umschlagzeichuung zu einem Gedichtbuche von Franz Evers, die
wir mit dem ersteu der Fidus gewidmeten Blättcr wiedergeben. Weilt nicht
eine merkwürdig starke, sast musikalische Feierlichkeit über dieser Wächter-
schar von Jüuglingeu? Weuig bekannt ist Fidus als Landschaftsmaler, um
so mehr Teilnahme wird das düstere Küstenbild bei unsern Lesern finden.
Für uns wenigstens licgt eine so große, crnste Stimmuug dariu, daß wir
bedauern, uicht häufigcr solche Stoffe vou Fidus gestaltct zu sehu. Locken
uusre beiden Bilder nicht doch, sich weiter iu dem Spohrschen Bande um-
zuschauen?

VeramworUtch: der Herausgeber Ferdinand AvenariuS tn Tresden-Blasewttz. Mirlcttende:
fürMufik: vr. Richard Batka tn Prag-Weinberge, für bildende Äunft: Prof. Paul Schultze -
Naumburg in Saaleck bci Kösen in Thüringen. — Sendungen fttr den Text an den Herausgeber,
über Mufik au vr. Batka. — Druck und Berlag von Georg D- W. Call >vev in München.
Bestellungen, Anzeigcn und Geldsendnngen an den Vcrlag Georg D- W. Callweh tn München.
 
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