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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 21 (1. Augustheft 1904)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0482

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AUgerneineres.

Krmctsekall

G „Zeus."

Vor uns liegt wieder ein neues
Gebilde aus den Bereichen des Höhen-
rauches: „Zeus" heißt es gleich, bei
Enke in Stuttgart ist's erschienen,
und „einen Deutschen" nennt's sei-
nen Verfasser. Auch dieser Deutsche
ist ein vielseitiger Mann. Er beginnt
mit der Frage: „Gibt es ewige Gcsetze
des Schönen?", und er schließt mit der
Feststellung des „sittlichen Postulats
des Jdealismus". Jn den sechs Ka-
piteln, die dazwischen liegen, Philoso-
phiert er „immer so aus dem Aermel"
über so ziemlich alles, was einen heu-
tigen Zeitungsleser interessiert, über
das Wesen des Genies, über Lom-
broso, Laokoon, Gymnasialreform,
über Eberlein, Schönheit und Moral,
Rassetypen, die Macht der Liebe, den
Unwert des Gemcinen und sehr vieles
mehr. Er macht seine Sache immer
gern kurz ab und beantwortet sich
z. B. die weite Frage „Was uns
fehlt?" in vierzehn Zeilen resolut da-
hin: ,,. . . eine allgemeine ästhetische
Erziehung von echter Art", um dann
sofort zu etwas anderm überzugehen.

Dieser Deutsche ist also cin Typus,
und zwar kein unwichtiger. Denn
ohne unsern Bildungsphilister können
wir weder Kunst- noch Weltpolitik
treiben, geschieht es aber, so geschieht
es nicht nur durch ihn, sondern auch
für ihn. Darum ist ein Buch wie die-
ses wichtig sozusagen als aufklärender
Thermometer. Diesmal ist es einer
mit ziemlich offiziellcm, mit was man
so nennt „konservativem" Gradmesser.
Eberlein und Begas werdcn gegen
ihre Herabsetzer verteidigt, wirksam
aber nur gegen die, welche „die
Künstler des Kaisers" aus systema-
tischer Opposition eben gegen den
Kaiser angreifen. Dann stellt der
Mann „mit einigem Humore" fest,
was vor ihm schon so viele mit
einigem Humore festgestellt haben,

„daß es ein Vorzug der gebildeten
und reichen Leute ist, die Armeleut-
malerei und überhaupt die Wahl häß-
licher oder abstoßender Stoffe in
ihrem ganzen ästhetischen Werte be-
greifen und genießen zu dürfen", —
er stellt es fest heutzutage, wo die Ar-
meleutmalerei so lange schon aus der
Mode ist. Von der ncuesten Baukunst
verspricht er sich nicht viel, denn
„selbst der große SemPer getraute sich
nicht, einen neuen Stil zu erfinden"
— als wenn „die" neueste Baukunst
„einen neucn Stil", das Wort im Scm-
perschen Sinne genommen, „erfinden"
wollte. Dann geht's gegen die Nczen-
senten Liebermannscher Gefolgschaft,
die auch unsere Männer nicht sind,
die man aber gcwiß nicht ohne weite-
res der Gesinnungslumperei verdäch-
tigen darf, ohne Bewcise zu bringen,
und gegen „die" Sezession, als strcb-
ten Licbermann und Klinger, Slcvogt
und Thoma alle nach ein und dem-
selben Ziel. Was unser Mann sagt,
ist dabei selten vollkommener Wider-
sinn, es sind überall' zusammen-
gelesene Ganz-, Halb- und Viertcls-
wahrheiten, die er mit gclassener Hand
durcheinanderquirlt. Kurz, wie so viele
Broschüreu seitdem: der „Mcthode"
nach „Rembrandt als Erzieher". Nur
ist Langbehn all scinen Nachfolgcrn
an Kenntnissen, an wirklichem Geist
und an Brillanz der Antithcsen mehr-
mals überlegen, ferner war cr der
erste, und drittens sagte er manches,
was damals wirklich neu war. Unser
Deutscher ist auf seinen Ahn schlccht
zu sprechen. Es heißt da (S. 62) nach
einer Abstechung Ruskins: „Verwor-
rene Bücher besitzen wir in Dcutsch-
land schon genug, wir brauchtcn keine
aus England zu beziehen; zum Bei-
spiel das Buch »Rembrandt als Er-
zieher«... Hcutc liest es kcin Mensch
mehr, und es wird im Geistesleben
keine weitere Spur zurücklassen, als

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Runstwart
 
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