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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1904)
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Plehn, Anna L.: Kunst-Reise-Führer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0449

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Jn der kommenden Reisezeit werden Hunderte wieder die Führer
zur Hand nehmen, welche die fahrenden Leute durch die vielverschlun-
genen Wege zwischen Hotels, Aussichtsbergen, historischen Erinnerungs-
stätten und Kunstdenkmälern sicher hindurchzuleiten bestimmt sind. Für
all diese verschiedenen Jnteressen sorgen Bädekers oder Meyers prak-
tischc Kürze, die sich im ganzen klüglich mit einer trockenen Aufzählung
körperlichcr und geistiger Anziehnngspunkte begnügt.

Ja, der gute alte Bädcker ist selbst in Kunstdingen gar nicht der
schlechteste Natgeber, schon weil er sich in der Regel der ästhetischen
Urteilsabgabe enthält. Besonders empfehlenswert aber macht die rot-
gebundenen Bücher die Maßregel, ein besonderes Programm für Rei-
sende mit beschränkter Zeit aufzustellen. Auch wer Muße hat, könnte
es sich zur Regel machen, wie er von den vielen angegebenen Gast-
häusern doch nur ein einziges auswählt, so auch nur wenige „Sehens-
würdigkeiten" aufzusuchen. Seine Kunstbildung würde dabei wohl
gedeihen.

Aber die Eifrigen Pflegen die ganze Liste mit und ohne Stern
„durchzuarbeiten". Sie begnügen sich nicht einmal mit der Weisheit
im Stenographenstil. Sie Pflegen ein besonderes Kunsthandbnch dem
Jnhalt ihrer Koffer hinzuzufügen, in dem sie oft schon einige Monate
vorher eifrigst studiert haben. Und die Verleger haben weislich mit
dieser Gewöhnung zur Gründlichkeit am Reiscmenschen gerechnet. Sie
fügten zu den eigentlichen Kunstgeschichtcn neuerdings mancherlei
Einzcldarstellungen bestimmter Städte und Zeitabschnitte von beson-
derem Jnteresse; Bücher, die ganz eigentlich für den Gebrauch von
Nichtgelehrten bestimmt sind. Ein löbliches Unternehmen. Wenn nur
zugleich mit der Aufzählung mancher technischen Einzclheiten noch
mehr über Bord geworfen wäre von dem Ballast, der die Säcke des
Fachmannes zu beschweren Pflegt. Muß denn, wer die Kunst grüßen
will, auf jcden Kirchturm und in alle Kammern der Museen ge-
führt werden? Kann nicht, wer nach Paris kommt und dort wirk-
lich gute Bekanntschaft mit der Kathedrale diotre äams schloß, auf
den Besuch der „Madeleine" nnd noch von einem halben Dutzend

ZSt

Augustbeft ^go^
 
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