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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 21 (1. Augustheft 1904)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0493

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Wir geben diese Ansichten zur Jn- kalere Meinungen gerade über diese
formiernng. Nächstens werden wir Fragen hier blicken lassen. -t.

unsre Leser auch noch in weit radi-

llnsre l^olen uncl kilcler.

Noten geben wir diesem Hefte außer denen im Texte nicht bei.
Dafür bekommen unsere Leser in den beiden nächstfolgenden Heften eine
doppelte und dreifache Portion, sodaß das Quartal als Ganzes trotz des
Ausfalls beim heutigen Hefte wesentlich mehr an Notcn bringcn wird als
die anderen. Wir möchten jetzt einmal ein größeres Tonstück bringen,
und das bringen wir lieber nach Möglichkeit hintereinander.

Wir schreiten vom Meer zum Fels: unserm Hefte vorgesetzt ist dies-
mal, nach dem Küstenbilde von Cissarz im vorigen Kunstwart, ein Hoch-
alpenbild vou Ernst Platz. Ueber den weiten wcißen Firn aufragend
nnd in der reincn Luft dieser Höhen so klar, als wär' es in nächster Nähe,
das ferne Matterhorn. Hinteu eine schwere, düstere Wolkcnmauer quer über
den ganzen Bereich, droben tief schwarzblau der Himmcl.

Nun einmal ein plastisches Werk: eine italicnische Prinzessin von
Desiderio da Settignano, eine Büste ans dem an gewählten italie-
nischeu Renaissanceschätzen so überaus reichen Museum von Berlin. Die-
selbe Kunst feinsten Zurückhaltens im Ausdruck hier wie bei Lionardis Mvna
Lisa. Und gerade dadurch auch dieselbe so wundersam intime Lebendig-
keit, daß mit den kleinsten Mitteln nur eben angedeutet, aber allerdings
niit vollkommener Sichcrhcit nach der rechten Richtuug gedeutet wird. Wie
spricht der Mund, wie blicken die Augcn, obgleich wir nicht cinmal ihre
Pupillen sehn!

Zu dem merkwürdigen Doppelbilde „Lebcn und T o d", das wir
noch mitgeben, einem altdcutschen Bilde aus Nürnberg, geben wir Paul
Schubring das Wort:

Jn der Bildergalerie des Germanischen Museums, dereu vornchm ruhige
Oberlichträume so wohltuend gegcn das wirre Dunkcl und die übel ange-
brachte Mystik all der Kreuzgängc, Kapellcn, Kemenaten und Verließe dieser
Sammlung abstechen, fand ich kürzlich ein kleines Bild, das mich seltsam
anzog. Es ist eine niedrige, schmale Doppeltafel, ein sogcnanntes Diptychon,
oben abgerundet; man möchte sie für die Außenflügel eines Klappaltärcheus
halten. Jch habe mich überzeugt, daß die Rückseite immer leer war, die
ungewöhnliche Form aber absichtlich gewählt worden ist. Eine schmale
Goldlciste durchschncidet die Mitte der Tafel, die also nur aus zwei ganz
schmalen, hohen, obcn abgerundeten Flächen besteht. Der Meister ist unbe-
kannt; ucuerdings hat man dcn sog. „Meister des Hausbuches" oder des
„Amsterdamer Kabinets" vorgcschlagen. Jedenfalls gehört er dem enden-
den XV. Jahrhundert an. Das Geheimnis der Herkünft wird noch erhöht
durch das Ungewohute der Darstellung.


t. Augustheft tdv4
 
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