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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 15 (1. Maiheft 1904)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0171

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hervortritt. Dürer ist vom „Zeichnerischen" ausgegangen, Samberger vom
„Malerischen", das will, da die Farbe bei diesen seinen Zeichnungen weg-
fällt, besagen: vom Licht. Aber ums Wiedergeben des bloßen Augenein-
drucks allein ist es Samberger so wenig zu tun gewesen wie Dürern; wie
dem alten Meister das „Zeichnerische", so ist dem neuen das „Malerische"
Mittcl zum Ausdruck von Seelischem. Wie hebt Sambergers Charakteristik
das Wesen des Dargestellten blitzartig heraus! „Blitzartig" — ja, wäre
dieser Eindruck ohne diese Technik möglich? Ein farbiges Gemälde, wie das
Dürersche, fordert einen andern Stil, eine andere Art von „Ruhe" — wir
treffen auf einen dritten Unterschied, wenn wir die gehaltene Stellung des
Selbstbildnisses, wenn wir diese gemessene Monumentalität mit dem
Eindruck des glücklich erfaßten Augenblicks bei Samberger vergleichen. Anch
wer unter den Alten mit Farben in entsprechcnder Weise malte, erstrebte in
seiner Charakteristik nicht Monumentalität, sondern Momentanität — man
denke an Frans Hals. Das gibt ein schönes Beispiel für den Zusammenhang
von Technik und Seele. Der eine wie der andre Meister hat in echtem
Stilgefühl gemäß den ganz verschiedenen Entstehungsbedingungen der einzelnen
Werke gearbeitet, so daß sich dieser Heutige neben dem altcn Meister immer-
hin tüchtig auf den eignen Füßen hält. Daß die von Samberger Darge-
stellten Defregger und Nudolf von Seitz, also zwei bedeutende
Münchner Künstler sind, wird seinen Blättern für unsre Leser auch uoch
ein stoffliches Jnteresse geben.

Was ist das, rufen die Leser, „V o n Lehrern empfohlen" —
ja, was bedeutet dieses letzte Blatt mit dem fürchterlichen Bazar-Möbcl-
Klimbim? Der „Hilssverein dentscher Lehrer" in Berlin ist laut Vorbe-
merkung in seinem Musterbuch „eine Einrichtung, welche den Kollegen Waren
aller Art besorgt, selbst dabei nur einen minimalen Nutzen hat und dessen
Ueberschüsse nach Verzinsung des Grundkapitals wohltätigen Stiftungen der
deutschen Lehrerschaft zuflicßen". Wenn er behauptet, daß er seine Sachen
„zu den billigsten Fabrikpreisen der Großstadt besorgt", so wollen wir dazu
nur bemerken, daß diese in seinem Musterbuch verzeichneten Möbel durch-
aus nicht billiger sind, als wir sie an so und so viel Stellen anderswo
auch gefunden haben. Jedenfalls nimmt er Preise, für die sich gute
Möbel herstellen ließen. Und was liefert er dafür? Wir sind es seit
dem Vorgehen der Hamburger und Altonaer gewohnt, gerade unter unsern
Volkslehrern die eifrigsten Verbündctcn im Kampfe gegen den Ungeschmack
zu snchen und zu finden — was sagen diese Männer zu diesen „Empfeh-
lungen" ihres Hilfsvereins? Unter den anderthalb hundert „Musterstücken"
seines Katalogs ist kaum ein halbes Dutzend einigcrmaßen einwandfrei,
sind von zwanzig Stücken sicherlich neunzchn elendeste Bazarware, die
Jmitation, Ornamentiasis, Stumpfsinn, Protzerei und „Stil"-Schwindcl der
widerwärtigsten Sorte in die Lehrerhäuser zu tragen bemüht ist. Tut hicr
nicht ein gründliches Aufräumen auf das allerdringlichste not? Und wie viel
Segen könnte der Lehrerverein durch seine Möbel - Empfehlungen stiftcn!
Wünscht' er guten Rat dabei, so könnt' er ihn vom Dürerbunde holen.

Berantwortlich: der Herausgeber Ferdinand Avenarius in Dresden-Blasewttz. Mitleitende:
für Mkufik: vr. Richard Batka tn Prag-Weinberge, sür bildende Kunst: Prof. Paul Schultze»
Naumburg in Saalect bei Köseu in Thüringeu. — Sendungen für den Text an den Herausgeber,
übcr Mufik an vr. Batka. — Druck und Verlag von Georg D. W. Lallwey tn München.
Bcfiellungen, Anzeigen nnd iHcldscndungeii an den Verlag Georg D- W. Callweh in Müuchen
 
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