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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1904)
DOI Artikel:
>Münzer, Georg: Uebungen im Musikhören, [5]: das durchkomponierte Lied
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0462

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Llebungen im jVlusikkören.

5. Das durchkomponierte Lied.

Wir waren von der Liedmelodie ausgegangen und hatten dabei an--
genommen, daß diese für das ganze Lied dicne, in der Wcise, daß alle
Strophen des Liedes zu derselben Melodie gesungen wurden, wie das beim
Volksliedc zu geschehen Pflegt. Schon aus dieser einfacheu Grundform des
Liedes ließen sich — wie wir sahen — größere, kompliziertere Kompositionen
erklären. Betrachten wir nun eine andere Form des Liedes, das sogenannte
durchkomponierte Lied. Es entsteht, wenn der Komponist jede Strophe eines
Gedichtes mit einer besonderen Melodie ausstattet. Das Wcsen dieses durch-
komponierten Liedes wird uns recht klar werden, wenn wir ein Gedicht
wählen, das musikalisch in beiden Arten dcr Liedkvmposition behandelt
worden.

Ein solches Gedicht ist Goethes „Veilchcn". Fricdrich Reichardt, der
alte Hofkapellmeister Friedrichs des Großcn, hat es strophisch komponiert:









'—

-


Ein Veil-chen anf der Wiese stand, ge-bückt in sich und unbe-kannt, cs



war ein herzig's Veilchen, da kam ein' junge Schä-fe-rin mit lcichtem




!-!1


» s—-—^

ch. ^-


Schritt und munterm Sinn, da - her, daher die Wie - se her und sang.

Die Melodie widerspricht trotz ihrer Einfachhcit dcr Durchschnittsstim-
mung des Liedes nicht. Es ist eine schlichte Komposition, aus zwei Perioden
zusammengesetzt. Vicl komplizierter ist Mozarts Bertonung desselbcn Textes.
Sie ist dreimal so lang als diejenige ReichardtS. Mvzart gab jeder Strophe
eine eigcne Melodie, welche genau dem Sinn der betreffenden Stelle ent-
spricht. Wir finden zuerst eine klcine instrumentalc Einleitung, welche die
Anfangsmelodie vorwegnimmt. Die erste Strophe:

O

inüisnilipihi:

':-4.


Ein Veilchen auf der Wie-se stand ge - bückt in sicki und unbckannt;











'


es war ein herzig's Veil-chen, da kam ein' junge Schäferin mit leichtem





-



Schritt und munterm Sinn, daher, daher die Wie-se her und sang.
S7^ Runstwart
 
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