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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

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Heft 8 (Maiheft 1922)
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Popert, Hermann M.: "Wenn - - ": zu Hermann Poperts "vaterländischem Traum"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0108

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Der Generalmajor: Die Rheinbrücken, Exzellenz? Vor zwei Stunden
konnte ich über die nördlichste davon nur noch hinüberkommen, nachdem ich

— die weiße Armbinde angelegt hatte. (Der Feldherr richtet sich ganz
starr auf.) Ich hörte dort, Exzellenz, daß seit sieben Rhr die Besatzungen
sämtlicher Rheinbrücken nur noch den Befehlen des Kanzlers gehorchen.

Der Feldherr (steht, wie blitzgetroffen, steil. Der Generalmajor und
der Oberst vom Generalstabe blicken entsetzt auf ihn, bereit zuzugreifen,
falls er niederstürzen sollte. Zehn Sekunden lang Laut- und Bewegungs-
losigkeit. Dann hat der Feldherr die Herrschaft über Glieder und Zunge
wieder. Er geht ans Fenster, schaut zum Himmel auf und sagt ruhig):
Vater, nicht wie ich will, sondern wie Du willst.

Der Kommandeur des Telegraphendienstes (stürzt herein): Exzellenz,
die Verbindung mit Deutschland arbeitet wieder. Der Kabinettschef Seiner
Majestät des Kaisers bittet, Luer Exzellenz am Telephon sprechen zu
dürfen. Ich habe deshalb die Leitung sofort hierher umstellen lassen.

Der Feldherr (zum Oberst vom Generalstabe): Bitte, Herr Oberst, gehen
Sie an den Apparat.

Der Oberst vom Generalstabe (geht an das Tischtelephon und legt den
Hörer an das Ohr. Dann wiederholt er stückweise, was er hört): Da infolge
der Störung in den Verbindungen — Seine Majestät außerstande waren

— in diesen wichtigen Stunden — den bewährten Rat Euer Exzellenz'
einzuholen — da aber schnelles Handeln unbedingt geboten war — so sind
Seine Majestät durch Seine Exzellenz den tzerrn Reichskanzler — mit
den feindlichen Regierungen — in unmittelbare Verhandlungen auch über
den Waffenstillstand . . .

Der Kommandeur des Telegraphendienstes (wiederholt unwillkürlich):
auch über den Waffenstillstand.

Der Oberst vom Generalstabe (am Telephon fortfahrend):... eingetreten.
Die Verhandlungen haben — nachdem insbesondere seitens der groß-britan-
nischen Regierung ein scharfer Druck auf die französische ausgeübt worden
ist — zu der Vereinbarung geführt —,

Der Generalmajor (wiederholt unwillkürlich und mit halbangehaltenem
Atem): Vereinbarung.

Der Oberst vom Generalstabe (am Telephon fortfahrend): daß heute am
2L. Iuni, um (0 Uhr morgens die Feindseligkeiten auf allen Fronten ein-
zustellen sind. Unmittelbar darauf wird eine Deputation hoher feindlicher
Offiziere bei Euer Exzellenz eintreffen, um mit Euer Exzellenz die De-
markationslinie zu verabreden. Das Abkommen ist unsern sämtlichen
Heeresgruppen durch den Herrn Reichskanzler unmittelbar mitgeteilt worden.
(Man hört noch den entfernten Geschützdonner.)

Der Feldherr (zieht seine Uhr): Meine Herren, es ist eine Minute vor
zehn. (Zum Kommandeur des Telegraphendienstes): Herr Major, nicht
wahr, Sie denken daran, mir, sobald die Dienstgespräche es zulassen, eine
Verbindung mit meiner Frau zu verschaffen.

Der Generalmajor: Ich bitte, Exzellenz, hinzuhören: Der Geschütz-
donner setzt plötzlich aus.

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