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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

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Heft 9 (Juniheft 1922)
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Findeisen, Kurt Arnold: Aus der Armutei: Gedichte
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Birt, Theodor: Die Götter Homers
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0174

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Ä«n stiehtt »om -er verzückteir Äarawäne
Sich zaudernö Licht unr Licht.

Nun stolxert hier ein kleiner lvicht

Von Sannen, -ort verblitzt ein Liinklein jäh irn Astwerk >er Zplatane.
Nun zweigt sich's al> zu zweien, dreien, vieren,

Anr sich in L>lcrnk«nzäunen zu verlieren.

Nun irrt nur noch ein letzter Flänrnrchenschein,

Lrn Sönnlein, taxfer, unverzagt,

Bis es -ann auch verhuscht — noch einnral ragt —

Verhuscht inr starrenöen Gestein. —

Gleichgültig senkt L>ie Nacht verdrotz'ne Lieder.

Aber noch lange gecht in öen Gassen eine grotze Freude auf unö nie-er;

Noch lange haben die Nlietskasernen

In wachen Augen einen Schinrrner wie von Sternen.

Die Götter Homers

Von Theodor Birt'

hat dre Religion Homers Kunstreligion genannt; sagen wir
^>/ / > besser Dichterreligion. Dichtertrieb ist Spieltrieb, und vollkommene
^Freiheit der Seele ist die Voraussetzung. Der Dichter nimmt seinen
Gegenstand, er sei, welcher er sei, und spielt übermütig mit ihm in unge--
hemmter Laune, auch da, wo es sich um Gott handelt, den er nach seinem
Bilde, nach menschlichem Bilde schafft. Auch die Götter voll Begierden und
Leidenschaften! Die Leidenschaften der Menschen, ob heroisch, ob sinnlich
genußsüchtig, wären nicht begreiflich, wenn sie nicht auch in Gott wären,
der der Rrgrund von allem, der uns wesensverwandt, der unser Vater ist.
Eine zutrauliche Frömmigkeit ergab sich daraus, wie sie uns kaum irgendwo
sonst so entgegentritt. Den Gott muß ich lieben wie einen Vertrauten, der
überirdisch ist und doch so lieben und zürnen, so trauern und lachen kann
wie ich; so dachte der Grieche jenes naiven Zeitalters.

Soweit die Charaktere. Die äußere Erscheinung bleibt noch übrig. Denn
man wird fragen: wie sahen denn aber die homerischen Götter aus? Die
Antwort ist: der Dichter weijz es nicht; er weiß auf solche Frage fast
nichts zu sagen. Er hat für sie immer nur das eine Wort schön. „Die
Iugend ist auch im Sterben noch, schön, nicht aber das Alter": das
gilt zunächst von den Sterblichen, und wir wollen glauben, daß die
griechische Rasse damals schon Mustergestalten genug erzeugt hat, die das
Auge betörten und wie ein Wunder wirkten. Aber der Palast in Knossos,
von dessen Gemälden ich sprach, und ebenso die griechische Vasenmalerei
des 8. und 7. Iahrhunderts v. Chr. zeigt uns, daß man in jenen Zeiten den
schönen Menschen zeichnerisch noch gar nicht aufzufassen vermochte; darum
auch keine Götter. Ungefähr alle Menschen (äußsr Thersites und Dolon)
heißen bei Homer schön; denn Schönheit adelt; erst recht heißen so die
Götter. AHill rühmt sich selbst, wie groß und schön er ist. Aber das sind

* Aus dem neuesten Buche von Theodor Birt „Von Homer bis Sokrates"
(Leipzig, Quelle und Meyer). Ich möchte durch diese Probe die Empfehlung unter--
streichen, die ich für den Kunstwart schon neulich niederschrieb.
 
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