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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1922)
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Fischer, Eugen Kurt: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann: zu seinem 100. Todestag am 22. Juni
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Liebscher, Artur: E. Th. A. Hoffmanns Oper Undine
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0158

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Novellen, MarchLn, kunstkritische Essays schrieb Hoffmann. Keine
Lyrik, keine Dramen. Das romantische Erlebnis dulbete keine strenge
Form, es war meist sich selbst genug. Seine Quellen? Die Iahr--
hunderte vorher und das Gesicht der Stunde. Man kann Schiller,
kann Kleist, Iean Paul und Tieck für einzelnes namhaft machen, kann
magische und kabbalistische Schriften aufzählen, kann tzoffmann in der
Spätromantik „verankern": das Eigene ist uns wichtiger, die Schöpfung
einer neuen realistischen Erzählungskunst aus dem Nebelmeer roman-
tischer Traum- und Schauerwelt heraus. Goethe und Walter Scott, die
ihn verdammten, kannten nur den Phantasten. Der Weimarer Geheimerat
nannte ihn zusammen mit — Clauren, Tieck sah in tzoffmanns Werken
nur verzerrte Nachahmungen seiner eigenen Dichtungen, das Publikum
machte ihn zum meistgelesenen Modeschriftsteller. Und zum wenigst ver-
standenen. Erst unsere Zeit, in der romantischer Realismus, Ästhetizismus
und Mystizismus neu erwacht ist, kann ihn ganz begreifen. Wieweit Paul
Scheerbart, Hanns Heinz Ewers und Gustav Meyrink, die Gespenstermänner
der Gegenwart, tzoffmann verwandt sind, bleibe hier unerörtert. Genug,
daß selbst sein „Lieblungsthema" wieder „aktuell" ist. Lange freilich darf
man in keinen Zerrspiegel sehen. Hoffmann genügt uns denn auch nicht,
die wir an Goethes Welt der umfassenden Persönlichkeit, der Harmonie
und hohen Lebensmeisterung festhalten wollen, aber er ist eines Blutes und
Geistes mit unseren großen Monologisten Wedekind und Strindberg,
die vor lauter Erlebnisdrang die Gestaltung der Persönlichkeit und ihre
Spiegelung im Formkunstwerk vergessen mußten, weil immer neue Stimmen
des Lebens und immer neue Abgründe lockten. Wer Shakesperes Welt
liebt, wird an der seines glühendsten Verehrers E. Th. A. Hoffmann nicht
fremd vorübergehen. E. K. Fischer

E. Th. A. Hoffmanns Oper Llndine

^^ie beste Oper Hoffmanns ist heute vergessen. Daß der Dichter, Iurist
>-^^und Zeichner nebenbei noch ein recht beachtlicher Musiker war, steht
zwar in jedem Lexikon zu lesen, aber diese Tatsache wird gewöhnlich
als eine rein biographische Angelegenheit betrachtet, als eine neben vielen
anderen jener auffälligen Häufungen von Doppelbegabungen an hervor-
ragenden Persönlichkeiten der Romantikerzeit. Zweifellos ist auch eine
unmittelbare Einwirkung von tzoffmanns musikalischen Schöpfungen auf
die Kultur der Gegenwart ernstlich nicht mehr zu erwarten. Ihre Zahl ist be-
trächtlich, doch nur weniges davon läßt sich heute noch einigermaßen bequem
erreichen. Und das wenige Zugängliche beweist nur, daß die ungezügelte
Phantastik des Dichters in einem nicht übersehbaren Gegensatz steht zu der
Art, wie sich der Musiker Hoffmann in Noten ausdrückt. Wer die Kritiken
Hoffmanns über Beethoven kennt, wer sich klar macht, daß er einer der
allerersten war, die das Beethovensche in Veethoven erfaßten, wer an
Hoffmanns Aussprüche über Musik oder an die Schilderungen denkt, die
er in seinen Novellen von der Wirkung der Musik entwirft, der wundert
sich über den geruhigen Zeitstil in Hoffmanns eigenen musikalischen Werken.
Vielleicht würde man auf diesen oder jenen genialischen Einfall stoßen,
wenn sich einmal Gelegenheit böte, alle Manuskripte und heute kaum noch
auffindbaren Drucke Hoffmannscher Musikalien zu durchblättern. Aber
das würden sicher Ausnahmen bleiben. Das Gesamtbild seiner musika-
 
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