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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

DOI Heft:
Heft 11 (Augustheft 1922)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Walther Rathenau
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Rathenau, Walther: Aus Walther Rathenaus Schriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0306

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uns täglich betört, so viel von unserem Leben an die Welt, so wenig an
die Äberwelt zu wenden. Aber diese Tänschung bedarf weniger des
Trostes als des Gedankens; und der übersinnliche Gedanke wird umso
gewisser, als die Sorgenreste der Zeit vor großen Angenblicken dahin-
sinken. So wie alle freien Menschen im Leben, jeder in seiner Sprache,
das Gleiche gesagt und bekräftigt haben, so ist auch ihr zeitliches Sterben
nicht Trostes bedürftig gewesen, sondern Trost spendend.

Nichts Wesenhastes in der Welt ist sterblich. Wollen wir dennoch
die Macht, die in der Erscheinungsform des Daseins die Welten abgrenzt,
auch fernerhin mit dem Bilde des Todes bezeichnen, so erscheint der Herrliche
Genius als Wächter des Lebens, als Herr der Verklärung und Zeuge der
Wahrheit."

Der freieste Geist, den wir leben wußten, hat die letzte Fessel abgestreift.
Wie Hofsnung erlaubt ist, daß dieses Opser die Dämonen scheuche, welche
unser Volk vergiften, so ist nach seinem Wort Hoffnung geboten, daß
vom tzerrn der Verklärung, der ihn abrief, das Gelöbnis bekräftigt und
vertieft werde, das wir ihm schulden. Wolfgang Schumann

Aus Walther Rathenaus Schriften

eginnt ihr zu zweifeln und fühlt ihr euch im Kampf ermatten, so er-
^R^füllt euch mit dem Bilde des ragenden inneren Deutschlands, das wir
im Herzen tragen, des Landes der Wahrheit, der Treue, der Geistigkeit,
der Innigkeit, des reinen Glaubens; tränkt und sättigt euch mit diesem Bilde,
und blickt um euch. Seht ihr dann noch das kreischende, gierige Werben,
die vergifteten Genüsse, die zynischen Gestalten der srechen List und der
brutalen Schaustellung, die unwürdigen Gebäude und barbarischen Schau-
stücke: dann hat das neue Reich das alte noch nicht überwunden und der
Kampf geht weiter.

^rüher habe ich die Gesinnungen und Ziele beschrieben, denen wir ent-
O gegenstreben, heute weise ich euch den friedlichen Kampf, dessen Beginn
Vielleicht, dessen Ende ich nicht erleben werde. Es ist der Kampf um die
Seele unseres Volkes, sein erstes Ziel ist Würde, Adel und Herrentum.
Es gibt eine deutsche Sendung auf Erden. Sie ist nicht die Sendung
des Militarismus, sie ist auch nicht die Sendung der Mechanisierung und
der Technik, obwohl sie diese Nützlichkeiten nicht verschmäht, sie ist am
wenigsten die Sendung der Weltherrschaft. Sie ist die Sendung, die sie
immer war und immer sein wird: die Sendung des reinen, unbestechlichen,
unbeirrbaren und unerbittlichen Geistes. Diese Sendung fordert nicht
Emanzipierte und Nntergebene, sondern adlige Männer. Es ist nicht unsere
Sache, die Kellner, Barbiere und Schneider für London und Newyork zu
liefern, sondern als freie Männer auf freiem Boden brüderlich mit den
Völkern zu reden und zu wirken, nicht um des billigen Nutzens, sondern um
des Geistes und der Menschheit willen; ihnen zu bieten, was wir haben,
und von ihnen zu empfangen, was wir brauchen.

Die Stimme der Sehnsucht
^vzlond und stahlblau Korn und Lüfte,
^Himmelaugen heiliger Seen,

Dunkler Kiefern Waldesgrüfte,

Blasser Dünen Schaumeswehen,

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