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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

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Heft 11 (Augustheft 1922)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0344

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seiner produktiven Gesellschaftkritik gab
Rathenau in dem allbekannten Buch,
„Von kommenden Dingen", das nicht
sein bedeutendstes, aber sein verständ-
lichstes und mit seiner steten Äln-
knüpfung an brennende Fragen der Ge-
genwart und seiner starken Prophetis
sein wirksamstes Buch ist. — Politische
Studien aus früherer Zeit, darunter er-
staunliche Vorhersagen der inzwischen
eingetretenen Zukunft und glänzende
Charakteristiken der Erdvölker und der
Zeitprobleme enthalten der erste und der
vierte Band der Gesammelten Schriften.
Leidenschaftlicher und breiter sind die
Schriften „Zeitliches" mit einem über-
zeugenden Aufsatz über den wahren
Grund politischer Fehler, die Mufsätze
„Aach der Flut" und „Was wird wer-
den?", die freundlich-kritische, großwelt-
geschichtliche Studie „Der Kaiser", und
die herbe „Kritik der Revolution". Zu-
letzt erschien eine bedentende Rede „De-
mokratische Entwicklung". — Das Buch
„Kritik der Revolution" enthält auch
eine Selbstdarstellung des Verfassers.

Den Zugang zu dem GeistwerkRathe-
naus erschließen am leichtesten: der
vierte Band der Gesammelten Schr'if-
ten, das flammende Buch An die Iu-
gend, die Kritik der Zeit, die Studien
Der Kaiser und Kritik der Revolution.

Die„kommendenDinge" haben denVor-
zug, leicht eingänglich und stofflich um-
fassend zu sein; echte Liebhaber von
Rathenaus Werk ziehen ihnen aber auf
philosophischem Gebiet die Grundwerke,
auf anderem die schärfer gezeichneten
Sonderstudien vor.

Die genannten Schriften Rathenaus
sind bei S. Fischer in Berlin erschienen.

Hoffnung des Künfttgen

eirn man das,Leben der meisten
Menschen ansieht, so scheint diese
Kreatur geschaffen zu sein, um wie eine
Pflanze Saft in sich zu ziehen und zu
wachsen, sein Geschlecht fortzusetzen,
endlich alt zu werden und zu sterben.
Er erreicht unter allen Geschöpfen am
wenigsten den Zweck seines Daseins,
weil er seine vorzüglichen Fähigkeiten
zu solcheu Absichten verbraucht, die
die übrigen Kreaturen mit weit min-
deren, und doch weit sicherer nnd an-
ständiger erreichen. Er würde auch das
verachtungswürdigste unter allen, zum
wenigsten in den Augen der wahren
Weisheit sein, wenn die Hoffnung des
Künftigen ihn nicht erhöbe, und den
in ihm verschlossenen Kräften nicht die
Periode einer völligen Auswicklung be-
vorstünde. Kant

Unsre Bilder

Gemälde Anselm Feuerbachs, das wir in diesem Heft bringen,
)heißt „D!as Begräbnis des Narren". Doch es scheint uns gleichgültig, anf
welche Begebenheit damit angespielt wird. Was den schweren Rhhthmus,
die großflächig-einfache, in unverwischten Kontrasten gegebene Bildwirknng, den
einheitlichen, aus Tiefstem hervorbrechenden Ausdruck hier beherrscht, ist das
eine Erlebnis: Tod, Leid, Gefühl der Nichtigkeit und Vergänglichkeit. Es gibt
andere, ähnlich abgestimmte Bilder Feuerbachs, vornehmere und abgetöntere.
Keines hat die Gewalt, die Absichtlofigkeit, die zwingende Herbheit dieses seltsam
modern gefühlten, das die Zerbrochenheit 'eines Geistes und Herzens mit so
schlichten Mitteln spiegelt.

Millets „Schäferin". Weites Land, hoher Himmel, Friede für Mensch und
Tier. Besinnung unü Verfenkung. Von Glocken überhellt, Natur, Natur . . .
Ein leiser Anruf zu irdischem Gebet. Wir kennen manchen, der dieses unsäglich
stille Bild in seinen Ränmen nicht mifsen mag. Vielleicht gewinnt unsere Wie--
dergabe auch in dieser überreizten Zeit ihm neue Freunde.

Die Kreuz-Zeichnung, die das Heft eröffnet, stammt von Karl Hanusch,
Breslau.

Herausgeber: Prof. Or. d. e. Ferdinand Avenarius in Dresden-Blascwitz. Bsrantwortlich: i. V.
Wolfgang Schumann, Dresden-Blasewitz. Mitleiter: llr. E K.Fischer. Jnösterreich vcrantwortlich:
Hofrat llr. Karl Giannoni, Mödling bei Wicn, Dominikansrgasse is. Sendungcn für den Text
ohne Angabe eines Personennamens an die »Kunstwart-Leitung" in Dresden-Blasewttz —
Manuskripte nur nach v o rh er i g e r De r ei nbarung, widrigenfalli lcine Derantwortnng über»
nommen werdcn kann — Pcrlag von Gcorg D. W. Lallwey, Druck von Kastncr L Lallwcy, Buchdruckere
in München — Seschästsstelle für Berlin: Georg Siemens, V 57, Kursürstenstratze 8.
 
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