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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1922)
DOI Artikel:
Feuerbach, Ludwig: Leben und Menschen, Schriftsteller und Bücher: von Ludwig Feuerbach
DOI Artikel:
Bonus, Beate: Die Saga von Hrolf Kraki und die Saga vom Krist
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0369

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lungen, dre wir als verstäudliche und moralische bezeichnen, weil sie die
Sache mit tausenderlei fremden Rücksichten und Interessen vermischt und
beschränkt ausdrücken. Seid Ihr mit mir darüber einverstanden? wenn
Ihr nicht wollt, so müßt Ihr es sein; ich mache kurzen Prozeß: denn wo
in aller Welt wollt Ihr noch ein Wesen erkennen, wenn nicht La, wo es
unvermischt, frei von allen fremden Ingredienzien, darum absolut bestimmt
sich darstellt? Nun frage ich Euch: was nennt Ihr die Seele? bitte aber
dringend, die Antwort kurz zu machen. „Das bestimmende Prinzip des
Lebens, die Triebfeder aller Tätigkeit, Bewegung und Handlung in uns."
Schön. Wenn nun aber eine exzentrisch Verliebte, wie weiland Hero in der
Fabel, beim Anblick des Leichnams ihres Geliebten sich in die Fluten des
Todes stürzt, was ist die Nrsache ihres Todes? Die Liebe, die den Verlust
ihres Gegenstandes nicht überleben kann oder mag,- und was anders erklärt
sie durch diese Handlung, als daß das Prinzip ihres Lebens nicht
eine weiß Gott was für eine obskure und geheime Seele, sondern eine ganz
bestimmte Seele, die Liebe war? Denn das, dessen Verlust nnsern Tod zur
Folge hat, das ist doch zweifelsohne das Prinzip, das Zentrum unsres
Lebens. And wenn ein Eato, vom Schmerz über den Verlust der Freiheit
seines Vaterlandes überwältigt, sein Schwert sich in den Leib stößt, was tut
er anders, als daß er feierlich im Angesichte der Welt die Freiheitsliebe
als seine Liebe proklamiert, und durch die Tat beweist, daß er mit der Frei-
heit nicht Etwas, sondern Alles, die Arsache und den Zweck seines Daseins,
das Prinzip seines Lebens verloren hat? And wenn der Mensch den Ver-
lust seiner teuersten Güter überlebt, was erhält sein Leben, was ILßt nicht
sein Herz stocken, das Blut in seinen Adern gerinnen? einzig und allein
der belebende Gedanke an sie, die Erinnerung, die sie ihm gegenwärtig
erhält, oder die Hoffnung, sie wieder zu erhalten.

Was ist nun wohl das Lebensprinzip, die Seele eines Dichters, sage
eines echten Dichters? die Dichtkunst; die Seele eines Philosophen? die
Philosophie. Nehmt, wenn Ihr könnt, einem Goethe die Dichtkunst, d. i.
seine poetische Welt-- und Lebensanschauung, und einem Spinoza seine
philosophische Welt- und Lebensanschauung, und was wird euch übrig blei-
ben? Nichts, gar nichts, ein Unding, eine Rarität, wie jenes Messer ohne
Stil und Klinge bei Lichtenberg. Das Leben des Menschen ist seine Anschau-
ung vom Leben. Was haben wir also von den Menschen, die ihre Anschau-
ungen in Büchern verewigten, in diesen? nichts weniger als ihre Seele.

Die Saga von Hrolf Kraki und die Saga vom Krist

Von Beate BonuS

sWir veröffentlichen im folgenden ein längeres Teilstück aus Beate
Bonus' „Olaf-Buch" nach der Handschrift. Dieses Buch wird zu
Weihnachten im Verlage Thienemann in Stuttgart erscheinen. Durch diese
Probe wollen wir unsere Leser schon heute auf die eigenartige und starke
Dichtung hinweisen, die hier aus dem Geist der nordischen Sagen ent-
standen ist. Der Sängerwettstreit zwischen dem adlig empfundenen Heiden-
tum Thormods und dem heldisch empfundenen Christentum Sighvats
gehört mit seinen Harten und klaren Einzelstücken und dem großen Schluß-
gesang zu dem Erschütterndsten, was dichterische Phantasie aus dem Schatz
der Sagas uns zu lebendiger Herrlichkeit gewinnen konnte. K.-L.^

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