Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0039

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

1. Einleitung

begann spätestens Mitte des 8. Jahrhunderts, als slawische Gruppen -
möglicherweise auf der Flucht vor den Awaren - aus den angrenzenden Gebieten
ins östliche Bayern kamen. Auch alpenslawische Karantanen, die bereits seit den
740er Jahren unter starkem bayerischen Einfluss standen, finden sich in den
Queüen'A Die Romanen hingegen waren Nachfahren der rätischen und norischen
Provinzialbevölkerung, die sich vor allem in der Salzburger Romania südlich von
Salzburg, aber auch in anderen Gebieten halten konnten und lange nicht in der
neuen Ethnie der Baiuwaren auf gingen.
Angehörige beider Ethnien sind in allen sozialen Schichten zu finden, ob unter
Landbesitzern und Zeugen'^ oder unter Unfreien'A Grundsätzlich scheinen sie
nach bayerischem Recht gelebt zu haben'A Allerdings ist die Feststellung der
ethnischen Identität nur sicher möglich, wenn die Menschen ausdrücklich als
Romani, Sc/aui oder BazMuanz bezeichnet werden, da die Personennamen alleine
täuschen können. So trugen zwei ausdrücklich als Slawen bezeichnete Männer, die
eine Grenze in der Nähe von Linz festlegen sollten, die germanischen Namen
Egilolf und Uualdrat, während umgekehrt ein Enkel des Erzbischofs Oadalbert
von Salzburg (923-35) den slawischen Namen Zuentipolch trug'A Dennoch dürfte
eine Häufung von romanischen Personennamen und aus ihnen abgeleiteten
Ortsnamen'^' wie in der Salzburger Romania eine ethnische Zuweisung erlauben.
Gerade Landbesitzer und Zeugen mit romanischen Namen wurden recht selten als
Romanen gekennzeichnet, während dies bei den seltener vorkommenden Slawen
anscheinend üblicher war 'A
Ist in den Traditionen von Romani die Rede, wird aus dem Zusammenhang
fast immer deutlich, dass es um Minderfreie ging. So ist in den Salzburger Quellen

Freisinger Traditionen, in: ZBLG 18 1955, 61-80; Wilhelm STÖRMER, Slawen und Romanen als
Grundherren im karolingerzeitlichen Freisinger Umland, in: Das Amperland 25 1989, 283-86;
Dieter MESSNER, Salzburgs Romanen, in: Virgil von Salzburg, Missionar und Gelehrter. Bei-
träge des internationalen Symposiums vom 21.-24. September 1984 in der Salzburger
Residenz, hg. v. Heinz Dopsch, Roswitha Jufhnger, Salzburg 1984, 103-11. Zu romanischen
Einflüssen auf die bayerische Sprache Wolf gang HAUBRICHS, Baiern, Romanen und andere.
Sprachen, Namen, Gruppen südlich der Donau und in den östlichen Alpen während des
frühen Mittelalters, in: ZBLG 69 2006, 395-465, hier 415-29. Zu den Alpenslawen/Karantanen
und anderen slawischen Gruppen im östlichen Bayern und östlich von Bayern WOLFRAM,
Grenzen 301-5, 310-14, allgemein Vlasta TOVORNIK, Die Slawen, in: Die Bajuwaren 118-28.
131 TF 589 (830.01.26), 907 (870/5).
132 Romanen z.B. in TP 1 (7./8. Jh.?), TF 1 (744.09.12), 550abc (827.12.21/828.01.17/06.04), BN 8,13-
14,10,5,14,10, Slawen in TF 334 (815.03.15), 548 (827.08.21), 1217 (972/6).
133 TF 38 (770.04.28), TR 170 (894/930).
134 Die Lex Baiuvariorum kennt - im Unterschied zu anderen Uges - keine speziellen Regeln für
Romanen oder Slawen. S. auch TF 550abc (827.12.21/828.01.17/06.04): Alle Zeugen, auch die
Romanen, wurden hier nach bayerischem Recht am Ohr gezogen, dazu WOLFRAM, Grenzen
297-99.
135 TF 548 (827.08.21). Der Leiter der Versammlung war Graf Uuillihelm, dessen Vater Techilino
einen slawischen Namen hatte. Zu Zuentipolch, der den gleichen Namen hatte wie der Sohn
König Arnulfs, s.u. 4.3.2.
136 HAUBRICHS, Baiern; DOPSCH, Romanen, für den westbayerischen Raum auch Gertrud DlE-
POLDER, Altbayerische Laurentiuspatrozinien, in: Aus Bayerns Frühzeit. Friedrich Wagner
zum 75. Geburtstag, hg. v. Joachim Werner (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte
62), München 1962, 371-96, hier 385-89.
137 S. die Belege in Anm. 132.
 
Annotationen