8.3 Zentrum und Peripherie
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8.3 Zentrum und Peripherie
Die Betrachtung der Untersuchungsgebiete ergab zumindest Anzeichen einer
Siedlungshierarchie innerhalb dieser Räume und auch darüber hinaus, in die alle
Siedlungen eingebunden waren.
Eine Hierarchie ergab sich zunächst einmal schon zwangsläufig aus der
funktionalen Differenzierung der nebeneinander liegenden Weiler und Dörfer,
wenn etwa der eine Ort eine Kirche oder eine Mühle hatte und der andere nicht.
Das gilt auf einer etwas höheren Ebene auch für die Tauf- und Parochialkirchen,
die im Salzburger Anteil des Isenraums, in Etzenhausen an der Amper sowie in
Seekirchen und Eugendorf am Wallersee nachgewiesen sind, aber sicherlich
häufiger waren. Auch zu diesen Orten musste man regelmäßig, aber nicht zu
häufig reisen. Andere Orte hatten eine gewisse Zentralität, wenn es um Ge-
richtsversammlungen und die Ausstellung von Urkunden ging. Dies gilt vor allem
für Orte, die als (ehemals) fiskale zEEac pnEEcac bezeichnet wurden. An der Isen ist
dies in Dorfen der Fall, während für das Ampergebiet kein /ocMS piiMzcMS explizit
genannt ist. Allerdings ist ein solcher Status für Allershausen anzunehmen, wo
mehrfach GerichtsverSammlungen mit hochrangigen Teilnehmern stattfanden,
und möglicherweise auch für Vierkirchen, das - wie auch ein TocMS TEnsa im
Isengebiet - zentrale Funktionen erfüllte, ohne dass es als /ocMS pnEEcns bezeichnet
wurdet Ansonsten gab es in unmittelbarer Nähe die öffentlichen Orte' Eching
und (München-)Feldmoching, die jeweils nur wenige Kilometer westlich der
Amper liegen, sowie nördlich davon das ,Oberzentrum' Freising selbst. Für den
Wallersee lässt sich aufgrund der Quellenlage kein solcher Ort identifizieren, auch
wenn die Vermutung naheliegt, dass der offenbar schon als Bischofssitz
vorgesehene ehemalige Fiskus Seekirchen eine zentrale Rolle einnahm.
Eine quasi natürliche Zentralität entwickelten auch Institutionen, deren
Gründungsprinzip und ideologischer Existenzgrund eigentlich eine strenge Welt-
abgeschiedenheit und Einsamkeit waren: die Klöster. Die Suche nach Einsamkeit
in der größtmöglichen Wildnis und im tiefsten Wald ist ein Topos, ohne den kaum
ein Gründungsbericht auskommt. Oft lagen die Klöster jedoch an
verkehrsgünstigen Orten, nahe an Flussübergängen, Pässen oder Römerstraßen,
was darauf hinweist, dass ihre Gründer planvoll strategisch wichtige Stellen
auswählten, die zwar möglicherweise siedlungsfeindlich waren, aber eine
wichtige Funktion als Etappenorte für Handel, Militär und anderes hatten^". Auch
Klöster, die nicht in solchen Lagen entstanden - wie etwa die Klöster Tegernbach
und Isen -, entwickelten sich oft zu Zentren, in denen die Menschen zusammen-
kamen, um Schenkungen auch an andere Kirchen zu machen und um Gericht zu
halten. Wenn auch die Überlieferung Klöster möglicherweise bevorzugte, weil
gerade die Klöster, die häufiger als Ausstellungsorte von Urkunden Vorkommen
wie Isen und Scharnitz-Schlehdorf, einer Bischofskirche gehörten, oder wie
Mondsee, Niederaltaich und Schäftlarn ihre Quellen selbst überlieferten, so dürfte
dennoch feststehen, dass es sich um zentrale Orte im Siedlungsgefüge handelte.
49 S.o. 1.7.2,1.7.3.
50 STÖRMER, Fernstraßen 342f.; ZENZINGER, Siedlungsgenese.
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8.3 Zentrum und Peripherie
Die Betrachtung der Untersuchungsgebiete ergab zumindest Anzeichen einer
Siedlungshierarchie innerhalb dieser Räume und auch darüber hinaus, in die alle
Siedlungen eingebunden waren.
Eine Hierarchie ergab sich zunächst einmal schon zwangsläufig aus der
funktionalen Differenzierung der nebeneinander liegenden Weiler und Dörfer,
wenn etwa der eine Ort eine Kirche oder eine Mühle hatte und der andere nicht.
Das gilt auf einer etwas höheren Ebene auch für die Tauf- und Parochialkirchen,
die im Salzburger Anteil des Isenraums, in Etzenhausen an der Amper sowie in
Seekirchen und Eugendorf am Wallersee nachgewiesen sind, aber sicherlich
häufiger waren. Auch zu diesen Orten musste man regelmäßig, aber nicht zu
häufig reisen. Andere Orte hatten eine gewisse Zentralität, wenn es um Ge-
richtsversammlungen und die Ausstellung von Urkunden ging. Dies gilt vor allem
für Orte, die als (ehemals) fiskale zEEac pnEEcac bezeichnet wurden. An der Isen ist
dies in Dorfen der Fall, während für das Ampergebiet kein /ocMS piiMzcMS explizit
genannt ist. Allerdings ist ein solcher Status für Allershausen anzunehmen, wo
mehrfach GerichtsverSammlungen mit hochrangigen Teilnehmern stattfanden,
und möglicherweise auch für Vierkirchen, das - wie auch ein TocMS TEnsa im
Isengebiet - zentrale Funktionen erfüllte, ohne dass es als /ocMS pnEEcns bezeichnet
wurdet Ansonsten gab es in unmittelbarer Nähe die öffentlichen Orte' Eching
und (München-)Feldmoching, die jeweils nur wenige Kilometer westlich der
Amper liegen, sowie nördlich davon das ,Oberzentrum' Freising selbst. Für den
Wallersee lässt sich aufgrund der Quellenlage kein solcher Ort identifizieren, auch
wenn die Vermutung naheliegt, dass der offenbar schon als Bischofssitz
vorgesehene ehemalige Fiskus Seekirchen eine zentrale Rolle einnahm.
Eine quasi natürliche Zentralität entwickelten auch Institutionen, deren
Gründungsprinzip und ideologischer Existenzgrund eigentlich eine strenge Welt-
abgeschiedenheit und Einsamkeit waren: die Klöster. Die Suche nach Einsamkeit
in der größtmöglichen Wildnis und im tiefsten Wald ist ein Topos, ohne den kaum
ein Gründungsbericht auskommt. Oft lagen die Klöster jedoch an
verkehrsgünstigen Orten, nahe an Flussübergängen, Pässen oder Römerstraßen,
was darauf hinweist, dass ihre Gründer planvoll strategisch wichtige Stellen
auswählten, die zwar möglicherweise siedlungsfeindlich waren, aber eine
wichtige Funktion als Etappenorte für Handel, Militär und anderes hatten^". Auch
Klöster, die nicht in solchen Lagen entstanden - wie etwa die Klöster Tegernbach
und Isen -, entwickelten sich oft zu Zentren, in denen die Menschen zusammen-
kamen, um Schenkungen auch an andere Kirchen zu machen und um Gericht zu
halten. Wenn auch die Überlieferung Klöster möglicherweise bevorzugte, weil
gerade die Klöster, die häufiger als Ausstellungsorte von Urkunden Vorkommen
wie Isen und Scharnitz-Schlehdorf, einer Bischofskirche gehörten, oder wie
Mondsee, Niederaltaich und Schäftlarn ihre Quellen selbst überlieferten, so dürfte
dennoch feststehen, dass es sich um zentrale Orte im Siedlungsgefüge handelte.
49 S.o. 1.7.2,1.7.3.
50 STÖRMER, Fernstraßen 342f.; ZENZINGER, Siedlungsgenese.